In Berlin wollen die Taxi-„Innung“, die Polizei und Taxi Times gemeinsam Taxifahrer für Seniorenfahrten sensibilisieren.
Bei einem Treffen in den Räumen der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V. in Schöneberg mit Spezialisten des Berliner Landeskriminalamts wurde am Dienstag besprochen, wie man Taxifahrer für Fahrten mit Personen sensibilisieren kann, die im Begriff sind, auf einen Trickbetrug hereinzufallen. Gastgeber Leszek Nadolski, 1. Vorsitzender der „Innung“, erklärte seine Bereitschaft, aktiv an der Bekämpfung der Masche mitzuwirken.
International agierende Verbrecherbanden ohne jeglichen Respekt vor andererleuts Arbeitsleistung und Eigentum, die ständig nach Möglichkeiten suchen, mit wenig Aufwand viel Geld zu erbeuten, haben die als „Enkeltrick“ berüchtigte Betrugsmasche weiterentwickelt und rufen – meist mit perfekt geschulten Leuten aus Callcentern im Ausland – Personen an, deren Namen ein hohes Alter vermuten lassen, geben sich als Polizei- oder Justizmitarbeiter aus und erzählen eine Schreckensgeschichte, dass eine angehörige Person angeblich einen schweren Unfall verschuldet habe und nur mit einer hohen Kaution vor dem Gefängnis gerettet werden könne. Die geschockten und aufgeregten Opfer lassen sich dann häufig sofort im Taxi zur Bank fahren, um den Betrag bar abzuheben und anschließend einer Kontaktperson zu übergeben, die zur Verbrecherbande gehört und mit dem Geld verschwindet.
Zuletzt war ein Fall aus Niedersachsen bekannt geworden, in dem die Täter 52.000 Euro von einer Senioren erbeuten wollten. Der Taxifahrer, der die Dame kannte und dem ihr aufgeregter Gemütszustand auffiel, schöpfte Verdacht, fragte sie nach dem Grund ihrer Aufregeung – und fuhr mit ihr zur Polizei statt zur Bank. So konnte die Dame vor dem hohen Geldverlust bewahrt werden. Der Fahrer erhielt für sein umsichtiges Handeln den Couragepreis seiner Heimatstadt.
Die Polizei will erreichen, dass solche Trickbetrugsfälle häufiger durch Taxifahrer verhindert werden können, indem diese um die Vorgehensweise der Kriminellen wissen und bei Fahrten zur Bank mit älteren Menschen dahingehend besonders aufmerksam sind. Unter Umständen liegt bei ihnen die letzte bzw. einzige Chance, die betroffenen Menschen vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Kriminalhauptkommissarin Yvonne Schiefer, Ansprechperson für Seniorensicherheit, erläuterte: „Wenn der angerufene ältere Mensch sich erst einmal auf das Telefongespräch eingelassen hat, wird er von den Tätern so unter Druck gesetzt, dass in der Regel kaum noch jemand einschreiten kann – bis das Geld dann weg ist.“
Schiefer und ihre Kollegen, Kriminalhauptkommissarin Monika Weiß und Polizeihauptkommissar Michael Kühl, die Handlungsempfehlungen an Taxifahrer ausgearbeitet haben, berieten mit „Innung“ und Taxi Times über sinnvolle Wege, die Informationen in die Autos zu bringen. So wollten die Beamten wissen, ob etwa eine Online-Informationsveranstaltung oder eher gedruckte Informationen als vielversprechender Weg der Verbreitung eingeschätzt würden. Nadolski schätzte das altbewährte „Klinkenputzen“ als die effektivere Methode ein, also die Weitergabe von Informationsblättern an den Halteplätzen. Gleichzeitig kann Taxi Times über die Online-Kanäle über die Empfehlungen der Polizei informieren, zusätzlich könne mit Hilfe der Berliner Taxifunkzentrale auf die Problematik hingewiesen werden, so dass ein Großteil der Fahrer erreicht werde.
Einigkeit bestand darüber, dass mit Flyern bzw. Faltblättern nicht die Fahrgäste angesprochen werden sollen, sondern die Fahrer. Von den betroffenen Fahrgästen sei kaum zu erwarten, in ihrer absichtlich herbeigeführten emotionalen Notlage Aufmerksamkeit für Aufkleber oder Broschüren im Taxi aufzubringen. Diese müssten die Taxifahrer stattdessen im persönlichen Gespräch erreichen. Wie ein solches Gespräch optimalerweise ablaufen kann, soll nun Inhalt eines Faltblattes sein, das das Landeskriminalamt in Absprache mit Taxi-„Innung“ und Taxi Times erstellen wird.
Ferner waren die Gesprächspartner sich einig, dass das Thema einerseits bundesweite Relevanz besitzt und eine mögliche Einbeziehung des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) zu prüfen ist, andererseits ist die Problematik in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gelagert, so dass eine Bearbeitung auf Länderebene sinnvoll ist. ar
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