In den letzten zwei Jahren häuft sich Unmut über die Taxiknappheit auf der Baleareninsel. Die Regionalregierung plant nun endlich eine erste Maßnahme zur Entschärfung des Problems.
Als im Mai 2021 die Corona-Flaute von einem erneuten Urlauber-Andrang abgelöst wurde, der für die Balearen etwas unerwartet kam, wurden die Taxis in der Hauptstadt der Balearen-Region knapp. Die Wartezeiten an den Taxihalteplätzen und in der Warteschleife der Taxifunkzentrale stiegen laut Pressemeldungen auf bis zu 30 Minuten. Der Verband der selbstständigen Taxifahrer bezeichnete die Nachfrage als unerwartet.
Ein gutes Jahr später, Mitte Juni 2022, gab es wieder so einen Tag: Lange Wartezeiten am Flughafen in Palma, diesmal sogar bis zu zwei Stunden. Der abgetrennte Bereich für wartende Taxifahrgäste neben der Rolltreppe zum Haupteingang war überfüllt. Ein Problem ist die Lage des Nachrückplatzes für bis zu 200 Taxis. Er befindet sich am anderen Ende des Geländes, „etwa zwei bis drei Kilometer, auf denen alle anderen Autos Vorfahrt haben. Das Taxi fährt immer als letztes. Dann kommt noch der Fußgängerüberweg, wo man immer warten muss. Diese Zeit, die es braucht, wartet im Endeffekt der Kunde“, zitiert die „Mallorca Zeitung“ einen Fahrer.
Ein weiteres Problem ist so gewöhnlich wie an jedem anderen Flughafen: Es sei gerade nachts „ein bisschen eine Lotterie, ob man die Fahrt zum Flughafen wagt“, denn manchmal kämen aus einem Flugzeug Passagiere für zehn Taxis, manchmal für 50. Das sei schwer abzuschätzen. An besagtem Abend hätten die Fahrer den Bedarf schlicht falsch eingeschätzt, zumal an dem beliebten Urlaubsziel auch in der Innenstadt nachts das Partyleben tobt und das Taxigeschäft gut läuft. Es habe sich aber bei dem Engpass um einen Einzelfall gehandelt, so der Fahrer.
Da es auf Mallorca bislang keine Mietwagen gibt, die taxiähnlichen Verkehr anbieten, und am Flughafen nach 1:15 Uhr keine Nachtbusse fahren, gab es für die Fahrgäste keine Alternative. Zwar versuchen auch hier illegale Anbieter, Kundschaft zu bekommen, doch seien „echte“ Taxifahrer zur leichten Unterscheidung zur Offenlegung ihrer Lizenz gegenüber Fahrgästen verpflichtet.
In Palma ist das Taxigewerbe anders reglementiert als in deutschen Städten, was die Betriebspflicht betrifft. Die auf der Insel erscheinende deutschsprachige „Mallorca Zeitung“ schrieb am 14.5.2021: „Ab Sonntag sollen laut städtischer Verordnung wieder mehr Taxis unterwegs sein. Dann dürfen die 1.246 in der Stadt zugelassenen Taxen an drei Tagen die Woche in drei Schichten fahren (die anderen beiden Tage sind Ruhetage). Die bisherigen Vorgaben erlaubten das nur an zwei Tagen. Damit sollen insgesamt 20 Prozent mehr Taxis in der Stadt verfügbar sein. Diese Regelung gilt bis zum 15. Juni. Danach dürfte die Anzahl der Taxen weiter aufgestockt werden.“
Die Hauptstadt Mallorcas, Palma (früherer Name: Palma de Mallorca), ist eine Großstadt, vergleichbar mit Bochum oder Hannover, was Bevölkerung und Fläche angeht. Sie verfügt über rund 70 Taxihalteplätze (Zahlen von 2018). Alle Taxis sind weiß lackiert.
Das gelegentliche Fehlen von Taxis am Flughafen ist nicht das größte Problem: Die Hotels waren Anfang Juli wieder so gut ausgelastet wie vor der Corona-Krise, hinter den Deutschen hatten die Spanier inzwischen die Briten von Platz 2 der Touristenzahlen verdrängt, und die Touristen gaben im Mallorca-Urlaub mehr Geld aus als eh und je. Dennoch haben die Hotels zwei Probleme: Zum einen würden viele Urlauber wegen Chaos an deutschen und britischen Flughäfen ihre Unterkunft im letzten Moment stornieren, zum anderen gebe es zu wenige Busse und Taxis auf der Insel. Da die Nachfrage nach umweltfreundlichen Verkehrsmitteln sich auch beim Tourismus zeigt, verlagert die Nachfrage auf den Balearen sich vom Leihwagen hin zum öffentlichen Verkehr. Dessen Ausbau kommt aber nicht so recht voran. Zwar gibt es auf Mallorca ein Busnetz und Eisenbahnen und in Palma sogar eine U-Bahn, doch beklagen Gastwirte, dass das ÖPNV-Angebot in der Hauptstadt der Balearen den steigenden Mobilitätsansprüchen der Touristen schon lange nicht mehr gerecht werde. So ist eine seit weit über zehn Jahren geplante Straßenbahnlinie von der Innenstadt zum Flughafen, der keine zehn Kilometer außerhalb liegt, bis heute nicht verwirklicht.
Inzwischen sind zur Hauptsaison mancherorts von großen Menschentrauben belagerte Bushaltestellen und fehlende Taxis beinahe an der Tagesordnung. Der ÖPNV ist auf die vielen hunderttausend Touristen in einem Monat nicht annähernd ausgelegt. Mancher, der am späten Nachmittag zurück fliegt, steht zur Sicherheit schon am Vormittag an der Bushaltestelle in Richtung Flughafen, in der Hoffnung, in dem Gedränge in einen der Busse zu gelangen, falls dieser nicht wegen Überfüllung gleich durchfährt. Ein Taxi zu ergattern, ist dann so gut wie unmöglich. Nachts soll es oft nicht viel besser sein.
Dass das Angebot an Taxis nicht der Nachfrage angepasst wird, liegt wie so oft an bürokratischen Hürden. Die Zahl der Konzessionen ist begrenzt, eine Konzession wird für 200.000 Euro weiterverkauft. Die Zahl ist bisher nicht an das veränderte Verkehrsverhalten der Touristen angepasst worden. Unseriöse Konkurrenz à la Uber & Co. ist zum Schutz des Taxigewerbes verboten. Bei der Taxifunkzentrale Taxis Palma Radio ist die Zahl der täglich eingegangenen Aufträge in den letzten drei Jahren um 27 Prozent gestiegen, ohne dass mehr Fahrzeuge zur Verfügung stehen würden.
Hinzu kommt die teilweise strikte Reglementierung. So kann die Stadtverwaltung den Fahrern etwa vorschreiben, an wie vielen Tagen im Monat sie sich in der Innenstadt bereitzuhalten haben, statt am Flughafen oder am Hafen auf lukrativere Touren mit Zuschlag zu warten. Entsprechen diese Vorschriften nicht der Nachfrage, so ist der Nachrückplatz am Flughafen auch schon mal überfüllt, während in der Innenstadt kein Taxi zu bekommen ist.
Außerdem werden in Palma die Straßen nicht leerer: Mit einem jährlichen Bevölkerungswachstum von mehreren Prozent, hauptsächlich durch Zuwanderung aus dem Ausland, steigt auch die Zahl der zugelassenen Privat-Autos. So stehen auch Taxis immer häufiger im Stau.
Da Hoteliers auf Mallorca seit längerem Alarm schlagen und durch den häufigen Taximangel einen massiven Imageverlust der Insel befürchten, haben sie die Behörden nun zu einer Aufweichung einer Regel gedrängt, die auch hierzulande mancherorts für Dauerprobleme sorgt: Auch auf den Balearen dürfen Taxis nur in ihrer Betriebssitzgemeinde laden. Nachdem die Kritik an der Vorschrift, die zu zahlreichen unnötigen Leerfahrten führt, immer lauter wurde, hat die Regionalverwaltung nun angekündigt, bei Bedarf Ausnahmen zuzulassen. Komme es zu hoher Nachfrage, so soll es Taxifahrern künftig gestattet werden, nach dem Ausladen in einer anderen Gemeinde neue Kundschaft zu laden, statt leer zurückzufahren. Das dürfte allen, auch den rund 600 außerhalb von Palma konzessionierten mallorquinischen Taxis, zugute kommen, vor allem aber den Fahrgästen, den Taxiunternehmen und der Umwelt. Die Änderung soll rechtzeitig zur bevorstehenden Hauptsaison in Kraft treten.
Eine bemerkenswerte Ausnahme von der fraglichen Regelung ist übrigens der Flughafen Palma: Hier ist schon lange jedes Taxi der Insel ladeberechtigt. ar
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