Zunächst für den Zeitraum von 12 Monaten werden in Hamburg keine neuen Taxikonzessionen erteilt. Damit will die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) das bestehende Taxigewerbe schützen und zukunftssicher machen.
Dass keine neuen Taxikonzessionen ausgegeben werden, kennt man auch aus anderen Kommunen. In Hamburg gibt es jedoch einen entscheidenden Unterschied: Dank der Verpflichtung zum Insika-Taxameter hat die BVM die Möglichkeit, kurzfristig alle wichtigen Kennzahlen abzurufen und zu interpretieren. Dies geschieht bereits seit 2006. Öffentlich einsehbar in einem Dashboard sind diese Kennzahlen, mit deren Hilfe Aussagen über die Umsätze, Zeiten oder auch Anzahl der Touren getroffen werden können, der Jahre 2017 bis 2023.
Mittels der Datenlage kann man heute sehen, dass die Anzahl der Touren seit der Vor-Corona-Zeit deutlich zurückgegangen ist, aber die Anzahl der Fahrzeuge (ca. 3.000) sich kaum verändert hat. Das Angebot der Taxis übertrifft aktuell die Nachfrage bei den Fahrgästen, was sich vor allem am stetig sinkenden Verdienst erkennen lässt. Insbesondere ist für viele Mehrwagenbetriebe ein kostendeckender Betrieb nicht mehr möglich.
In Zahlen ausgedrückt sind im Vergleich zu 2017 (12,22 Millionen Touren) im vergangenen Jahr nur 9,55 Millionen Touren gefahren worden. Das entspricht im Schnitt pro Schicht 1,5 Touren weniger und wirkt sich natürlich auf den Stundenumsatz aus. Um kostendeckend zu fahren, ist ein Stundenumsatz von 32 Euro pro Stunde notwendig. Im Mai dieses Jahres konnte allerdings durchschnittlich nur ein Stundenumsatz von 26,92 Euro erzielt werden – zu wenig, um wirtschaftlich agieren zu können.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat man sich jetzt im ersten Schritt dazu entschlossen, mittels eines Konzessionsstopps die Zahl der Taxis nicht weiter zu erhöhen. Laut einer Pressemitteilung der Stadt Hamburg sind noch weitere Schritte in Planung, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Qualität des Hamburger Taxigewerbes langfristig abzusichern.
Die rechtliche Grundlage für die einjährige Pause, welche auch dazu genutzt werden soll, um die Entwicklung des Taxigewerbes zu beobachten, ist im Personenbeförderungsgesetz (§ 13 Abs. 4) verankert. Das PBefG hält die Möglichkeit offen, Taxis eine Genehmigung zu versagen, „wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird“.
Auch Jan Grupe, Vorstand der Hamburger Gewerbevertretung „Taxenunion“, bestätigt gegenüber Taxi Times die Behördeneinschätzung. „In Hamburg haben wir das Problem, dass wir im Taxigewerbe im Vergleich zu 2017 bei gleicher Fahrzeugzahl einen Rückgang der Fahrgastzahlen von 20 Prozent haben. Schon jetzt kann der Mindestlohn von den Mehrwagenbetrieben kaum noch bezahlt werden. Wenn künftig – wie von der Expertenkommission gefordert – eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 und 15 Euro umgesetzt wird, dann werden viele Taxibetriebe ihren Laden dicht machen müssen.“
Grupe spricht auch von schwierigeren Rahmenbedingungen sowohl bei denen, die im Zuge des Zukunftsprojekts mittlerweile auf Elektrotaxis umgestiegen sind als auch bei denjenigen, die dies aufgrund des Hamburger Beschlusses bei Neufahrzeugen ab 2025 zwingend machen müssen.
Erstere haben im Moment damit zu kämpfen, dass die Gebrauchtwagenpreise für E-Taxis im Keller sind, der Ausbau der Ladeinfrastruktur ins Stocken geraten ist und die Unternehmen im Mehrschichtbetrieb ein bis zwei Stunden Ladezeit pro Tag investieren müssen. „Diese unbezahlte Zeit kostet dem Unternehmer Geld in Form von Umsatzeinbuße“. Dazu kommt, dass der Strompreis zu teuer ist. „wir müssten normalerweise einen Flächentarif für Hamburg haben, konnten das aber bisher nicht durchsetzen.“
Für diejenigen, die ab 2025 nur mehr Elektro-Taxis neu konzessionieren dürfen, bedeutet der Umstieg vom bisherigen Verbrennermodell, dass sie mit höheren Anschaffungskosten für E-Taxis rechnen müssen, unter anderem, weil die großzügigen Subventionen der Stadt Hamburg auslaufen.
All dies mit einer weiteren Tariferhöhung zu kompensieren, wäre den Kunden nicht mehr zumutbar gewesen, ist sich Grupe sicher. „Der Tarif ist ausgereizt.“ Zudem würde mit jeder weiteren Erhöhung die Diskrepanz zum 49-Euro-Ticket steigen. Wenn eine Tour über 14 Kilometer mehr als 40 Euro kostet, passt das nicht mehr mit einem Deutschlandticket zusammen, mit dem man für 49 Euro einen ganzen Monat fahren kann. „Eine nochmalige Tariferhöhung würde die Kunden noch mehr in andere Verkehrsformen drängen.“
Grupe hält den Konzessionsstopp zum jetzigen Zeitpunkt für eine gute und sinnvolle Maßnahme. „Ich bin froh, dass die Behörde sich immer wieder Lösungen ausdenkt, damit wir in Hamburg als Taxigewerbe vernünftig zurechtkommen.“ Der Verbandschef verspricht aber auch, das die Taxibranche diese Zeit parallel nutzen wird, um sich in Sachen Qualität neu aufzustellen. Den Auswirkungen, die sich speziell durch den Wegfall der Ortskunde im Jahr 2021 ergeben haben, wolle man massiv entgegenwirken. sg /jh
Beitragsbild: Symbolfoto Hamburger Hauptbahnhof; Foto: Pixabay
Warum kann Berlin das mal wieder nicht? Hier sind die Umsätze im Taxi noch deutlich niedriger, ich schätze 30 % weniger als in Hamburg…
Die Ursachen sind sowohl von der Politik, als auch von den Mehrwagenunternehmern selbst verursacht.
Uber könnte aufgrund seines gesetzwidrigen Verhaltens in der Vergangenheit generell die Gewerbeausübung in Deutschland dauerhaft verboten werden. M.E. sind die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben, anderenfalls kann man das ganz schnell erledigen, sollte der Wille dafür vorhanden sein.
Der stete Betrug beim Mindestlohn mittels „passiver Pause“ kann ebenfalls durch die Behörde sofort beendet werden. Allerdings ist es ausgerechnet die Behörde selbst, welche das Amt für Arbeitsschitz hier seit Anbeginn ausbremst.
Zu Zeiten der Lockdowns kam es zu massiven Subventionsbetrug. Es wurde Kurzarbeitergeld kassiert, ohne daß weniger Zeit gearbeitet wurde. Es gab auch Fälle, wo jemand seine Konzession ruhen ließ, aber inoffiziell beim Lebenspartner mitarbeitete. Auch hier fehlt der Wille, durchzugreifen.
Letztlich ist da die stark gesunkene Qualität des Fahrpersonals. Die Abschaffung der Ortkundeprüfung ist auf dem Mist der MWU gewachsen. Zuvor hatte München als erste Stadt die Prüfung für Mietwagen bereits abgeschafft. So wollte man die Schwelle zur Arbeitsaufnahme auf Null senken. Die Folgen sind leider, wie von Vielen vorhergesagt, eingetreten. Wo genau der Zusammenhang besteht, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings ist seitdem neues Personal im Gewerbe, welches nicht nur durch Umwegfahrten und der Unfähigkeit ein Navi zu bedienen, auffällt, sondern auch durch ungehöriges Verhalten insbesondere weiblichen Fahrgästen gegenüber. Vielleicht erforderte eine Okp bislang einen Mindestwert an IQ, der solche Leute vom Gewerbe ausschloß. Hinzu kommt, daß es nicht sein kann, daß man als Taxifahrer in Deutschland keinen einzigen Satz Deutsch kann. Das ist besonders bei dementen älteren Fahrgästen ein Unding.
Deshalb gehört in die kleine Fachkunde die Okp und der Sprachnachweis Deutsch B1 zwingend rein. Übrigens auch für Mietwagenfahrer deutschlandweit. Bereits aktive Fahrer bekommen 6 Monate Zeit, um die kleine Fachkunde nachzuholen. Die Prüfung der kleine Fachkunde ist selbstverständlich auf Deutsch abzulegen.
Sehr gute Analyse, so ist die Taxi-Realität, auch in Augsburg!
falscher Ansatz. Die Mietwagen machen das Geschäft kaputt und fahren selber in die Insolvenz . Richtig wäre es die Mw zu stoppen und Konzessionen zurückzufordern. Ausserdem müssen die Mw endlich ihre Fahrten offenlegen. Illegal Mw sind überall unterwegs. Dagegen hilft nur ein Abschalten der Apps , die sich dieser illegalen Machenschaften bedienen, um dem Taxigewerbe zu schaden.
Bei dem jetzt in Hamburg geplanten Verfahren handelt es sich nicht um einen Konzessionsstop, sondern um einen Beobachtungszeitraum lt. § 13,Abs 4. Allerdings verstehe ich nicht, was da beobachtet werden soll: Aus dem Artikel geht doch hervor, dass der Sachverhalt klar ist. Der Umsatz ist im Verhältnis zu den vorhandenen Taxen gefallen, die Lohnkosten aber gestiegen. Das führt schrittweise zunächst in die Investitionsunfähigkeit und schließlich zum Bankrott der Unternehmer. Wenn wir als Gesellschaft oder als Taxiunternehmer den Lohn (ob Mindestlohn oder nicht ist dabei egal) auf 15,00 EUR die Stunde anheben, dann steigen die Lohnkosten (Bruttolohn einschließlich aller Nebenkosten) auf 22,50 EUR pro Stunde. Wenn wir davon ausgehen, dass die Lohnquote die 60% Marke nicht überschreiten darf und wir 7% Umsatzsteuer bezahlen möchten, dann wird ein Bruttostundenerlös in Höhe von 40,13 EUR notwendig. Bei höheren Investitionsanforderungen und Vermittlungspreisen wird die maximal auskehrbare Lohnquote eher fallen als steigen. Das heißt, Politik und Gesellschaft bestellen mehr Leistungen, wollen aber weniger dafür bezahlen.
In diesem Artikel bleiben drei Dinge das Geheimnis des Herrn Gupe und des Verfassers: 1. Weshalb ist ein Stundenerlös von 32,00 EUR auskömmlich? 2. Wie kann ein zur Kostendeckung notwendiger Erlös bei gleichbleibender oder fallender Umlaufgeschwindigkeit ohne Preiserhöhung erreicht werden? 3. Und, wozu soll bei steigenden Kosten eine Konzessionsbeschränkung nützen? Erhöhen Limitierungen nicht die Korruptionsanfälligkeit der Gewerbes?