Zum Jahresauftakt hat BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann dem Berliner Radio-Sender Pi-Radio ein Interview zur Lage des Gewerbes gegeben und aus dem Nähkästchen geplaudert.
Taxi ist wertvoll – das zeigt sich auch darin, dass diese Branche bei einem kleinen Radiosender jeden Monat eine einstündige Sendezeit bekommt. Die Moderatorin Sonja von Rein, selbst Taxiunternehmerin, hatte diesmal einen der ranghöchsten Gewerbepolitiker des Taxigewerbes im Studio. Das Schöne an so einem Format: Man kann auch mal Dinge erzählen, die sonst keinen Platz haben.
Interessant an dieser Sendung waren aber nicht nur die vielen gesprochenen Inhalte (dazu später gleich mehr), sondern auch die Musikauswahl, die der Studiogast traditionell selbst bestimmt. Bei Oppermann fiel die Wahl des Eröffnungssongs auf Bruce Springsteen mit dem Titel „Death to my hometown“: „Da geht es um große Konzerne, die, ohne, dass sie aktiv zerstören, im engeren Sinne letztlich aber doch eigentlich eine Gesellschaft bzw. eine städtische Gesellschaft zerstören, und das ist so ein bisschen die Situation, wie sie die Taxifahrer tagtäglich auch hier in Berlin erleben.“
Wie Oppermann in dem Beitrag betont, fand er Politik immer schon ein sehr spannendes Feld. Deshalb studierte er Politikwissenschaften, Volkswirtschaftslehre und öffentliches Recht in Heidelberg. Nach dem Studium war er für mehrere Agenturen beratend tätig und arbeitete sieben Jahre im Consulting-Bereich, ehe er sich der Verbandsarbeit zuwandte. Der gebürtige Niedersachse bezeichnet sich selbst von Kindesbeinen an durch diverse Umzüge als „heimatlos“ und sei wie letztlich viele Heimatlose in Berlin gestrandet und angekommen. Wohn- und Arbeitsbereich wunderbar „politiknah“, aber die Materie der zu dem Zeitpunkt ausgeführten Verbandsarbeit, die Gaswirtschaft, war Oppermann „zu abstrakt, zu wenig greifbar“. So sei er schließlich durch die Verkettung von glücklichen Zufällen als Geschäftsführer in spe beim Taxiverband gelandet: „Jeder hat zu dem Thema Taxi sofort ein Image im Kopf. Ein ganz klares Bild, vielleicht mehrere Bilder, einen Geruch, ein Geräusch. Taxi ist nix abstraktes – die Thematik Taxi macht Spaß!“
Ein klares Bild im Kopf hatten Oppermann und die Sendungsmoderatorin Sonja von Rein auch, als sie sich über ihre erste Taxi-Erinnerung als Kind austauschten. Beide wuchsen in eher kleineren Ortschaften auf, in denen Taxis nicht zum Alltagsbild gehörten. Nur „um Weihnachten rum“ sei immer ein Taxi mit den Großeltern gekommen. „Eine schicke Luxuslimousine, immer ein Mercedes. Mit einem gewissen Komfort.“ „Oder die edlen Taxis an Bahnhöfen, die haben immer eine gewisse Wärme ausgestrahlt“, schwelgen die beiden in der Radiosendung in ihren Kindheitserinnerungen. „Selbst jedes Kind heute hat übrigens zum Thema Taxi sofort ein Bild im Kopf, denn in jedem Kinderbuch ist bei den Transportmitteln von Bus, Bahn und Taxi die Rede – immer in Hellelfenbein, immer klar erkennbar“. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er seinen Kids beim Jobwechsel zum Bundesverband damals symbolträchtig ein Taxi-Matchboxauto schenkte.
Nach dem nächsten gewählten Musiktitel von den Toten Hosen, der die Flüchtigkeit der Begegnungen im Taxigeschäft beschreibe, erklärt Oppermann seine Aufgabe als Geschäftsführer beim BVTM. Es gehe darum, die vielfältigen Interessen der Unternehmer herauszufinden und gebündelt nach außen zu tragen. Exemplarisch nennt Oppermann das Vorgehen bei der kleinen Fachkunde. Er sei in der Mittlerrolle zwischen dem Taxi- und dem Mietwagengewerbe auf der einen Seite und der Politik mitsamt Verwaltung auf der anderen. Seine beiden Töchter würden immer sagen, er telefoniere den ganzen Tag. Das beschreibe seine Tätigkeit im Grunde sehr genau. „Mein Job ist Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Und man lernt in der Praxis, dass man es nie allen Recht machen kann. Das ist in so einem Verband immer wieder eine Herausforderung.“
Die Moderatorin und Taxiunternehmerin Sonja von Rein bringt die Herausforderung, vor der ihrer Meinung nach besonders die Landeshauptstadt stehe, zur Sprache: „Das leidige Thema Uber. Wir leben in Berlin hier in einer Bubble. Während es in anderen Regionen weniger um Uber sondern zum Beispiel um die KV-Problematik geht, dreht sich in Berlin einfach alles um Uber. Auf unserer Bubble steht Uber.“ Seit 2019 wären in Berlin von den 8.000 Taxis mittlerweile schon 3.000 wegen Uber in die Knie gegangen. Seit sechs Jahren kämpfe das Berliner Taxigewerbe nun mehr gegen den Konzern und erst jetzt, nach dieser langen Zeitspanne, scheint das Thema Uber in den kleineren Kommunen und vor allem landesweit angekommen zu sein. „Eine extrem langsame Bewegung und ich schätze, dass es jetzt auch in den ländlicheren Bereichen wieder eine gewisse Zeitspanne dauern wird, bis das Ganze in der Politik Gehör findet.“ prangert Sonja von Rein an. „In der Tat staunt man manchmal, wie lange Entwicklungsprozesse dauern können, gerade wenn sie gesellschaftlich oder politisch sind und ein Stück weit mit im Gewerbe selber, weil wenn du es nicht persönlich erfährst, ist es halt was Anderes, als wenn du täglich auf der Straße erlebst, wie Uber und Bolt dir das Geschäft wegnehmen und du einfach deinen Stundenumsatz nicht mehr machen kannst, den du machen musst, um vernünftig über die Runden zu kommen.“ In anderen Landesteilen gibt es andere Probleme“, ergänzt Oppermann, „aber auch dazu ist ein Bundesverband da, um diesen Austausch zu ermöglichen und da ist eben auch ganz wichtig zu verstehen, dass jeder mit seiner Wahrnehmung irgendwie Recht hat. Wenn ein Kollege aus einer Stadt, in der es Uber nicht gibt, sagt: „Ich hab‘ aber kein Problem damit.“ dann hat er Recht und gleichzeitig müssen wir aber als Gewerbe es insgesamt bekämpfen.“
Dazu wurde bereits 2019 eine Taskforce eingerichtet und die Großstädte miteinander vernetzt, damit man von vorneherein ein Stück weit voneinander lernen könne. Berlin wäre die erste Stadt gewesen, die betroffen war aber auch die Erste, die Gegenmaßnahmen ergriffen habe. Das Gewerbe habe gelernt, wie bei einer Art „Schwarmintelligenz“. Man müsse aber fairer Weise sagen, Uber sei auch schlauer geworden, so dass es schwieriger sei, dagegen vorzugehen. Berlin sei nur die Spitze des Trends und Uber werde ein sehr ernstes Thema bleiben. Das Taxigewerbe in den Großstädten mache sich wegen des Unternehmenssterbens sehr große Sorgen.
Sonja von Rein wundert sich in dem Radiointerview darüber, dass Berlin sich scheue, Dinge zu beschließen, die das Taxigewerbe schützen oder unterstützen würden. „Berlin ist da Opfer seiner selbst. Hier herrscht der „Jeder-kann-so-ein-bisschen-machen-was-er-will-Spirit“. Das ist ja auch durchaus angenehm, wenn man hier lebt aber es hat eben auch zu einem Wildwuchs geführt. Und dann kam plötzlich die Erkenntnis – jetzt haben wir hier Zustände, die wollte eigentlich so gar keiner.“ Und das habe ziemlich gedauert, der Prozess, dass die Politik erkennt, hier gibt es überhaupt eine Problematik. Jetzt hat die Politik endlich ein Problembewusstsein und das Taxigewerbe sei der Politik wieder drei Jahre in der Problematik voraus. Jetzt gehe es aber um die Problemlösung und es gäbe nun endlich den Antrag der Regierungsfraktionen. Da sei jetzt Druck dahinter, weil diese Papiere wirklich etwas bewegen könnten.
„Der Staat muss das natürlich alles prüfen und zwar wirklich prüfen. Auf der anderen Seite gibt es den Akteur Uber und der liefert international Rechtsgutachten über Rechtsgutachten. Weil da erstmal ein Briefkopf drauf ist, der einschüchternd wirkt, ist die Politik auch erstmal verunsichert. Und wenn Politik verunsichert ist, dann handelt sie nicht, zumindest nicht schnell. Umso wichtiger ist es, dass das Taxigewerbe A sicher und B geschlossen auftritt. Wenn wir nicht geschlossen auftreten, machen wir es der Politik sehr leicht, Probleme auszusitzen.“ erläutert Oppermann und leitet damit auf seinen nächsten mitgebrachten Musiktitel „You never walk alone“ über, den er als Appell an das Gewerbe richtet.
Diesen spricht auch die Moderatorin aus, allerdings an die Politik: „Ich verstehe nicht, warum den Behörden in Sachen Mindestpreise der schwarze Peter zugeschoben wurde. Wenn jede einzelne Behörde entscheiden muss, was machen wir mit den Massen an Mietwagen, die uns überfluten. Wäre es nicht einfacher, der Bundestag würde sich mit dieser Thematik befassen und einfach eine bindende Entscheidung für alle festlegen?“ „Das würde es einerseits einfacher, andererseits aber auch halt sehr einheitlich machen und wir haben eben Städte in Deutschland, in denen wir ein Überangebot an Mobilität haben und wir haben aber auch im Land Bereiche, in denen ein Unterangebot herrscht oder wir spezielle Mobilitätsanforderungen haben. Deswegen ist es im Grundsatz schon nicht falsch, dass man den Kommunen diese Möglichkeiten der eigenständigen Regelung gibt. Die Voraussetzungen dazu sind aber eigentlich bundeseinheitlich geregelt. (…) Es kann nicht sein, dass wir immer nur die Dealer von der Straße nehmen aber nie das Kartell, zumal das Kartell auch noch öffentlich sichtbar einen Namen hat und alle wissen, was stattfindet. Der Berliner Zoll spricht von lediglich dreißig Prozent Weißwirtschaft. Da müsste man tatsächlich bundespolitisch etwas machen, dass Behörden zum Beispiel Zugriff auf die Datenbanken erhalten. Dann wäre Schwarzwirtschaft ganz leicht belegbar.“
Der Verband vertritt sowohl das Taxigewerbe als auch die Mietwagenbranche. „Das klingt paradox“, räumt Oppermann ein. Historisch gewachsen vertreten wir immer schon das Mietwagengewerbe, allerdings nicht die neuen Unternehmen, die plattformbasiert agieren. Mietwagen, die im Bereich Krankenbeförderung fahren beispielsweise schon. Die tragen diese Pro-Taxi-Punkte übrigens mit. Das ist kein Konflikt im Verband. Es wissen alle, was es braucht, um das Taxigewerbe zu erhalten.“ Und so wolle Oppermann als Dienstleister für das Taxi auch in diesem Jahr kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren – pro Taxi.
Das gesamte Interview ist über die BVTM-Website jederzeit im Stream abrufbar. nu
Beitragsbild: Symbolfoto Pixaba
Hinweis der Redaktion: Taxi ist wertvoll, denn Taxi ist Teil des öffentlichen Personennahverkehrs und aufgrund seiner gesetzlichen Vorgaben ein Garant für die mobile Daseinsvorsorge 24/7 an allen 365 Tagen im Jahr. Taxifahren bedeutet weit mehr als nur ein Lenkrad zu bedienen und Menschen von A nach B zu fahren. Taxifahrerinnen und Taxifahrer haben Personen allen Alters und aller Kulturen im Auto, auf die sie sich bei jeder Fahrt neu einlassen, während sie ihr Taxi in einem immer dichter werden Verkehr sicher zum Fahrtziel steuern.
Auch für Unternehmer bedeutet die Führung eines Taxibetriebs weit mehr als nur die Anschaffung und Betankung eines Fahrzeugs. Ausgestattet mit dem notwendigen betriebswirtschaftlichen Knowhow und offen für fundamentale antriebstechnische wie auch digitale Wandlungen lenken Taxiunternehmerinnen und Taxiunternehmer ihren Betrieb rechtssicher und gesetzeskonform.
Taxi ist wertvoll – dieses Motto steht deshalb im Fokus der Berichterstattungen des Taxi-Times-Verlags.