Die Taxibranche blickt auf rund neun Monate (Erst-)Erfahrungen mit Kurzarbeit zurück. Mehrwagenbetriebe werden dieses Instrument wohl auch die kommenden Monate nutzen müssen, um wirtschaftlich zu überleben und die Fahrer nicht zu verlieren. Dabei kommt es auch darauf an, die Komponenten „Urlaubsanspruch“, „Überstunden“ „geringfügige Beschäftigung“ und „Lohnfortzahlung“ im Krankheitsfall zu integrieren.
Wahrscheinlich hat vor dem Jahr 2020 noch nie irgendjemand aus dem Taxi-Gewerbe auch nur einen Gedanken daran verschwendet, ob Taxi und Kurzarbeitergeld (KUG) zusammenpassen könnten. Seit März letzten Jahres muss die Branche nun aber versuchen, sich mit diesem monströsen Rettungsinstrument für Großunternehmen mehr oder weniger im Blindflug über Wasser zu halten. Taxi und Kurzarbeit, das Eckige muss in das Runde. Was also gilt es beim Thema Krankmeldungen der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit KUG zu beachten?
Bei der Lohnfortzahlung ist sehr viel Fingerspitzengefühl bei der Lohnbuchhaltung gefordert, denn natürlich kann sich kein Arbeitnehmer durch einen gelben Schein (= 100% Lohnfortzahlung) vor der schlechter bezahlten Kurzarbeit retten. Genauso wenig aber wird es ein Prüfer der Arbeitsagentur akzeptieren, wenn während der Kurzarbeit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zugunsten des KUG komplett ignoriert werden. Die Wahrheit liegt also wie so oft dazwischen, allerdings ohne dass es dafür für das Gewerbe eine maßgeschneiderte Bedienungsanleitung gibt.
Ordnet ein Unternehmen Kurzarbeit für einen Arbeitnehmer an, gilt diese auch, wenn der Arbeitnehmer dann in der Folge für diese Zeit eine Arbeitsunfähigkeit nachweist. Bei der im Taxigewerbe vielfach üblichen Schichtplangestaltung Woche für Woche und der gleichzeitig im Arztbetrieb üblichen Krankschreibung für ebenfalls maximal eine Woche bedeutet dies, dass eine AU nur dann für maximal eine Woche Wirkung zeigt, wenn der Mitarbeiter zuvor für diesen Zeitraum für eine oder mehrere Schichten eingeteilt wurde. Für diese Schichten stehen ihm 100% Lohnfortzahlung zu Lasten des Unternehmens zu. War Kurzarbeit angeordnet, gibt es stattdessen KUG zu Lasten der Agentur. Für die folgende Woche wird das Unternehmen dann sicherlich einen anderen Mitarbeiter zum Fahren einteilen und für den Risikokandidaten Kurzarbeit anordnen. Das ist absolut regelkonform, denn im Ergebnis geht die Rechnung für die Agentur für die zweite Woche so in jedem Fall plus/minus Null aus – und ob nun dieser oder jener Kollege KUG bekommt, ist der Agentur im Ergebnis ja egal. Das Risiko kostenintensiver Lohnfortzahlungsverpflichtungen ist während der Kurzarbeit also tatsächlich maßgeblich gemindert.
Gerade im Rahmen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sollte allerdings jeder einzelne Fall sehr sorgfältig durchdacht und dokumentiert werden, wenn es im Rahmen einer Prüfung durch die Arbeitsagentur kein böses Erwachen geben soll. Bei nachgewiesenem Fehlverhalten des Anspruchstellers droht im Zweifel nicht nur eine Korrektur des einzelnen KUG für diesen Mitarbeiter, sondern eventuell auch die generelle Aufhebung des immer nur vorläufigen KUG-Bescheides. Ein kleiner Fehler kann da schnell Zigtausende oder sogar die Existenz des betroffenen Unternehmens kosten.
Trotz all der hier aufgezählten „Wenn und Aber“: Das Notfalltool Kurzarbeit ist sehr wohl auch für die Taxibranche nutzbar und kann Erleichterung in der Krise verschaffen. Und das KUG ist ja auch wahrlich kein Almosen, denn Mitarbeiter und Unternehmen haben mit ihren Arbeitslosengeldbeiträgen in der Sozialversicherung ja selbst diesen Topf mit aufgebaut, den sie jetzt nutzen. Insofern kann und darf auch das Taxigewerbe ganz selbstbewusst dieses tolle Angebot unserer sozialen Demokratie in Anspruch nehmen, auch wenn manchmal noch die ein oder andere Frage bei der sachgerechten Umsetzung auftaucht.
Zu diesem Thema ebenfalls erschienen:
5.1.2021: Kurzarbeit im Taxi, Teil 1: Was bei Urlaub zu beachten ist
6.1.2021 Kurzarbeit im Taxi, Teil 2: Was bei Überstunden und Geringfügig Beschäftigten zu beachten ist
Beitragsfoto: Witte