Seit Wochen wälzt die Politik die Hilferufe des Taxigewerbes mit dem Verweis auf Überbrückungs-, November- oder Neustarthilfen ab. Dass ein Taxiunternehmer bei all diesen Hilfen völlig unzureichend unterstützt wird, wird konsequent ignoriert. Es wird Zeit für eine eindringliche Aktion!
Die Warnungen wurden seitens der Taxibranche schon früh genug formuliert: Einen zweiten Lockdown werden viele Taxibetriebe nicht überstehen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Das ist zum einen das Offensichtliche: Wenn der komplette Veranstaltungssektor heruntergefahren wird, die Reisebranche lahmgelegt ist und Freizeitaktivitäten nur noch innerhalb der eigen vier Wände stattfinden sollen, fehlen nicht nur die Menschen in den Theatern, in den Restaurants, den Hotels, im Fußballstadion, an den Bahnhöfen und Flughäfen, es gibt auch niemanden mehr, der sich zu den genannten Orten fahren lässt. Somit gibt es keine Fahrgäste für die Taxibranche. Das leuchtet jedem ein.
Weniger offensichtlich ist , dass die ins Leben gerufenen politischen Hilfen Zugangsvoraussetzungen definieren, durch die Taxibetriebe plötzlich nicht mehr antragsberechtigt sind oder am Ende Summen herauskommen, die letztlich nur mehr einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen.
Beispiel Kurzarbeitergeld (KUG): Um die gesetzlich verpflichtende Einsatzbereitschaft eines Taxis (Betriebspflicht) einzuhalten, müssen Taxis verfügbar sein. Das KUG 0 fällt also als Option weg, außer, die Genehmigungsbehörde hat eine Befreiung von der Betriebspflicht zugestimmt. Während des ersten Lockdowns waren die Genehmigungsbehörden hier noch tolerant, mittlerweile wird das nur mehr vereinzelt genehmigt.
Eine Kurzarbeit im laufenden Taxibetrieb ist allerdings nur sehr schwer zu belegen, denn für das Arbeitsamt zählt als Bemessungsgrundlage die Arbeitszeit und nicht der Umsatz. Wenn während des Lockdowns nur mehr 20 Prozent des sonst üblichen Umsatzes eingefahren wird, der Fahrer aber trotzdem acht Stunden im Taxi verbringt, ist er laut Definition nicht in Kurzarbeit. Zahlreiche Arbeitsagenturen lehnen deshalb die KUG-Anträge ab. Die klare Forderung des Taxigewerbes muss daher lauten: Taxibetriebe, die während der Pandemie Kurzarbeit anmelden, sollen ohne komplizierte Einzelnachweise pauschal 80 Prozent KUG genehmigt bekommen.
Beispiel Überbrückungshilfe: Es kann nicht sein, dass Leasingraten für ein Fahrzeug bei den Fixkosten angegeben werden dürfen, die Raten für finanzierte Pkw dagegen durch das Raster fallen. Aufgrund der hohen Kilometerlaufleistungen werden Taxis nicht geleast, sondern fast ausschließlich finanziert. Die klare Forderung des Taxigewerbes muss daher lauten: Alle 15 Bundesländer müssen dem Beispiel von Baden-Württemberg folgen und während der Pandemie (auch rückwirkend ab März 2020) sämtliche Darlehens- und Zinskosten der Taxibetriebe übernehmen. Diese zweckgebundene Hilfe ist unbürokratisch und ohne aufwändige Belege umsetzbar. Es genügt der Vertrag des Taxiunternehmers mit dem Fahrzeughersteller.
Beispiel Novemberhilfen: Wer aufgrund der Beschränkungen seinen Betrieb im November 2020 schließen musste, hat Anspruch auf Gelder in Höhe von 80 Prozent des Vorjahresumsatzes. Diese Unterstützung für mittelbar betroffene Unternehmen wurde mittlerweile auf Gewerbetreibende ausgedehnt, die nachweisen können, dass eine bestimmte Umsatzhöhe mit genau diesen mittelbar betroffenen Unternehmen erzielt wird. Die Forderung des Taxigewerbes muss sein: Die Taxibranche muss ohne Wenn und Aber und ohne Einzelnachweise zu den Berechtigten der Novemberhilfe hinzugerechnet werden. Genau das haben auch die Wirtschaftsminister einzelner Bundesländer gefordert, doch die Forderung wurde seitens des Bundes abgelehnt.
Diese Ablehnung ist gesellschaftspolitisch unverantwortlich, denn Taxi ist ein wichtiger Teil der mobilen Daseinsvorsorge. Wenn Taxis nicht mehr fahren, kommen Patienten nicht mehr zu den lebenserhalten Behandlungen (Dialyse, Strahlentherapie etc.). Wenn Taxis nicht mehr fahren, müssen Bürger trotz Alkoholkonsums mangels Alternativen mit dem eigenen Auto fahren. Wenn Taxis nicht mehr fahren, sind Menschen ohne eigenes Auto überall dort von der Mobilität ausgeschlossen, wo der ÖPNV aus Zeit- oder Kapazitätsgründen keinen Dienst mehr anbietet.
Das Taxi ist also genauso systemrelevant wie andere Mobilitätsanbieter, denen man bereits Milliarden Euro an Unterstützung hat zukommen lassen. Taxi ist die Lufthansa der Straße und die Deutsche Bahn des Asphalts, Taxi ist der Motor der Mobilität – eine Gesellschaft ohne Taxi ist hingegen der Kolbenfresser der mobilen Daseinsvorsorge.
Deshalb müssen jetzt drei einfache und klare Forderungen gestellt werden:
1. Angestellte Taxifahrer sollen von den Arbeitsämtern auf 80% KUG eingestuft werden.
2. Jedes Bundesland muss ein Finanzierungspaket verabschieden, das die Übernahme der Kosten der Tilgungsraten bei Fahrzeugfinanzierungen definiert.
3. Taxibetriebe werden bei den Novemberhilfen automatisch zu den indirekt Betroffen gezählt und erhalten damit auch ohne komplizierte Nachweise den identischen Anspruch auf Entschädigung des Umsatzausfalls, wie er den Gaststätten, Hotels etc gewährt wird.
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, müssen sich die Taxiunternehmer*Innen und Taxifahrer*Innen jetzt und sofort bemerkbar machen. Eindringlich und penetrant. Dazu müssen Sie keine Demonstrationen anmelden, denn sie sind sowieso auf der Straße. Sie müssen auch keine Corona- und Abstandregeln brechen, solange sie einzeln in ihren Taxis protestieren. Es würde reichen, wenn sich jeden Tag wie zufällig um fünf vor Zwölf viele Taxiunternehmer*Innen und Taxifahrer*Innen vor dem Wirtschaftsministerium der jeweiligen Landeshauptstadt und die Berliner zusätzlich vor dem Bundeswirtschaftsministerium treffen, weil jeder dort einen Brief mit der Forderung für eine spezifische Taxihilfe persönlich an der Pforte abgeben muss (rechtlich gesehen hat man eine Kurierfahrt ausgeführt).
Wenn danach jeder im gemächlichen Tempo dreimal um den Block des Wirtschaftsministerium fährt ( offiziell, um nach möglichen Winkern Ausschau zu halten), wäre man – wenn sich viele Taxis daran beteiligen – optisch sehr präsent. Natürlich verzichtet man auf lautes Hupen und beendet die Kreisfahrt nach drei Runden, damit die Polizei keine Bußgelder verhängen kann. Am nächsten Tag wird das ganze wiederholt – solange, bis das Bundesland und oder die Bundesregierung diese Hilfen zusichert.
Für die Durchführung braucht es keinen Verband und keine Taxizentrale, das lässt sich über eine Whats-App-Gruppe oder soziale Medien organisieren. Die Aufgabe des Taxiverbands wäre dann, als Gesprächspartner für die Politik zur Verfügung zu stehen und diese mit weiteren Fakten und Zahlenmaterial zu versorgen.
Taxi Times würde bei diesen Aktivitäten seine medialen Plattformen zur Verfügung stellen, damit über alle Aktionen zeitnah berichtet wird und die Botschaft so auch nach außen dringt. Eine Botschaft, welche die Politik endlich wachrütteln muss: „No Taxit. Es ist fünf vor zwölf!“
Denn wenn wegen Corona das Taxigewerbe stirbt, ist der gesellschaftspolitische wie auch der wirtschaftliche Schaden viel höher als ein paar Millionen Soforthilfe jetzt kosten würden. jh
Toller, pfiffiger Vorschlag und vielen Dank für Euer außergewöhnliches Engagement!
Wir haben lange genug still gehalten, man
Hätte damit auch schon früher anfangen können. Dann wären wir heute wahrscheinlich viel weiter . Besser spät als nie , aber da muss jetzt Bewegung reinkommen sonst werden die Damen und Herren wach wenn alles vorbei ist.
Und wir sind die nächste Nr. beim Arbeitsamt
Sehe ich auch so. Am besten wäre doch mit Hilfe des BZP, der Taxi Medien und Co. eine Demo in Berlin anzumelden woran sich Bundesweit alle Taxis beteiligen…Berlin muss Gelb werden vor lauter Taxis. Und das auch mit Hupen und co.
Die Idee mit der zufälligen „Demo“ finde ich super und bin auch mit dabei, da um die Mittagszeit eh nix los ist , sollte es für viele die noch Hoffnung haben das das Taxi nicht ausstirbt, kein Problem sein täglich mal drei Runden zu drehen.
Liebes taxi-Times-Team,
den Worten von Herrn Paschen möchte ich mich anschließen. Danke, für Eure Idee und Euer unermüdliche Engagement!
Ich wende mich gleich mal an unsere Partner und Mitbewerber…
Michaela John
Das City Taxi AG
Erfurt
Genau, damit Mehrwagenunternehmer oder Einzelunternehmer mit Fahrer diese selbst in der Krise umsatzsenkend dem selbstfahrenden Taxiunternehmer vor die Stoßstange stellen können, soll also der EWU dafür demonstrieren, daß der MWU gemästet aus der Krise kommt.
Diese Krise ist die einmalige Gelegenheit, daß Taxigewerbe vom organisierten Betrug (Arbeitszeitgesetz, Mindestlohngesetz und Umsatzverkürzung) zu bereinigen. Es ist Alltag, daß der Fahrer als geringfügig Beschäftigter angestellt ist, aber Vollzeit arbeitet. Es ist Alltag, daß der Fahrer auf dem Account vom Unternehmer fährt, um Arbeitszeiten und tatsächliches Einkommen zu verschleiern. Es ist Alltag,daß Fahrer 12 Stunden durcharbeiten und durchaus auch mal 7 Tage die Woche, ohne Pause. Der selbstfahrende Unternehmer muß bisher zähneknirschend dieses kriminelle Treiben ohnmächtig mit anschauen und den möglichen Umsatz mit diesem Bodensatz unseres Gewerbes teilen.
Für Hilfe ist es ohnehin zu spät. Der November ist fast schon rum.
Die Lösung ist ganz einfach. Kriminelle Tätigkeit einstellen und Gewerbe abmelden.
Das Problem ist doch aber, dass es im Moment vorher die Ehlichen trifft, bevor der von Ihnen beschreibene Unehrliche seine Tätigkeit einstellt. eine umgekehrte Reihenfolge wäre Wunschdenken.