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„Kündigungswelle“ bei Uber & Co.

von Wim Faber
7. November 2025
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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„Kündigungswelle“ bei Uber & Co.
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Uber und Lyft entfernen Fahrer in New York City aus der Vermittlungs-App, ohne Beweise oder Vorwarnungen zu liefern. Eine Rückkehr zur App-Vermittlung ist in den meisten Fällen unmöglich. Die Vorgehensweise verdeutlicht ein „rassistisch geprägtes Muster wirtschaftlicher Ausgrenzung“.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung tauchte an manchen Stellen der Begriff „Kündigung“ auf. Dabei handelt es sich um eine Ungenauigrkeit unserer Redaktion bei der Übersetzung. Im Deutschen wird als „Kündigung“ die Auflösung eines bestehenden Arbeitsvertrags zwischen Unternehmen und Angestellten verstanden. In den USA wird der Begriff „fire“ und Form von „feuern“ deutlich vielseitiger verwendet. Fahrer der Plattformen Uber und Lyft sind in den USA wie auch sonst auf der Welt nicht eigens angestellt, sondern agieren als selbstständige Fahrer bzw. Partner. 

Am Dienstag, dem 28. Oktober, veröffentlichte der Asian American Legal Defense and Education Fund (AALDEF) einen Bericht, der ein beunruhigendes Muster ungerechtfertigter Vermittlungsausschlüsse durch Uber und Lyft in New York City aufdeckt. Diese „Kündigungen“ entziehen den Fahrern – oft ‘People of Color’ – ihre Lebensgrundlage. Ohne Vorwarnung, Beweise oder die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Auch außerhalb von New York City soll diese unsoziale Praxis gang und gäbe sein.

Zu dem unabhängigen Ergebnis kommt die AALDEF nach der Analyse anonymisierter Daten. Sie wurden in einer Umfrage der Gewerkschaft New York Taxi Workers Alliance (NYTWA) unter rund 350 deaktivierten Fahrern gewonnen. Dabei stellte sich heraus, dass es sich bei den deaktivierten Fahrern größtenteils um langjährige, leistungsstarke App-Nutzer mit hervorragenden Bewertungen und ohne jegliche Verfehlungen handelte. Dennoch wurden sie plötzlich und ohne Vorwarnung von ihren Konten ausgeschlossen und von ihrem Einkommen abgeschnitten.

70 Prozent der von Uber deaktivierten Fahrer wurden ohne Vorankündigung von der App-Vermittlung ausgeschlossen. Bei Lyft waren es sogar 76 Prozent. Natürlich versuchten fast alle Fahrer dagegen Einspruch einzulegen, aber mehr als 90 Prozent blieben dauerhaft von ihren Konten ausgeschlossen.

Eine Deaktivierung erfolgte zumeist aufgrund vager Anschuldigungen, ohne Datum, Details oder Beweise offenzulegen und ohne den Fahrern die Möglichkeit zu geben, die Anschuldigungen zu überprüfen oder zu widerlegen.

Die Daten, so stellt der AALDEF fest, verdeutlichen ein rassistisch geprägtes Muster wirtschaftlicher Ausgrenzung: 95 Prozent der befragten Fahrer identifizierten sich als People of Color, wobei asiatische Fahrer fast 69 % der Befragten ausmachten. Die menschlichen Folgen der Deaktivierungen sind für die Fahrer – von denen viele ganze Familien ernähren – verheerend, da sie quasi über Nacht ohne ihr Haupteinkommen auskommen mussten und in der Folge mit Miet- und Autozahlungen in Verzug gerieten, was auch familiäre Probleme nach sich zog.

Einige Fahrer berichteten, mehrere zehntausend Dollar für kürzlich gekaufte Fahrzeuge verloren zu haben. Ihre Kinder waren gezwungen, das College abzubrechen, aber ebenso gab es auch Scheidungen oder Probleme bei der medizinischen Versorgung. „Die Ergebnisse dieses Berichts verdeutlichen, dass Uber und Lyft außerhalb der Grenzen grundlegender Fairness agieren und wichtige Arbeitskräfte mithilfe eines Algorithmus ihrer Lebensgrundlage berauben“, sagte Elizabeth Koo, Interimsdirektorin des Programms „Wirtschaftliche Gerechtigkeit für Arbeitnehmer“ von AALDEF. „Hinter jeder Deaktivierung steht ein Mensch – ein Elternteil, ein Ernährer, ein New Yorker – der plötzlich ohne Erklärung und ohne Rechtsmittel von seinem Einkommen abgeschnitten ist.“

Der New-Yorker Stadtrat Shekar Krishnan, ein Hauptinitiator des Gesetzesentwurfs Intro 276, einer Art Kündigungsschutz, sieht die Schuld ganz klar bei den Plattformvermittlern: „Der Bericht von AALDEF hat deutlich gemacht, dass Uber und Lyft ihre Fahrer ohne Vorwarnung, Angabe von Gründen oder die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt wiederzuerlangen, aus der Vermittlung ausschließen. Uber und Lyft müssen zur Rechenschaft gezogen werden, und mein Gesetzentwurf, Intro 276, tut genau das: Er stärkt die Fahrer und stellt sicher, dass sie im Falle einer Deaktivierung benachrichtigt werden und die Möglichkeit haben, ihren Fall darzulegen. Uber- und Lyft-Fahrer halten unsere Stadt am Laufen; es ist Zeit, ihnen grundlegenden Arbeitnehmerschutz und Würde zu gewährleisten“.

„Alle Arbeitnehmer verdienen einen angemessenen Lohn und Arbeitsplatzsicherheit. Die Ergebnisse dieses Berichts sind eindeutig und zeigen, dass dies für eine wichtige Gruppe von Arbeitnehmern unserer Stadt, unserer Mietwagen, nicht der Fall ist“, sagte Kommissarin Vilda Vera Mayuga von der Abteilung für Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz (DCWP) „Willkürliche oder unfaire Deaktivierungen können für diese Arbeitnehmer finanziell verheerend sein, was diesen Gesetzentwurf unglaublich wichtig macht. Wir setzen uns für faire Arbeitsstandards für alle Arbeitnehmer ein und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat und den Interessengruppen, um wirksamen Schutz vor Deaktivierungen für diese Arbeitnehmer zu schaffen.“

Saif Aizah, Mitglied der NYTWA und ehemaliger Uber-Fahrer, musste New York City während der Pandemie verlassen, um seine Familie zu ernähren. Als er zurückkam, sperrte Uber sein Konto mit der Begründung, er habe ein weiteres Uber-Konto eingerichtet, als er in einem anderen Bundesstaat gefahren sei. Herr Aizah nahm einen Kredit in Höhe von 50.000 Dollar auf, um das Auto zu finanzieren, mit dem er für Uber fuhr. Seine monatlichen Raten betragen über 600 Dollar – Zahlungen, die er auch ohne sein Einkommen von Uber weiterhin leisten muss. Nun ist Herr Aizah gezwungen, Insolvenz anzumelden, weil er sein Einkommen von Uber verloren hat.

„Nachdem Uber mein Konto deaktiviert hatte, ging ich zum Uber-Kundenzentrum und zur von Uber finanzierten Independent Drivers Guild“, sagte Saif Aizah, Mitglied der NYTWA und ehemaliger Uber-Fahrer. „Keiner von beiden wollte mir helfen. Uber-Mitarbeiter sagten mir, da ich ein Fahrer mit sehr guten Bewertungen und über 12.000 Fahrten sei, würde ich problemlos wieder in die App aufgenommen werden. Aber ich wurde nie wieder freigeschaltet. Jetzt fahre ich für Lyft, aber das Einkommen reicht nicht aus, um meine Kinder zu ernähren, die Raten für mein Auto zu bezahlen und die Miete zu decken. Der finanzielle Druck hat meine psychische Gesundheit stark beeinträchtigt.“

Bhairavi Desai, Geschäftsführerin von der Gewerkschaft NYTWA. Foto NYTWA.

„Der Bericht von AALDEF spiegelt die kollektive Stimme der Fahrer wider, die mit ungerechtfertigten Ausschlüssen von Uber und Lyft konfrontiert sind – und zeigt, dass dies ein branchenweites Problem ist, das dringend gelöst werden muss“, sagte Bhairavi Desai, Geschäftsführerin der Gewerkschaft NYTWA. „Diese Unternehmen sind dank des Blutes, Schweißes und der Tränen der Fahrer, die sie als austauschbar behandeln, zu bekannten Namen geworden. Uber- und Lyft-Fahrer verdienen, genau wie alle anderen Arbeitnehmer, Arbeitsplatzsicherheit und ein faires Verfahren. Dies ist eine grundlegende Frage der wirtschaftlichen Stabilität und der Würde der Arbeitnehmer. Deshalb kämpft NYTWA für den Schutz der Uber- und Lyft-Fahrer.“ wf

 

 

Beitragsfoto: Fired by an App – Von einer App gekündigt. Automatische Deaktivierung ist nicht nur in New York City ein Problem. Foto: Rideshare Drivers United

Tags: Asian American Legal Defense and Education Fund (AALDEF)Bhairavi DesaiElizabeth KooNew YorkNew York Taxi Workers Alliance (NYTWA)Saif AizahShekar KrishnanVilda Vera Mayuga
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Wim Faber

Der „Brüsseler Niederländer“ und gelernte Kommunikationsspezialist berichtet seit den 80-er Jahren für eine Reihe von Taxi- und ÖPNV-Fachzeitschriften in Europa, Nordamerika und Australasien über das Taxi und die Mobilität im weitesten Sinne.

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Kommentare 2

  1. J. Chronor says:
    3 Wochen her

    „You are fired“ (Du bist raus!) – war einer der regelmäßig ausgestoßenen Schlüsselsätze in Trump’s Fernsehshow vor ein paar Jahren. Bei uns nennt man so was etwas ältlich und behäbig: Rausschmiss nach Gutsherrenart.

    Gemeint ist hier genau so wie in Amerika egoistisch und rücksichtslos Mitarbeitende wie rechtlose Sklaven zu behandeln. Dabei ist im alten Rom ein Sklave ein wertvoller Besitz, der respektvoll und pfleglich behandelt wird. Denn er ist wertvoll, hat Geld gekostet und soll gute Dienste leisten. Manche haben sogar später höchste Anerkennung erhalten und höchste Ämter bekleidet.

    Das zeigt einmal mehr, wie weit zurückgefallen die Ubers,Bolts, Lyfts und andere Plattformen in der Entwicklung menschlicher Kultur sind. Diese rabiate (‚wütende‘) Profit- und Machtbessenheit darf unsere rechtsstaatliche Demokratie nicht weiter gefährden.

    Die Bundesanwaltschaft hat verneint, dass Uber eine kriminelle Vereinigung sei. Ich seh das anders. Und wer tagtäglich diese systematische Verachtung unserer demokratisch beschlossenen Gesetze erlebt, sieht das wohl auch so. Nur sagt’s keiner so richtig laut. Warum eigentlich?

    Antworten
  2. Mario P e t e r says:
    2 Wochen her

    Zu J. Chronor: Die Bundesanwaltschaft hat meines Wissens nicht verneint, das Uber eine kriminelle Vereinigung ist; sie hält sich jedoch für die Verfolgung einer solchen Vereinigung (noch) nicht für zuständig, weil eine kriminelle Vereinigung namens Uber bis jetzt noch keine Staatsschutzgefaehrdende Wirkung entfaltet, und verweist insofern für die Verfolgung einer kriminellen Vereinigung auf die Zuständigkeit der normalen StA. Sollten hier mehrere, ev. bis zu 16, StA, Uber als kriminelle Vereinigung einstufen, kommt eine Übernahme der Verfahren durch die Bundesanwaltschaft doch wieder in Frage.

    Antworten

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