Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung zum künftigen 12-Euro-Stundenlohn durchläuft derzeit die Anhörungsphase. Daran nimmt auch der Bundesverband Taxi und Mietwagen teil und hat in einem dreiseitigen Statement seine Bedenken geäußert.
Nach dem Willen der Ampel-Regierung soll der gesetzliche Mindestlohn zum Oktober auf zwölf Euro steigen. Gleichzeitig ist eine Anpassung der geringfügigen Beschäftigung geplant. Zu beiden Reformen liegen Gesetzentwürfe aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vor, zu denen sich im Rahmen der öffentlichen Verbändeanhörung nun auch der Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) geäußert hat.
Beide Reformen werden sich „unmittelbar und massiv auf unser Gewerbe auswirken“, ist sich der Taxiverband sicher. Er verweist auf die Besonderheit der Branche, wonach eine Mindestlohnvergütung auch während der Bereitstellungs-/Standzeiten geleistet werden muss. In Kombination mit der fortdauernden COVID-19-Krise stelle die sprunghafte Erhöhung des Mindestlohns das Gewerbe vor eine momentan nicht leistbare Herausforderung.
Im Hinblick auf die geplante Gültigkeit zum 1. Oktober 2022 verweist der BVTM darauf, dass die Taxitarife und Krankenkassenverträge „nicht in der gleichen Geschwindigkeit verhandel- und anpassbar sind.“ Der Taxiverband empfiehlt daher eine Fristverschiebung vom Oktober 2022 auf April 2023. Diese könne auch branchenbezogen vorgenommen werden.
Neben dem zeitlichen Aufschub regt der Bundesverband auch eine öffentliche Teilfinanzierung des Taxis an. Was damit gemeint ist, erläutert BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann gegenüber Taxi Times: „im Zuge der PBefG-Novelle wurde im Regionalisierungsmittelgesetz klargestellt, dass Taxis Teil des ÖPNV sind. Das Regionalisierungsmittelgesetz ist ein Geldverteilungsgesetz, das Bundesmittel an die Länder gibt, damit die angemessenen ÖPNV und Infrastruktur hinstellen. Wo sich das Taxi aus sich heraus nicht trägt, ist es also mehr als angemessen, eine entsprechende Finanzierung bereitzustellen. Bislang gibt es dafür noch keine Blaupause, aber wir werden im ersten Halbjahr Vorschläge dazu vorstellen. Denkbar sind beispielsweise Zuschüsse für unwirtschaftliche Bereitschaftszeiten oder eine Subventionierung des Tarifs. Das Taxi ist ÖPNV und muss deshalb auch an der ÖPNV-Finanzierung partizipieren.“
Laut BVTM hätte die Bundesregierung hier also ein starkes und erlässliches Instrument zur Hand, die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, die eine Erwirtschaftung des Mindestlohns auch ermöglichen.
Lesen Sie dazu auch: Das Statement des BVTM zu den geplanten Änderungen bei der geringfügigen Beschäftigung
Beitragsfoto: Pixabay; Montage Taxi Times
Uber 12,- €/Std-Mindestlohn lachen meine Fahrer. Bei deren Einsatz und Verantwortung haben sie auch derzeit ohnehin schon deutlich mehr netto in der Tasche. Da ich als Mietwagenunternehmer auch das Trinkgeld voll an die Chauffeure durchreiche, bieten Sie auch mehr Service und machen mit Freude und Elan ihre Arbeit. Es gilt schon immer: „Wer sich anstrengt verdient meistens nicht gut – wer gut verdient, strengt sich gerne an!
Was soll das werden? Ein zeitlicher Aufschub zur Rettung eines Gewerbes? Für notleidende Unternehmer, die bis heute nicht gelernt haben Tarife regelmäßig und vorausschauend anzupassen – geschweige denn zu kalkulieren?
Der Mindestlohn hat selbst in seiner 12-Euro-Ausdehnung kaum ein schmackhaftes Aroma sondern sichert aktuell lediglich einen Mindeststandard an Leben/Überleben von arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – gerade jetzt, wo wir den Begriff Inflation schon mal am Brotregal und an der Tankstelle hautnah erleben dürfen.
Wer nach wie vor die Zeit seiner Mitarbeiter(innen) kalkulatorisch in Bereitschaft und Arbeitszeit unterteilt, kann absehen, wann er seine Fahrzeuge selbst bewegen darf. Es kommt der Tag an dem auch der letzte (Früh-) Rentner sich „was Vernünftiges“ gesucht hat.
Der fragwürdige Umgang der Unternehmer(innen) untereinander – insbesondere im Umgang mit den Krankenkassen, Apps (Free Now, Uber…) hat viele Unternehmen in nicht so schöne Ecken geschoben, aus denen sie jetzt absehbar kaum mehr rauskommen. So ist der Markt – selbst für den ÖPNV! Wenn der Ideenreichtum unserer Verbände sich nun lediglich darauf beschränkt finanzielle Enthaltsamkeit von all denen einzufordern, die sowieso kaum über die Runden kommen und auf der anderen Seite nach Subventionen für Fahrzeuge ruft, ändert an unseren Problemen nichts.
Ich hoffe auf etwas mehr Leistung von einem BVTM-Geschäftsführer als diese doch recht schwache 3-seitige Ausführung im Rahmen einer Anhörung. Es soll reichen, daß Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Gewerbe arbeiten. Sie sollen und können es nicht retten!
Es ist – und das soll keine Entschuldigung sein – halt ein Unternehmerverband, der offensichtlich – aus Arbeitnehmersicht – die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt hat. Denn: Welchen Eindruck hinterlässt die Forderung einer Aussetzung der Mindestlohnerhöhung bei politischen Entscheidern, die sich ebendiese Erhöhung auf die Fahne geschrieben haben? Zumal die Begründungen (bspw Tarifanpassungen zeitlich nicht darstellbar, Besonderheit des Taxigewerbes – ist das wirklich ernst gemeint? -Bereitschaftszeit vergüten zu müssen) einer Selbstverzwergung gleich kommen. Herr Gruber und Herr Hansen haben recht: Wie fassungslos müssen erst die Angestellten sein, wenn diese Bedenken des Verbandes umgesetzt werden würden?
Nachvollziehbar allerdings ist die Forderung, stärker von den finanziellen Fleischtöpfen der öffentlichen Hand zu profitieren. Da scheint viel Geld vorhanden zu sein, wie On-Demand Projekte immer wieder zeigen. Doch man sollte auch hier angemessen konstruktiv, innovativ und durchaus defensiv auftreten. Wohlwissend, dass das Taxigewerbe ja schon durch den Status als Teil des ÖPNVs subventioniert wird. Und dieser Status erscheint mir nicht in Stein gemeißelt.