Im Zuge der Mittelstandsproteste demonstrieren französische Taxifahrer für die weitere Erstattung von Patientenfahrten und für Tarifanpassungen.
Nicht nur Landwirte sind dieser Tage in Frankreich und Belgien auf den wichtigsten Verkehrsachsen unterwegs. Auch Taxifahrer demonstrieren seit Anfang der Woche in Paris, Marseille und Bordeaux. Auf mehreren anderen wichtigen Verkehrsachsen in Frankreich wollen sie mit ihrer Aktion im Scheckentempo die Krankenkassen zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch zwingen, um über die Erstattung und Tarifanpassung von Patientenfahrten zu diskutieren. Besonders in dünn bevölkerten ländlichen Gegenden sind Krankenfahrten ein Standbein jedes lokalen Taxiunternehmens.
In Paris fuhren am Montag Taxis im Schneckentempo auf der A13 in Richtung Porte d’Auteuil. In Bordeaux, im Süden des Landes, versammelten sich rund 500 Taxis auf dem Ring um die Stadt, einer wichtigen Verkehrsachse zwischen Paris und Spanien. Der Präfekt (Landrat) hat bereits Telearbeit gefordert. Auch in Marseille und auf der A8 bei Aix-en-Provence gibt es Aktionen von Taxifahrern.
Mit ihren Aktionen wollen die Taxifahrer eine Neuverhandlung der Erstattungen für Krankentransporte durchsetzen. Die Nationale Krankenversicherung (CNAM – Caisse Nationale d’ Assurance Maladie) hat einen für die Gewerkschaften unzureichenden Konvent auf den Tisch gelegt. Die Demonstration sei „einheitlich und national“, sagt Eric Bouclon von der Taxigewerkschaft Marseille gegenüber dem regionalen Fernsehsender France 3 Provence-Alpes. Alle Taxifahrergewerkschaften sind besorgt über die neue Vereinbarung zwischen ihrem Berufsstand und der Krankenversicherung, oft ausgeführt von dem lokalen Caisse Primaire d’ Assurance Maladie (CPAM).
Diese Vereinbarung, die Anfang Januar im Amtsblatt veröffentlicht wurde und am 1. Februar in Kraft treten soll, ist noch nicht detailliert, wird jedoch insbesondere die Preise für die Deckung der Kosten für die Patientenbeförderung ändern. Bislang gewährt das Taxigewerbe der Sozialversicherung einen ‘Rabatt’ von 20 Prozent auf den Fahrpreis. Taxiunternehmer wissen nicht, welche Rabatte oder Preise sie für diese Fahrten jetzt anwenden müssen. „In ländlichen Gebieten kann der Krankentransport 100 Prozent der Taxiaktivitäten ausmachen“, erklärt Eric Bouclon.
„Man redet nur von ‘Beförderung’, wir sagen Ihnen, wie viel Sie bezahlen. Taxis sind kleine Handwerksbetriebe, sie müssen den Preis kennen.“ Der Generalsekretär der Taxigewerkschaft Marseille erinnert daran, dass die Tarifvereinbarung zwischen der CNAM und den Taxis normalerweise alle fünf Jahre Gegenstand von Verhandlungen ist – was in diesem Jahr nicht der Fall sei. Ein Beispiel aus der Bretagne: Eine Patientenfahrt bis fünf Kilometer ist im Département Morbihan auf 13 Euro gedeckelt, im Département Finistère auf 11 Euro. Für Ferientage und am Wochenende gelten dieselben Mindesttarife.
Gestern wurden Vertreter des Taxigewerbes im Gesundheitsministerium in Paris empfangen. Auf der Grundlage dieses Treffens werden sie entscheiden, ob sie die Mobilisierung fortsetzen möchten. „Die Bewegung ist erneuerbar“, so Eric Bouclon. „Nichts hält uns davon ab, dort auch zu schlafen.“
Im Süden, wo das Taxigewerbe sehr kämpferisch ist, trafen sich die Taxifahrer um 6:15 Uhr im Géant Casino in Plan-de-Campagne und im Géant Casino in La Valentine in Marseille. Ab acht Uhr fuhren sie im Schneckentempo durch die Präfektur Bouches-du-Rhône. Auch in der Nähe des Bahnhofs Marseille Saint-Charles, des TGV-Bahnhofs Aix-en-Provence und des Flughafens Marseille Provence in Marignane waren die Taxifahrer präsent. 800 der 1.700 Taxis in dieser Gegend waren mobilisiert worden.
Ausgegangen waren die landesweiten Demonstrationen wie in Deutschland von den Bauern. Aus Protest gegen die Agrarpolitik der Regierung hatten Landwirte Blockaden auf den wichtigsten Autobahnen rund um Paris angekündigt. Nach der Planung der Bauernverbände wurden sieben Autobahnen gesperrt, darunter die A1 Richtung Norden, die A4 Richtung Elsass, die A5 Richtung Burgund und die A13 Richtung Normandie in beide Richtungen. Die Blockaden außerhalb der Hauptstadt sollen eine Woche lang dauern. Die Pariser Polizei habe 15.000 Beamte mobilisiert, vor allem um die demonstrierenden Bauern – aber auch die Taxifahrer – daran zu hindern, in die Hauptstadt selbst zu ziehen, berichten französische Medien. Taxifahrer wollten aber in ganz Frankreich demonstrieren, nicht nur in Paris. Überall wird es ‘Schneckenoperationen’ geben. Medien in Frankreich sprachen gestern schon von einem ‘schwarzen Montag’ auf den Straßen. Während die Bauernbewegung weitergeht, planen auch Taxifahrer nach dem Gespräch im Gesundheitsministerium eine groß angelegte Mobilisierung in ganz Frankreich. wf
Beitragsfoto: Wim Faber