Update 22. Juli 2021:
ÖBB-Sprecherin Raphaela Enghuber reagierte schnell auf diese missliche Situation: „Es ist den ÖBB natürlich ein großes Anliegen, Bahnkunden eine angenehme und unkomplizierte Weiterreise zum Zielort zu ermöglichen. Daher sind selbstverständlich auch Taxis am Ennser Bahnhof willkommen. Nach Anrainerbeschwerden mussten wir die Situation allerdings neu bewerten.“
Ab sofort dürfen direkt vor dem Bahnhofsgebäude Taxis wieder zufahren und mit abgestelltem Motor halten.
An Bahnhöfen stehen Taxis und Busse normalerweise auf dem Bahnhofsvorplatz. In Enns bei Linz dagegen sind die ÖBB-Kunden auf sich gestellt: Seit dem Umbau dürfen Taxis dort nicht mehr halten, geschweige denn Fahrgäste aufnehmen.
Den Namen Enns kennen Autofahrer als Rastplatz an der Autobahn Salzburg–Wien. Das oberösterreichische Städtchen Enns liegt nahe der Mündung der Enns in die Donau und gilt als die älteste Stadt Österreichs. Die örtliche Rehaklinik und die chemische Industrie sind für das Taxigewerbe unersetzliche Einnahmequellen.
Seit April 2017 liegt die Stadtverwaltung mit der ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) im Clinch. Nicht nur, dass die Bahn, ohne eine Genehmigung einzuholen, einen Sendemast im Stadtgebiet errichtet haben soll. Nun hat die ÖBB nach der Umgestaltung des Bahnhofplatzes (auf Google-Streetview gut zu sehen) auch die Zufahrt nur für „Berechtigte” deklariert, wovon auch die Taxis betroffen sind, denn diese erhielten keine Berechtigung. Somit sind Taxi-Fahrgäste gezwungen, das Stück vom Verbotsschild bis zum Bahnhof zu Fuß zu bewältigen – was mit großem Gepäck durchaus anstrengend sein kann. ÖBB-Kunden, die kein eigenes Auto oder anderweitige Möglichkeiten haben, werden dadurch schlichtweg im Stich gelassen. Sogar ein Hinweisschild mit einer Taxi-Rufnummer sucht man vergeblich – der Servicegedanke der Bahn endet anscheinend sofort nach Verlassen des Bahnhofsgebäudes.
Manfred Brenner, Taxiunternehmer in Enns, ist fassungslos über diese Situation. „Das kann doch nicht wahr sein: Mein Fahrgast, der mobilitätseingeschränkt ist, kann das Gleis 3 vom Ennser Bahnhof nach Linz nicht barrierefrei erreichen. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich mit meinem Taxi nach Linz fahren zu lassen. Ob er die Kosten von der ÖBB erstattet bekommt, bleibt abzuwarten”, berichtet er Taxi Times am Telefon.
Brenner hat im Interesse seiner Fahrgäste die Aufmerksamkeit der Medien gesucht. Er riskiert jedes Mal ein Knöllchen, wenn er seine Dienstleistung zufriedenstellend ausführen will. Nun hofft er, dass der öffentliche Druck die ÖBB zu einem Einlenken bewegt. hs