Im vergangenen Jahr wurde heiß diskutiert, ob Kurzarbeit den Urlaubsanspruch reduzieren kann. Jetzt hat ein Urteil für Klarheit gesorgt. Kurzarbeitstage sind keine Arbeitstage und es entstehen entsprechend auch keine Urlaubsansprüche.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun endlich sein maßgebliches Urteil aus dem Dezember letzten Jahres im Volltext veröffentlicht und lässt keine Zweifel mehr. „Ganze Arbeitstage, die wegen Kurzarbeit ausfallen, werden vielmehr bei der Berechnung des Jahresurlaubs behandelt wie Tage, an denen ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer nicht arbeiten muss“, so begründen die Richter ihre Entscheidung und machen damit klar, dass hier nicht zwischen anteiliger Kurzarbeit und Kurzarbeit Null differenziert wird.
Entstanden war die Frage, da es vielen Arbeitgebern vor allem bei längerfristiger Kurzarbeit widersinnig erschien, den Jahresurlaub auch dann gewähren und zahlen zu müssen, wenn zuvor monatelang Kurzarbeit angeordnet war. Nach ihrem Verständnis sollten nur dann Urlaubsansprüche entstehen, wenn zuvor auch gearbeitet wurde. Viele Gewerkschaften liefen dagegen Sturm, da sie die Kurzarbeitszeit als fremdbestimmte und nicht planbare Auszeit wahrnahmen, die nicht mit dem regulären Urlaub gleichzusetzen sei.
Vor allem dort, wo Betriebe in der Coronazeit kaum noch Umsätze erzielten und einen Großteil ihres Personal in die Kurzarbeit geschickt hatten, standen nach beispielsweise elf Monaten Kurzarbeit kaum Mittel zur Verfügung, nun im zwölften Monat die Löhne regulär zu zahlen und den Mitarbeiter*innen sozusagen ihren Urlaub von der Kurzarbeit zu gewähren. Auch, wenn es dann in der Praxis nicht immer eins zu eins umgesetzt wurde, empfahlen viele Arbeitgeberverbände ihren Mitgliedern immerhin, den zu gewährenden Urlaub lediglich auf die tatsächlich geleistete Arbeit zu beziehen. Wer im Jahresverlauf also drei Monate gearbeitet hatte und neun Monate in Kurzarbeit war, sollte so nur einen anteiligen Urlaubsanspruch eben für drei Monate erworben haben, also nur ein Viertel des üblichen Jahresurlaubs.
Besonders kontrovers wurde das Thema dort diskutiert, wo Mitarbeitende nur anteilig in Kurzarbeit waren, also beispielsweise von fünf Wochentagen an zweien arbeiteten und weitere drei in Kurzarbeit verbrachten. Durfte hier auch der Jahresurlaub um drei Fünftel gekürzt werden? Auch wenn die meisten Betriebe inzwischen wohl intern Lösungen für diese Problematik gefunden haben, stand eine grundsätzliche gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage lange aus.
Ein erstes Urteil zum Thema kam vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf, welches im Frühjahr 2021 für Kurzarbeit Null die entsprechende Kürzung des Jahresurlaubs als rechtmäßig erkannte (Taxi Times berichtete). Damit fehlte aber noch die Entscheidung, wie es sich bei anteiliger Kurzarbeit verhalten würde. Für einen so gelagerten Fall entschied das Arbeitsgericht Osnabrück zu Gunsten eines Arbeitnehmers, allerdings auf Basis des Sonderfalls, dass dort die Kurzarbeit vereinbarungsgemäß regelmäßig sehr kurzfristig angeordnet wurde (Taxi Times berichtete). Auch deshalb könne der Arbeitnehmer seine Kurzarbeitsphasen nicht urlaubsgerecht nutzen, entscheid das Gericht. Nun war für viele das Chaos perfekt, denn kaum ein Jurist traute sich noch, eine Handlungsempfehlung abzugeben. Die Arbeitgeber aber mussten sich entscheiden – Geld ausgeben, das nicht vorhanden war, oder Klagerisiken eingehen, die im Nachhinein sehr teuer werden könnten.
Im Dezember 2021 äußerte sich dann das Bundesarbeitsgericht zu dem Thema und bestätigte in der Revision das vorgenannte Düsseldorfer Urteil (Taxi Times berichtete). Lange Zeit wurde das Urteil allerdings nicht im Volltext, sondern auf Basis einer kurzen Pressemitteilung veröffentlicht. Insofern blieb unklar, ob in dieser Grundsatzentscheidung auch wirklich eine klare Stellungnahme zum Urlaubsanspruch bei anteiliger Kurzarbeit enthalten wäre. Die entsprechende Kurzveröffentlichung der Entscheidung wurde nach wie vor von Gewerkschaftsvertretern anders interpretiert als von Vertretern der Arbeitgeberseite. Die optional als grundlegend zu interpretierende Entscheidung des Arbeitsgerichts Osnabrück war nach wie vor nicht vom Tisch. Entsprechend vorsichtig formulierten Juristen ihre Kommentare und bezogen sich zunächst regelmäßig ausschließlich auf die vermeintlich der Entscheidung zu Grunde liegende Kurzarbeit Null.
Dies hat das Gericht nun mit der Veröffentlichung seines Urteils im Volltext nachgeholt und eine umfassendere Presseinformation zur Verfügung gestellt, welche die Frage nach der anteiligen Kurzarbeit absolut eindeutig beantwortet: Kurzarbeitstage sind keine Arbeitstage, und es entstehen entsprechend keine Urlaubsansprüche. Ob diese Klarstellung nun noch jemandem hilft, muss dabei offen bleiben, aber der Vollständigkeit halber soll dieser juristisch eindeutige Abschluss nicht unerwähnt bleiben. rw
Beitragsbild: Remmer Witte