Nachdem der Landkreis die Preise für Taxifahrten am 1. Mai 2022 teils heftig erhöht hatte, werden sie nun für Fahrten im Großraumtaxi wieder gesenkt. Das war von vornherein geplant.
Viele Taxitarife von vor 2021 haben ausgedient: Keine Kostendeckung mehr möglich – so sahen es auch die Taxibetriebe im Zentrum Schleswig-Holsteins. Nachdem der Tarif des Kreises Rendsburg-Eckernförde vom Jahresanfang 2020 mit einem Grundpreis von 3,50 Euro und einem Kilometerpreis von 1,75 Euro ab dem siebten Kilometer (tagsüber für bis zu sechs Personen) nicht mehr mit Kostensteigerungen für Kraftstoff, Mindestlohn usw. hatte mithalten können, hatte der Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe Schleswig-Holstein e. V. mit Unterstützung des Unternehmensverbandes Nord e. V. eine deutliche Erhöhung des Taxitarifs beim Landratsamt beantragt. Wie Taxiunternehmer Adalbert Bogalski, der im Landesverband als Obmann des Kreises fungiert, gegenüber Taxi Times berichtet, wurde dem Antrag auf einer Sondersitzung des Regionalentwicklungsausschusses des Kreises einstimmig zugestimmt.
Der Tarif in dem Landkreis ist sehr kleinteilig. Im Unterschied zu vielen anderen Tarifen wird die Beförderung im Großraumtaxi hier nicht mit einem pauschalen Zuschlag vergütet, sondern es gibt getrennte Tarife für Fahrten mit bis zu sechs Personen einerseits und Fahrten mit sieben oder acht Personen andererseits. Da alle Grund- und Kilometerpreise auch nach Zeit gestaffelt sind (einmal montags bis samstags von 6 bis 23 Uhr und einmal nachts/sonntags/feiertags), gibt es in dem Landkreis praktisch vier verschiedene Tarife. Hinzu kommen Degressionsstufen: früher zwei (bei Kilometer 3,0 und 6,0), heute immerhin noch eine (bei Kilometer 6,0) in jedem der vier Segmente. Nur Anfahrt und Wartezeit kosten zu jeder Zeit und bei jeder Personenanzahl das gleiche.
Um die im März 2022 explodierten Kraftstoffpreise zu kompensieren und auch die Betreiber der eher schlecht ausgelasteten Großraumfahrzeuge zu entlasten, war man beim Antrag nicht zurückhaltend vorgegangen. Die Grundpreise in den vier Segmenten sollten um 32 bis 43 Prozent steigen, die Kilometerpreise um 7 bis 21 Prozent. Die Preise für zehn Kilometer lange Fahrten würden damit um 14 bis 22 Prozent steigen.
Der Tarif wurde schnell ohne Einwände durchgewinkt. Sein Inkrafttreten verzögerte sich dann durch die Eichbehörde. Am 1. Mai 2022 trat er in Kraft. Er war von vornherein auf eine Geltungsdauer von acht Monaten ausgelegt, da man damit rechnete, dass die extrem hohen Kraftstoffpreise kein Dauerzustand sein würden. Es war also bereits geplant, den Tarif zum Jahreswechsel erneut anzupassen, und zwar nicht zwingend an allen Stellen nach oben, sondern gegebenenfalls auch nach unten.
So kam es dann auch. Bei Fahrten mit bis zu sechs Personen wurden die Grundpreise, die im Mai um jeweils 1,50 Euro erhöht worden waren, jetzt nicht noch einmal verändert. Die Kilometerpreise wurden auf den ersten Kilometern nochmals erhöht, ab dem siebten Kilometer blieben sie tagsüber unverändert und wurden nachts sogar um knapp zehn Prozent gesenkt. Bei Fahrten mit sieben und acht Personen, für die echte Großraumfahrzeuge nötig sind, wurden sämtliche Grund- und Kilometerpreise jetzt gesenkt: die Grundpreise um 50 bis 70 Cent, die Kilometerpreise auf den ersten sechs Kilometern um 30 bis 70 Cent.
Auch der Preis für Wartezeit wurde erst erhöht und jetzt wieder gesenkt. Am 1. Mai 2022 stieg die Warteminute um ein Drittel von 60 auf 80 Cent. In der Silvesternacht zum 1. Januar 2023 fiel sie um ein Achtel auf 70 Cent.
Drastisch war auch das Auf und Ab beim Kilometerpreis für die Anfahrt bei Fahrten, die komplett außerhalb der jeweiligen Betriebssitzgemeinde verlaufen: Während der Kilometer im „alten“ Tarif pauschal mit 1,50 Euro berechnet wurde, hieß es in der Interims-Tarifverordnung: „Für die Anfahrt außerhalb der Betriebssitzgemeinde kann […] entsprechende Kilometerpreis gemäß § 2 Nr. 1 und 2 dieser Verordnung erhoben werden.“ Mit anderen Worten: Der Anfahrt-Kilometer wurde genau wie der Besetzt-Kilometer berechnet, also je nach Tageszeit und Personenanzahl mit 1,90 bis 3,30 Euro. Der Kilometerpreis für die Anfahrt zu einer sieben- bis achtköpfigen Passagiergruppe bei Nacht stieg damit für die ersten drei Kilometer um 120 Prozent (von 1,50 auf 3,30 Euro). Diese unverhältnismäßige Preissteigerung wurde nun mit der erneuten Tarifanpassung wieder auf ein übliches Niveau gebracht: Der Kilometerpreis für die Anfahrt bei Fahrten komplett außerhalb der jeweiligen Betriebssitzgemeinde liegt jetzt bei pauschal 1,70 Euro.
Eine weitere Besonderheit des Tarifs im Landkreis ist das „Fehlen“ einer Bezifferung jeglicher Zuschläge. Stattdessen heißt es nach wie vor: „Eine vom Fahrgast verlangte besondere Ausstattung der Taxe kann entsprechend den Aufwendungen berechnet werden.“ Das ermöglicht ein individuelles Aushandeln von Fahrpreisen mit Krankenkassen, etwa für die Beförderung von im Rollstuhl sitzenden Personen.
Offiziell ist der neue Tarif in der Silvesternacht in Kraft getreten. In der Praxis wird die Umstellung der Taxameter laut Adalbert Bogalski noch einige Tage oder sogar Wochen dauern – wegen Personalknappheit bei der Landeseichbehörde, die den Tarif mit absegnen muss.
Eine ausführliche Tabelle mit sämtlichen Zahlen finden Sie in unserer deutschlandweiten Tarifübersicht. ar
Beitragsfoto: Pixabay (Erich Westendarp)