Beim großen Behördenaustausch in Hamburg informierten Experten für Personenbeförderung die Behördenvertreter über Möglichkeiten, Instrumente aus dem Bundesgesetz wirksam anzuwenden.
Beim zweitägigen Symposium „Taxi und Mietwagen“, das der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. und der Deutsche Städtetag letzte Woche gemeinsam in Hamburg veranstaltet haben, wurden die mit der Novelle der Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) am 1.8.2021 eingeführten Instrumente beleuchtet. Im Publikum saßen rund 85 Teilnehmer, die größtenteils Genehmigungsbehörden in Städten und Landkreisen aus ganz Deutschland gekommen waren, „von Kiel bis zum Bodenseekreis“, wie der BVTM bekanntgab.
Unter der Überschrift „Städte lernen von Städten“ hatten die Veranstalter namhafte Referenten aus Theorie und Praxis engagiert. Schon im Grußwort von Ministerialdirektor Guido Zielke aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) wurde deutlich: Die Regulierung von Taxi und Mietwagen ist kompliziert, das bundesweit geltende PBefG gibt zwar den Rahmen vor, doch was konkret sinnvoll erscheint, liegt weitgehend in der Hand von Städten und Landkreisen.
Zum Thema Mindestbeförderungsentgelte stellte Jörg Kesselring von der Stadt Leipzig vor, wie die Mindestpreise dort bereits in der Praxis angewendet werden. Anders sieht es bei den Themen Festpreise und Tarifkorridor aus: Hier fehlen in Deutschland bislang die Beispiele, auch wenn einige Städte in den Startlöchern stehen und noch im Verlauf des Jahres mit ersten Regelungen zu rechnen ist. Zu dem Thema half der Blick über die Landesgrenzen nach Österreich: Angelika Xaver von der Stadt Wien und Christian Holzhauser von der dortigen Wirtschaftskammer berichteten, wie ein Tarifkorridor, in Österreich Preisband genannt, in der Praxis funktioniert. Sie wurden flankiert von Vorträgen von Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbands, Dr. Hubertus Baumeister von der Kanzlei BBG sowie Alexander Mönch, Präsident des Fahrdienstanbieters Free Now.
Mit großem Interesse verfolgten die Teilnehmer die Ausführungen von Prof. Dr. Matthias Knauff von der Universität Jena, der erstmals das von ihm erstellte Gutachten zu Mindestbeförderungsentgelten für Mietwagen präsentierte. ln seinem Vortrag setzte Knauff die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem ganz aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs und den Zielen des Personenbeförderungsgesetzes in Zusammenhang. Unter dem Strich kommt er zum Ergebnis, dass den Genehmigungsbehörden ein nicht unerheblicher Ermessensspielraum bei der Einführung von Mindestbeförderungsentgelten zukommt. Er betonte die Notwendigkeit, dass die Entscheidung fachlich fundiert, begründet und dokumentiert ist und dass sie dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Verkehrsinteressen in ihrer Gesamtheit dient. Dazu zählt auch, aber nicht nur, der Schutz der Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs. „Wehret den Anfängen“, empfahl er für den Umgang mit den Plattformanbietern, die sich schon länger im Verdrängungskrieg gegen das Taxigewerbe befinden.
BVTM-Präsident Herwig Kollar und Vizepräsident Hermann Waldner griffen Knauffs Appell direkt auf. Sie zeigten in ihren Vorträgen auf, welchen Umsatz ein Mietwagenbetrieb pro Stunde machen müsste, um Mindestlohn, Sozialversicherung und Steuern bezahlen zu können, und unterstrichen damit nochmals die Notwendigkeit, dem DumpingWettbewerb einen Riegel vorzuschieben. Am Beispiel Berlin wurde deutlich, was zu erwarten ist, wenn die Behörden es versäumen, den Anfängen zu wehren. Hier hat ein unfairer Wettbewerb zu einem Taxisterben und einem Wildwuchs an neuen und weitgehend unkontrollierten Fahrdiensten geführt. Festpreise, Tarifkorridor und ein Mindesttarif für Mietwagen seien das Mindeste, was es braucht, um weiter das Taxi als Teil des Mobilitätsangebots zu erhalten.
Eine ganz klare Vision beschrieben die Vorträge von Dr. Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende in Hamburg, sowie Dirk Ritter, Sachgebietsleiter der Hamburger Verkehrsbehörde. Die Vertreter aus der Stadt, die bundesweit für ihre gut funktionierenden Kontrollbehörden beneidet wird, zeigten, wie eine „gestaltende Verwaltung“ das Taxi als Teil des ÖPNV begreift, ihm unter der Überschrift „Zukunftstaxi“ einen Platz in der Mobilitätszukunft zuweist und konkrete Maßnahmen ergreift, um das Gewerbe im Sinne von lnklusivität und Elektrifizierung weiterzuentwickeln. Die Basis: Ein geordneter Gelegenheitsverkehr mit einer Behörde, die hinschaut und handelt.
Das neue Veranstaltungs-Format des BVTM und die Nachfrage der Teilnehmer im Nachgang hat nach Ansicht des Bundesverbandes klar gezeigt: Dies war nicht der letzte Austausch dieser Art – dessen war man sich einig. ar
Beitragsfoto: Christian Holzhauser von der Wirtschaftskammer Wien referiert vor deutschen Behördenmitarbeitern. Foto: BVTM
War denn auch jemand vom LABO Berlin anwesend? Und wenn ja, gab es eine nennenswerte Reaktion?
bestimmt war keiner da. Begründung “ wir haben nicht genug Personal“ 😜
Irrtum: Es waren mehrere Personen aus der Berliner Verkehrsverwaltung in Hamburg dabei.