Benehmen sich Arbeitnehmer daneben, reagieren Arbeitgeber oftmals mit einer Abmahnung. Dafür müssen sie jedoch einige Regeln beachten, denn sonst ist die Abmahnung zumindest juristisch wertlos.
Die arbeitsrechtliche Abmahnung hat die gleiche Funktion wie eine gelbe Karte beim Fußball. Oftmals setzen Arbeitgeber sie ein, um Mitarbeiter zu disziplinieren, manchmal aber soll sie dem Arbeitgeber auch den Weg zur Kündigung ebnen. Juristisch hat die Abmahnung also eine Warnfunktion. Mit einer Abmahnung ist ein Fehlverhalten dann eindeutig gerügt und gleichzeitig auch aus der Welt geschafft, wenn es sich nicht wiederholt.
Die Abmahnung kann also lediglich eine reinigende Funktion für das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern haben. Wenn sie jedoch als erfolgloser Warnschuss vor einer darauf aufbauenden Kündigung dient, nehmen die Juristen jede Abmahnung noch einmal ganz genau unter die Lupe , denn ohne eine korrekte Abmahnung ist die ganze Kündigung in der Regel schnell anfechtbar. Das Perfide dabei ist also, dass Abmahnungen nur dann ernsthaft geprüft werden, wenn es auch wirklich darauf ankommt, denn zuvor gibt es für betroffene Arbeitnehmer keine Notwendigkeit, eine möglicherweise ungerechtfertigte oder formell unvollständige Abmahnung anzufechten.
Leider gibt es kein „Abmahnungsgesetz“ mit eindeutigen Regeln. Da eine Abmahnung gleichzeitig aber ein wertvolles Tool darstellt, mit dem Arbeitgeber gegebenenfalls auf ein grobes Fehlverhalten einzelner Arbeiternehmer reagieren können oder sogar müssen, sollten alle Arbeitgeber mit den Regeln für eine erfolgreiche Abmahnung vertraut sein, selbst wenn sie für die Ausformulierung doch externe Hilfe in Anspruch nehmen.
Am einfachsten lässt sich an einer Negativliste ablesen, wann eine Abmahnung juristisch wertlos sein wird:
- Das Fehlverhalten stellt keinen abmahnungswürdigen Vertragsverstoß dar
- Fehlverhalten und Abmahnung liegen zeitlich zu weit auseinander
- Es werden mehrere zu rügende Ereignisse pauschal in einer Abmahnung zusammengefasst
- Die Abmahnung wurde von einer nicht weisungsbefugten Person ausgesprochen.
- Das Fehlverhalten wurde nicht präzise, exakt, detailliert und nachvollziehbar dokumentiert.
- In der Abmahnung werden keine Konsequenzen für den Wiederholungsfall thematisiert.
- Im Abmahnungstext wird der Arbeitnehmer nicht aufgefordert, sein Verhalten zu ändern.
- Bei einer verhaltensbedingten Abmahnung werden keine Zeugen oder Einzelheiten genannt.
Typischerweise zulässige Abmahnungsgründe können Beleidigungen, Beschädigungen, Verspätungen, unentschuldigtes Fehlen, fehlende Krankmeldungen, Mobbing, unerlaubte Nebentätigkeiten, sexuelle Belästigung, Rauch- oder Alkoholverstöße oder Ähnliches sein, im Einzelfall entscheiden jedoch die Gerichte.
Für eine Kündigung kann eine Abmahnung dagegen sogar auch ganz entbehrlich sein, wenn eine an sich mögliche Verhaltensänderung in der Zukunft nicht zu erwarten ist, oder bei schweren Vertragsverletzungen, bei denen dem Arbeitnehmer bewusst sein musste, dass sie zur Kündigung führen werden, oder wenn durch das Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien so erschüttert worden ist, dass es auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.
Eine Abmahnung sollte im Übrigen relativ zeitnah nach dem Bekanntwerden des zu rügenden Fehlverhaltens ausgesprochen werden, da sie sonst kaum noch Wirkung zeigen kann. Werden im Übrigen mehrere Fehlverhaltenstatbestände in einer Abmahnung zusammengefasst, wird es im Zweifel kaum gelingen, die vollständig nachvollziehbare Detailtreue in allen Formulierungen aufrecht zu erhalten. Lässt sich aber auch nur ein Detail anfechten, so ist die komplette Abmahnung wertlos. Insofern sollten bei zwei Gründen auch zwei Abmahnungen ausformuliert werden. Abmahnungsberechtigt sind dabei Firmeneigentümer, Geschäftsführer oder Personalleiter oder auch weisungsberechtigte Vorgesetzte.
Neben diesen Ausschlusskriterien geht es um den genauen Inhalt der Abmahnung. Eine Abmahnung muss grundsätzlich vier Bestandteile aufweisen:
- Zunächst wird die konkrete wahrheitsgemäße Benennung des beanstandeten Verhaltens erwartet. Hier sind unbedingt Zahlen, Daten und Fakten zu nennen, eine neutrale und auch in jedem benannten Detail nachvollziehbare Beschreibung des Fehlverhaltens – ohne dieses zu werten – ist dafür zwingend notwendig. Jede pauschalierende Formulierung in diesem Segment wird die juristische Wertigkeit einer solchen Abmahnung dagegen zuverlässig zerstören.
- Im zweiten Schritt wird die detaillierte Auflistung der arbeitsvertraglichen oder arbeits- oder bürgerrechtlichen Pflichten erwartet, gegen die durch dieses Verhalten verstoßen wurde.
- Im dritten Schritt muss eine eindringliche Aufforderung zu künftig vertragstreuem Verhalten erfolgen, zum Beispiel: „Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und Ihre Arbeit pünktlich aufnehmen.“
- Zu guter Letzt muss die Androhung eindeutiger arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall erfolgen: „Für den Wiederholungsfall behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte vor, die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können.“
Eine Abmahnung ist also eine arbeitsrechtliche Unmutsäußerung, die darauf abzielt, inakzeptables Verhalten abzustellen. Die erreicht sie, indem sie Betroffenen erklärt, was sie oder er getan hat, nach welcher ihm zugänglichen Regel dies inakzeptabel ist, dass daher arbeitgeberseitig der Wunsch nach einer Verhaltensänderung besteht und was alternativ die Konsequenzen sein müssen. Eine Abmahnung straft nicht, sie schimpft nicht, sie belehrt nicht und sie stellt niemanden an den Pranger, sondern sie versucht eine Verhaltensänderung zu bewirken, indem sie detailliert und eindeutig erklärt, was der Betroffene auch selbst hätte wissen können. Entsprechend müssen möglicherweise vorhandene Betriebsräte nicht in das Abmahnverfahren mit einbogen werden, denn hier wird ja nur sachgerecht aufgeklärt.
Auch eine trotz mehrfacher Warnung nicht ausgesprochene Kündigung ist letztlich ein gebrochenes Versprechen. Daher müssen einer Abmahnung im Zweifel auch Konsequenzen folgen, wenn das dort gerügte Fehlverhalten nicht abgestellt wird. So werden also spätestens mit einer dritten aus demselben Grunde alle drei Abmahnungen unwiderruflich entwertet. Aus diesem Grunde ergibt es im Zweifel durchaus Sinn, zunächst eine mündliche oder schriftliche Ermahnung auszusprechen, bevor in der zweiten Stufe dann eine Abmahnung formuliert wird. Die erwünschte Missbilligung wird zunächst auch mit einer Ermahnung unmissverständlich übermittelt werden, spart aber Pulver.
Besonders überzeugend ist es im Übrigen, wenn Betroffene zunächst mündlich mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert werden und eine Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Erst im Anschluss an dieses Gespräch kann dann die Entscheidung fallen, ob trotzdem eine Abmahnung formuliert werden soll, die so oft auch eine besondere Relevanz für die Betroffenen entfalten kann. Eine Abmahnung kann dann, mündlich, per Brief oder E-Mail oder sogar auch per SMS übermittelt werden. Allerdings muss arbeitgeberseitig im Zweifel der Nachweis der Übermittlung erbracht werden. Daher empfiehlt sich oft eine persönliche Übergabe gegen Empfangsbekenntnis oder alternativ ein Einschreiben für die Übermittlung. rw
Beitragsbild: Remmer Witte, basierend pixabay
Das ist natürlich ein Thema, das polarisiert. Und so ist tatsächlich allen (!) Beteiligten zu empfehlen, dass es im jeweiligen Unternehmen einen Betriebsrat gibt. Denn dieser kann im Fall der Fälle – obwohl eine Beteiligung eines vorhandenen BRs selbst zu Beginn des Abmahnprozesses nicht zwingend vorgeschrieben ist – sogar den Arbeitgeber*in vor einer sachlich vollkommen ungerechtfertigten Abmahnung und/oder Kündigung mit möglicherweise horrenden Kosten (spätestens hier sollte doch jeder Taxiunternehmer*in hellhörig werden;)) schützen. (Beispiel möglich, womöglich hier zu ausführlich. Deshalb Stichworte: Verdacht auf Veruntreuung von Einnahmen, Tarifordnung bestätigte Vorgehen des Fahrers, Unternehmer kannte den § der Tarifordnung nicht. Das wäre peinlich geworden…)
So kann ein Betriebsrat natürlich und in erster Linie auch dem betroffenen Arbeitnehmer*in wichtige Hilfestellungen im Fall der Fälle geben: Erwirkung und Mithilfe beim Erstellen einer Gegendarstellung für die Personalakte, Vermittlung eines Anwalts für Arbeitsrecht und nicht zuletzt das nicht minder wichtige Beistehen, um gleich zu Beginn des Prozesses (siehe oben) eine, wenn gewünscht, tragfähige und konstruktive Basis für die weitere Zusammenarbeit im Unternehmen zu finden. Denn Taxifahrer*innen sind ein knappes Gut geworden….hört man so.