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Start Arbeitsrecht

Nachtzuschläge: Was geht, was muss?

von Remmer Witte
25. März 2023
Lesedauer ca. 3 Minuten.
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Nachtzuschläge: Was geht, was muss?
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Vor kurzem entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit großem Medienecho, es sei rechtens, gelegentliche und regelmäßige Nachtarbeit mit unterschiedlichen Nachtzuschlägen zu honorieren. Im dort vorgelegten Fall bekamen die regelmäßigen Nachtschichtler erheblich weniger Zuschläge als die Gelegentlichen. Im Taxi- und Mietwagengewerbe aber ist es genau umgekehrt, denn hier steht den Regelmäßigen mehr als den Gelegentlichen zu. Wie geht das zusammen?

Das Arbeitszeitgesetz erwartet von Arbeitgebern, dass sie ihren Arbeitnehmern immer dann auch Nachtzuschläge zahlen, wenn deren Arbeitsanteil nach 23 Uhr mehr als zwei Stunden beträgt. Die weitere Praxis haben im Laufe der Jahre Gerichtsentscheide ausgestaltet, das Gesetz selber schweigt sich über die Höhe der Zuschläge aus. Diese Grundsatzurteile wiederum ergeben den Tenor, dass der minimale Nachtzuschlag für regelmäßige Nachtarbeit höher liegen muss als der für gelegentliche Nachtarbeit.

Steuer- und sozialversicherungsfrei dürfen dabei übrigens in der Kernzeit der Nacht von 0 bis 4 Uhr maximal 40 Prozent und von 22 bis 0 Uhr sowie von 4 bis 6 Uhr maximal 25 Prozent gezahlt werden. Eine zumindest Laien recht unbekannte Besonderheit ist dabei, dass solche Zuschläge für die Beitragsbemessung der Berufsgenossenschaftsbeiträge aber durchaus mit in der Gesamtbruttolohnsumme zu berücksichtigen sind. Diese sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben legen allerdingt lediglich fest, was maximal abgabenfrei ausgezahlt werden darf, sie enthalten keinerlei darüber hinaus gehende Verpflichtungen.

Das BAG hatte nun zu entscheiden, ob ein Tarifvertrag für verarbeitende Betriebe unterschiedlich hohe Nachtzuschläge vorsehen darf (10 AZ 332/20). Es ging um die Frage, ob ein Zuschlag von 50 Prozent für gelegentliche Nachtschichten gezahlt werden darf, wenn für regelmäßige Nachtschichten nur 20 Prozent vereinbart sind. Das BAG genehmigt hier auch solch krasse Differenzen, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt, der auch aus dem Tarifvertrag erkennbar ist. Die Tarifparteien dürfen hier mit den Zuschlagsvereinbarungen auch weitere Zwecke verfolgen – wie beispielsweise den Ausgleich schlechter Planbarkeit gerade bei unregelmäßiger Nachtarbeit. Allerdings müssen dabei immer die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes beachtet werden, die stets einen angemessenen Ausgleich der Erschwernis durch Nachtarbeit vorschreiben.

Das BAG hat also – naheliegenderweise – die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes beachtet, gleichzeitig aber akzeptiert, dass es keine gesetzliche Vorgabe zur Vergleichbarkeit der verschiedenen Nachtzuschläge gibt, solange für die jeweilige Vereinbarung sachliche Gründe vorliegen. Daher darf die eine Tarifgruppe mit dem minimal notwendigen Nachtzuschlag abgespeist werden, während bei einer anderen die Möglichkeiten nach oben ausgereizt werden. Solange es innerhalb einer Tarifgruppe keine Ungleichheit gibt, ist eine solche Praxis, die es offensichtlich in verschiedenen Branchen gibt, rechtmäßig.

In der Taxi- und Mietwagenbranche wie auch in der Gastronomie und anderen Gewerben mit relativ niedrigen Löhnen geht es seit Einführung des Mindestlohns oft zunächst darum, was minimal an Löhnen zu zahlen ist, bewusste Bonuszahlungen sind hier eher die Ausnahme. Und insofern sind hier für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit eher die Minimallöhne zu vergleichen. Das BAG hatte also innerhalb einer freien Tarifgestaltung im Vergleich zwischen verschiedenen Tarifgruppen Recht zu sprechen. Für die mobile Branche geht es dagegen in der Regel um den Vergleich von Minimallöhnen.

Hier hat im Jahr 2019 das Arbeitsgericht Oldenburg (AZ: 6 Ca 274/18) eine sehr klare Einschätzung über solche Minimalzuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtschichten gefunden. Es galt zu entscheiden, ob einer Taxifahrerin, die regelmäßig ausschließlich in der Nachtschicht arbeitete, 30 Prozent Nachtzuschlag zustehen. Ihr Arbeitgeber hatte diese Nachtarbeit bis dato mit 15 Prozent honoriert. Das Gericht stellte dazu fest, dass verschiedene gerichtliche Entscheidungen auch des BAG in diesem Zusammenhang tatsächlich die Zahlung von 25 Prozent für unregelmäßige und 30 Prozent für regelmäßige Nachtschichten als Minimalwert vorsehen. Allerdings gäbe es auch Entscheidungen, gerade für ganz klassische Nachtarbeit, wie sie beispielsweise an Hotelrezeption geleistet werde, die 15 Prozent für rechtens erachtet hätten.

Daher ging das Oldenburger Gericht davon aus, dass unregelmäßige Nachtarbeit in der Regel mit minimal 20 Prozent und regelmäßige Nachtarbeit mit minimal 25 Prozent zu honorieren ist. Allerdings gelte dies nach Einschätzung des Gerichts für Nachtarbeit, welche Arbeitgeber lediglich aus Effizienzgründen wünschten, beispielsweise um teure Maschinen auszulasten oder um die Freizeitbedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen. Daher würden solche Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer deswegen nachts einsetzen, um ihre Einnahmen zu optimieren. Taxiunternehmen unterlägen hingegen einer Betriebspflicht, welche sie sozusagen zwingt, ihre Arbeitnehmer auch nachts arbeiten zu lassen. Daher seien hier minimal 15 für gelegentliche bzw. 20 Prozent für regelmäßige Nachtschichten ausreichend.

Im Ergebnis ist es also so, dass es auch im Taxi- und Mietwagengewerbe möglich ist, unterschiedliche Nachtzuschläge auszuloben, beispielsweise 20 Prozent an Wochentagen und 30 Prozent an Wochenenden. Allerdings bedarf es dafür einer auch in der entsprechenden Vereinbarung (Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag) konkret ausformulierten Begründung, warum hier unterschiedliche Werte zugrunde gelegt werden (z. B. Mehrbelastung Wochenendarbeit oder Mehrbelastung durch erhöhtes Fahrtaufkommen). Allerdings ist bei jeder Vereinbarung zu beachten, dass dabei die Minimalwerte von 15 Prozent für gelegentliche und 20 Prozent für regelmäßige Nachtschichten nicht unterschritten werden. Insofern ist es in jedem Fall nach wie vor legitim, allen Nachtfahrern beispielsweise 20 oder 25 Prozent Nachtzuschläge zu gewähren, ohne hier zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Nachtschichten zu differenzieren, da so alle gesetzlichen Vorgaben beachtet werden. rw

Beitragsbild: Remmer Witte

Tags: Bundesarbeitsgericht BAGNachtzuschlag
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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Kommentare 2

  1. Kanow says:
    2 Jahren her

    Hallo
    Nur eine Frage
    Die Schicht bei dem taxi Unternehmen bei dem ich arbeite geht immer von 18uhr bis 6uhr….mein Chef sagt er ist nicht verpflichtet eine nachtschichtzulage zu zahlen.
    Die Frage… stimmt das so?

    Antworten
    • Redaktion says:
      2 Jahren her

      Lieber Taxi-Times-Leser, Sie finden die Antwort in diesem Beitrag: https://taxi-times.com/wann-und-wieviel-nachtzuschlaege-sind-pflicht/

      Antworten

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