Dieser Beitrag wurde am 23.6.21 aktualisiert (siehe unten)
Die wöchentlichen Info-Webinare des Bundesverbands Taxi- und Mietwagen e.V. (BVTM) haben am Montag einen digitalen Stopp im Westen Deutschlands eingelegt.
An vier Montagen im Juni begibt sich der BVTM-Präsident und Rechtsanwalt Herwig Kollar auf virtuelle Reise quer durch Deutschland. Jeweils um 15 Uhr informiert er über jene Änderungen im Personenbeförderungsgesetz, die größtenteils zum 1. August 2021 in Kraft treten sollen. Im Gepäck hat er dabei eine Power-Point Präsentation, die er in 35 bis 40 Minuten vorträgt.
Fest zum Webinar-Inventar zählen neben Kollar auch Moderator Dominik Eggers, im BVTM für Public Affairs zuständig, sowie ein Mitarbeiter des Taxi-Teams der Telekom als Partner der Webinar-Reihe, die 2019 unter dem Namen „Taxi Driving Innovation“ eingeführt wurde.
Dazu kommen jede Woche unterschiedliche Vertreter aus den regionalen Taxiverbänden oder Taxizentralen. Sie geben eine Einschätzung, welche Auswirkungen die neuen Inhalte des PBefG auf die jeweilige Region haben. Deshalb wurde die Webinar-Reihe auch in die Bereiche Nord, West, Ost und Süd unterteilt.
Viele Neuerungen zielen darauf ab, den Kommunen und örtlichen Genehmigungsbehörden mehr Rechte einzuräumen. „Das Bundesgesetz PBefG hat unterschiedliche Konsequenzen auf der regionalen Ebene“, erläuterte Eggers in seiner Einleitung. Es gehe nun darum, die Handlungsspielräume mit Leben zu erfüllen, ist sich auch Guido Borning, Geschäftsführer des VDV Rheinland sowie des Mobilitätsdachverbands MoLo, seiner künftigen Aufgabe bewusst. „Man kann nicht früh genug anfangen, die Genehmigungsbehörde zu sensibilisieren.“ Borning berichtete von den Bemühungen seines Verbands, die Verantwortlichkeit für das Genehmigungsrecht von der unteren Verkehrsbehörde auf die übergeordneten Verkehrsbehörde zu übertragen. Allerdings sei man mit diesem Anliegen gescheitert.
Das komplette Webinar kann unter anderem auf dem Taxi-Times-YouTube-Kanal nachgesehen werden. Der Vortrag von Guido Borning ist dort ab Minute 3 abrufbar.
Als klassischer Vertreter eines Taxiverbands mit vielen Mitgliedern im ländlichen Bereich ging Borning später (ab 1h, 19 Minuten) auch noch auf die Frage ein, was die geplante Lockerung der Freistellungsverordnung bedeuten würde. Borning sieht das ähnlich wie der westfälische Verband VSPV: Für seine Mitglieder seien die Folgen vergleichbar mit denen der städtischen Taxiunternehmen, die sich mit Uber auseinandersetzen müssen. Eine Freistellungsverordnung, unter die künftig auch soziale Fahrdienste fallen würden, wäre ein Dammbruch und eine mittlere Katastrophe für die Taxibetriebe.
Aleksandar Dragicevic, Vorstand des Kölner Taxiruf, sprach als zweiter regionaler Taxivertreter des West-Webinars von einer guten Novelle und sieht in dem nun definierten Preiskorridor eine große Chance, „wenn wir es schaffen, dass der gültige Taxitarif als Mindestpreis definiert wird.“ Er beobachte aber bei den Genehmigungsbehörden eine Verunsicherung, was man mit der Novelle anfangen kann. Der Vortrag von Dragicevic ist im Video ab Min. 15.30 nachzuhören.
Zum Ende des Webinars (ab 1h, 25 Min) berichtete Dragicevic noch von über einhundert Gerichtsverfahren, die man gegen Mietwagenunternehmer, die für Free Now und für Uber fahren, gewonnen habe. Normalerweise müsste das zu einem Verbot der Uber-App führen, doch offensichtlich will keine Behörde vorangehen. Ihm gegenüber, so berichtet Dragicevic, habe ein Behördenmitarbeiter die Aussage getroffen: „Wenn eine einzige Kommune Uber verbietet, werden wir das auch tun.“
Nach dem Statement von Dragicevic wurde die Thematik PBefG-Novelle um die generelle Zukunft des Taxis erweitert, worüber Thomas Sell von der Telekom sehr umfassend referierte (ab Min. 20). Anschließend startete Rechtsanwalt Herwig Kollar seinen Vortrag. Er gab ähnlich wie beim Nord-Webinar eine Woche zuvor einen Überblick zu allen PBefG-Veränderungen. Angefangen von künftigen Regelungen für Vermittler (ab Min. 47 im Video) über die Pflicht zur Aufzeichnung der Mobilitätsdaten (ab Min. 49) bis hin zur Fachkunde (ab 1h, 14 Min.), die künftig die Ortskunde ersetzt und dessen Inhalte sehr stark diskutiert werden.
Dazwischen ging Kollar auf den gebündelten Bedarfsverkehr als neu eingeführte Verkehrsart ein (ab Min. 52) und erläuterte die neuen Regelungen, die speziell den Taxi- (ab Min. 57) und den Mietwagenverkehr (ab 1h, 4 Minuten) betreffen.
In der Fragerunde ging Kollar dann noch einmal auf den Gebündelten Bedarfsverkehr (GBV) ein, der Dienste wie Moia und CleverShuttle als eigene Verkehre definiert (ab 1h, 32 Minuten). Er bezweifelt, dass man in dem schmalen Segment zwischen Massentransport ÖPNV und Individualbeförderung Taxi ein gewinnbringendes und nachhaltiges System etablieren kann. Kollar kann sich aber gut vorstellen, dass Taxiunternehmer in Kooperation oder unter der Führung von Taxizentralen solche Pooling-Systeme ebenfalls anbieten können.
Zum Abschluss des knapp zweistündigen Seminars kam dann nochmal Thomas Sell zu Wort – konfrontiert mit der Frage, ob die Telekom das Gewerbe bei der künftig notwendigen Datenbereitstellung unterstützen könne (ab 1h, 39 Min). Hier verriet Sell, dass bereits eine Ausschreibung laufe, bei der sich große Unternehmen bewerben können, Daten zu sammeln und für die behördlichen Strukturen aufzubereiten.
Im Hinblick auf die Taxibranche lasse sich feststellen, dass dort sowieso bereits eine Unmenge von Daten vorhanden sind. Die Branche könne sich überlegen, ob man damit nicht für die Kundenbindung der Fahrgäste oder auch für andere Bereiche einen Mehrwert erzeugen könne. Taxis könnten beispielsweise ein wertvoller Lieferant jener Mobilitätsdaten werden, mit denen sich eine intelligente Verkehrslenkung herstellen lässt. jh
Aktualisierung am 23.6.2021: Der BVTM hat seine Webinar-Reihe zur PBefG-Novelle in vier Regionen aufgeteilt. Zu allen vier Webinaren gibt es eine inhaltliche Zusammenfassung sowie ein Veranstaltervideo.
Schwerpunkt Nord: BVTM informiert zum PBefG (zum Video)
Schwerpunkt West: mit Video und Links auf einzelne PBefG-Erläuterungen
Schwerpunkt Ost: Verhängnisvolle Kann-Regelungen (zum Video)
Schwerpunkt Süd: Gebündelter Bedarfsverkehr als Chance, Tarifkorridor vs. Eichrecht (zum Video)