Zum Abschluss der heutigen Taxi Driving Innovation des Taxi-Bundesverbands kamen die wichtigsten deutschen Verkehrspolitiker zu Wort. Verkehrsminister Andreas Scheuer wandte sich dabei mit einer kurzen Rede direkt an das Taxigewerbe. Anschließend diskutierten die drei PBefG-Experten der CDU, der SPD und der Grünen.
Jeder wisse, dass Taxis unverzichtbare Allrounder im öffentlichen Verkehr seien, begann Andreas Scheuer seine im Vorfeld aufgezeichnete Ansprache an die Teilnehmer des digitalen Tagesseminars. Er skizzierte die großen Herausforderungen der Branche, zum einen wegen Corona, zum anderen im Hinblick auf die PBefG-Novelle.
In der Corona-Pandemie sehe man deutlich, dass Dienste rund um das Taxi benötigt werden, neben der Personenbeförderung treffe das auch für Einkaufsfahrten, Medikamente oder Paketlieferungen zu. Dieser Dienst sei gerade für ältere Menschen sehr wichtig und Scheuer bedankte sich beim Taxigewerbe für den Einsatz.
Schnell sei während der Pandemie klar geworden, dass bei allen Verkehrsmitteln die Sicherheit für die Fahrgäste und die Mitarbeiter erhöht werden müsse. Scheuer verwies in diesem Zusammenhang auf die Förderung seines Ministeriums von Trennschutzeinrichtungen mit einem Volumen von 4,5 Millionen Euro. Das Verkehrsministerium habe 1.900 Anträge für rund 10.500 Fahrzeuge bewilligt.
Mit den Corona-Maßnahmen gestalte man die Gegenwart, führte Scheuer weiter aus. Bei der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) gehe es dagegen um die Zukunft. „Wir modernisieren es und passen es dem digitalen Fortschritt an, um eine gute Plattform für Mobilitätsdienste zu ermöglichen“, sagte Scheuer.
Der Verkehrsminister nannte die Inhalte der Novelle einen Kompromiss, eine Einschätzung, die später in der Diskussion auch die Verkehrsexperten der CDU, SPD und Grünen wiederholten. Im Mittelpunkt der Novelle stehen die Pooling-Dienste. „An der Schnittstelle zwischen Individualverkehr und ÖPNV sehe ich in ihnen einen wichtigen Mosaikstein für eine bedarfsgerechte saubere Mobilität“ führte Scheuer aus, weil durch Pooling weniger Verkehr verursacht wird und solche Dienste darüber hinaus die Anbindung des ländlichen Raums verbessern würden.
Die konträren und vielfältigen Erwartungen waren für Scheuer nicht überraschend. Dies sei auch der Grund gewesen für die Bildung einer Findungskommission, die alle Facetten beleuchtet und alle politischen Entscheidungsträger aus Bund und Ländern, aus Koalition und Opposition an einen Tisch geholt habe. „Wichtig dabei: Das Taxi muss funktions- und wettbewerbsfähig bleiben und darf keinen Schaden nehmen“, formulierte Scheuer das Ziel der Arbeit der Findungskommission, die mit der Vorlage der elf Eckpunkte im Juni beendet war.
Auf der Grundlage dieser Eckpunkte habe sein Ministerium nun einen Referentenwurf erarbeitet, der sich nun in der Abstimmung mit den anderen Resorts, den Ländern und mit den Verbänden befinde. Scheuer erneuerte die Zielsetzung, dass man das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschieden wolle. „Damit machen wir den Verkehr digitaler und attraktiver und zugleich bewahren wir den Taxiverkehr als wichtigen Teil der Daseinsvorsorge“, bilanziert der Bundesverkehrsminister und wendet sich anschließend ganz persönlich an die Taxifahrerinnen und Taxifahrer. „Sie können sicher sein, wir wissen, was wir an Ihnen haben.“
Im Anschluss an die aufgezeichnete Rede wechselte das Webinar in die Life-Diskussion, an der neben Michael Oppermann, dem Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM), noch Michael Donth von der CDU, Stefan Gelbhaar von den Grünen und Detlef Müller von der SPD teilnahmen. Alle drei sind Abgeordnete des Deutschen Bundestags und innerhalb ihrer Partei die führenden PBefG-Spezialisten.
Während des knapp einstündigen Talks stand natürlich der aktuelle Referentenentwurf zur PBefG-Novelle im Vordergrund. Er befindet sich derzeit in der Abstimmung mit den Ressorts und den Fraktionen und in der Anhördung mit den Verbänden. Hier machten alle Beteiligten klar, dass sie diese Phase noch für den Feinschliff am Entwurf nutzen wollen. Michael Oppermann vom BVTM sieht beispielsweise den jetzigen Entwurf als noch lange nicht fertig und mahnt einen erheblichen Nachsteuerungsbedarf sowohl in der Ausrichtung als auch in der handwerklichen Ausgestaltung an.
Gelbhaar kündigte einen Streit um Worte und Buchstaben an. Er sieht in dem Entwurf eine gute Fortentwicklung zu den Eckpunkten und erinnerte in diesem Zusammenhang nochmal an die Anfänge, als es vom Ansatz scheinbar nur um eine Uber-Legalisierung gegangen war. Davon sei man mittlerweile weg. Insgesamt sieht der Grünen-Politiker allerdings noch zu viele Passagen, die lediglich mit „Können oder Dürfen“ ausgestaltet seien, vor allem dort, wo die Kommunen mehr Regulierungskompetenz erhalten sollen. Jene Kommunen, die ja schon jetzt über zu wenig Personal verfügen.
Müller und Donth dagegen begrüßten die Stärkung der Kommunen ausdrücklich. Diesen sei damit jene Rechtssicherheit gegeben, auf die man – vor allem im (groß-) städtischen Bereich – sehnlichst warten würde. Für Müller allerdings würde die Diskussion um die Novelle zu sehr durch die Brille der Ballungszentren gesehen. Es sei aber der große Anspruch der Neuregelung, alle Bereiche abzudecken. Das Taxi auf dem Land ebenso wie in den Kleinstädten wie Paderborn und Co.
Nach Donths Ansicht sei dies mit dem jetzigen Entwurf gelungen, denn die Kommunen könnten nun ihre jeweils unterschiedlichen Begebenheiten bei der lokalen Regulierung berücksichtigen. Die einen könnten verkehrstechnisch eingreifen, um ihre Klimaschutzziele besser umzusetzen, bei anderen liege der Schwerpunkt darauf, die Versorgung zu garantieren, indem man künftig auch das Taxi besser und sogar förderbar in ÖPNV-Angebote integriere.
Hinsichtlich des aktuellen Kontrolldefizit zahlreicher Behörden bei taxiähnlichen Mietwagenverkehren betonte Donth, dass man mit der vorgesehenen Kennzeichnungspflicht für Mietwagen und Pooling-Fahrzeuge ein Instrument schaffen werde, dass Kontrollen auf der Straße künftig erleichtere. Oppermann sprach in diesem Zusammenhang auch die vom Verband geforderte Vorbestellfrist für Mietwagen an, die bisher explizit ausgeschlossen wurde. Erstmals gab hier allerdings ein Politiker zu erkennen (Stefan Gelbhaar), dass er sich das als Mittel vorstellen kann, das Genehmigungsbehörden im Zuge ihrer neuen Regelungskompetenz einsetzen könnten. Speziell diejenigen, die aktuell mit Kontrollen der Rückkehrpflicht überfordert seien.
Gegen Ende der Diskussion gingen die Politiker dann auch noch kurz auf die Coronakrise ein. Detlef Müller betonte dabei, dass ihm – unter anderem aufgrund zahlreicher E-Mails betroffener Unternehmen – die aktuellen Existenznöte der Taxibranche sehr wohl bekannt seien. Er plädierte dafür, dass auch dem Taxigewerbe als mittelbar Betroffene der Zugang zu den Novemberhilfen gewährt wird. Oppermann griff den Ball auf und ermahnte, dass dies eine hohe Dringlichkeit habe. jh
Weitere Themen der Veranstaltung Taxi Driving Innovation:
Zukunft Taxi – Emissionsfrei & Digital
Mehr Mobilität oder mehr Verkehr?
Ubers unsoziale Algorithmus-Anwendungen in der Diskussion
Rückkehrpflicht könnte eventuell wegfallen wenn hierfür eine Vorbestellfrist für Mietwagen eingeführt werden würde ..dieses geht aber nur einher mit einer Kennzeichnungspflicht & den Einbau eines Fiskal-Wegstreckenzählers für Mietwagen ..ansonsten kann das reguläre Abgaben Abführende Taxi nicht ggü. diese Subventionierten Konkurrenten überleben..
Man muss auch zwischen Free now und uber unterscheiden!! Die Fahrer beziehen von beiden Plattformen Aufträge wodurch eine Vorbestellet Frist in der Hinsicht nicht wirklich klappen dürfte. Darüber hinaus bekommen die fahre über Free now auch Anschluss Touren wo durch die nicht nach dem Auftrag nicht zurück fahren müssen.
-„Sie können sicher sein, wir wissen, was wir an Ihnen haben.“ – Das klingt wie ein schlechter Scherz nachdem man das PbefG so aufgeweicht hat, dass wohl keine Behörde mehr in der Lage ist die Rückkehrpflicht zu kontrollieren.
Die zunehmende Mietwagenschwämme in den Großstädten ist auch alles andere als fortschrittlich und umweltfreundlich.