Der aktuelle Entwurf eines „Anwendererlasses“ aus dem Bundesfinanzministerium zeigt abermals, dass die Aufnahme der Taxameter in die Kassensicherungsverordnung theoretisch sinnvoll sein mag, aber in der praktischen Umsetzung von behördlicher Unkenntnis geprägt ist.
Ein Kommentar von Remmer Witte
Vor ein paar Wochen wurde die Aufnahme der Taxameter in die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) mit Wirkung zum Januar 2024 endgültig verabschiedet. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Entwurf eines weiteren diesbezüglich geplanten „Anwendererlass“ veröffentlicht, der ab 2026 gültig sein soll und zusätzliche Absicherungen für einen so genannten Notfallbetreib verlangt, weil die Technik ja mal ausfallen könnte.
Für die Taxibranche bedeutet dies: Taxameterhersteller und Taxi- und Mietwagenunternehmen sind hier wieder einmal ausgebremst. Sie wissen nicht, wie und mit welcher Technik es für sie weitergehen kann. Insbesondere diejenigen, die schon zu Beginn der never-ending-story mit der KassenSichV vermeintlich geeignete Technik zum Einsatz bringen wollten, müssen nun wieder zittern, ob sie ihr Geld nicht doch aus dem Fenster geworfen haben.
Die Historie zum Thema: Es war einmal ein Finanzministerium (BMF), das hatte die Idee, dass ein Taxameter zur Registrierkasse werden könne. Dabei ist der Taxameter doch eigentlich nur ein geeichtes Messgerät für eine zurückgelegte Wegstrecke, welches einen Fahrpreis gemäß einer lokalen Tarifordnung errechnet. Das allein macht allerdings noch keinen Umsatznachweis aus. Vielmehr setzen sich die Einnahmen eines Taxiunternehmens nicht nur aus Taxameter-Fahrten, sondern zusätzlich auch aus anderen Fahrpreisen zusammen. Das Taxigewerbe weist drauf seit Jahren hin, doch im Finanzministerium scheint diese Botschaft nicht anzukommen (vielleicht sollte man dort auch mal intensiver „Taxi Times lesen!).
Ja, in den Metropolen, da werden tatsächlich wohl fast alle Fahrten nach Taxameter abgerechnet, das ist richtig, aber im Rest der Republik? Da sind es vielfach nur fünfzig Prozent oder auch sogar noch viel weniger, je nachdem ob Krankenfahrten nach Taxameter oder nach Sondervereinbarung abgerechnet werden.
Im Umfeld eben einer solchen Metropole, nämlich Hamburg, hatte sich schon vor längerer Zeit ein System namens INSIKA etabliert, welches die Taxameterdaten so signieren kann, dass die Datensätze aus den Taxametern unveränderbar gespeichert werden. In Anerkennung dieser erfolgreichen Bemühungen, der Branche den Grauschleier zu entreißen, sollten nach dem Willen des Finanzministeriums zukünftig alle Taxameter über TSE-Signiereinheiten verfügen, die Taxameterdaten unveränderbar speichern. TSE steht für technische Sicherungseinrichtung.
Demzufolge hatten verschiedene Taxameterhersteller in der Zwischenzeit Geräte entwickelt, die den technischen Ansprüchen von INSIKA genügen konnten. Allein das Finanzministerium zögerte und stellte zwischenzeitlich in den Raum, dass auch das INSIKA-System möglichweise nicht sicher genug sei. Daraufhin entwickelte sich auch INSIKA weiter, konnte allerdings die Bedürfnisse der Finanzbehörden trotzdem nicht befriedigen – das Finanzministerium zögerte weiter.
Aufgrund dieser Unklarheiten gaben einige Taxameterhersteller mit innovativer, aber teurer Technik zwischenzeitlich auf und programmierten keine Updates mehr. Sie konnten aufgrund der Unsicherheit am Markt kaum noch Geräte verkaufen und passten sich daher auch nicht mehr den neuen INSIKA-Standards an. Mit der Folge, dass ehemals als insikafähige gekaufte Geräte heute nicht mehr insikafähig sind. So zerschießt das Bundesfinanzministerium seinen eignen Anspruch, vom Taxigewerbe manipulationssichere Umsatzdaten zu erhalten.
Gleichzeitig verpflichtet der Gesetzgeber – initiiert vom BMF – die Taxi- und Mietwagenbranche, ab 2024 ausschließlich TSE-geeignete Taxameter und Wegstreckenzähler einzusetzen. Die exakten technischen Anforderungen für diese Technik stehen allerdings nach wie vor in den Sternen. Die inzwischen zumindest in Hamburg und Berlin verbreitete INSIKA-Technik hat dann in jedem Fall ausgedient und Taxameter sollen zukünftig nach Registrierkassen-Regeln behandelt werden – ohne solche zu sein.
Da ist es nur ein schwacher Trost, dass diejenigen Taxibetriebe, die schon vor 2022 über Taxameter mit INSIKA-Technik verfügten, diese Technik noch bis Ende 2027 nutzen dürfen. Warum? Weil diese Fristverlängerung durch den jetzigen Vorschlag eines Anwendererlasses möglicherweise wertlos wird: Geht dieser durch, bleiben diese Systeme nur nutzbar, wenn sie gleichzeitig über ausreichende lokale Datenspeicher verfügen. Das heißt: Es müssen die zum Jahreswechsel 2021/22 geupdateten aber angeblich immer noch unsicheren INSIKA-Karten zur Signierung cloudgespeicherter Daten eingesetzt werden und es muss zusätzlich die Option zur lokalen ebenfalls signierten Datenspeicherung gewährleistet sein. Und es ist wohl endlich an der Zeit, erst mal den Begriff „Fiskaltaxameter“ als solchen zu definieren, anstatt immer nur um den heißen Brei herumzustrolchen.
Eine Nachfrage des Verfassers beim BMF ergab folgende Antwort: „§ 9 KassenSichV greift jedoch nur, wenn das INSIKA-System tatsächlich angewendet wird und somit der rudimentäre Schutz der Daten durch das INSIKA-System gewährleistet wird“. Da stellt sich dann doch die Frage, warum Daten, die nur einen Teil der Einnahmerealität abbilden, zwingend „zumindest rudimentär“ geschützt werden müssen, warum es allerdings als irrelevant betrachtet wird, ob digitale Einzelaufzeichnungen existieren, welche die kompletten Real-Einnahmen abbilden. Die vom BMF propagierte Technologieroffenheit geht wohl anders.
Auch auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: Ein Taxameter kann nicht gleichzeitig ein Messgerät und eine Registrierkasse sein, weil das Gerät nur einen einzigen vorgegebenen Tarif abrechnen darf, damit Gelegenheitskunden sich auf eine korrekte Fahrpreisermittlung verlassen dürfen. Hätten die verantwortlichen Finanzpolitiker und die ministerialen Sachbearbeiter vor knapp einem Jahrzehnt auf die damals vorliegenden nachhaltigen Erklärungen reagiert, dann wäre allen Beteiligten viel Arbeit erspart geblieben. (Hier muss sich die Branche allerdings auch an die eigene Nase fassen, denn die schon erwähnte Großstadtbrille hat leider innerhalb des Gewerbes Tradition).
Folglich hat das Taxigewerbe jetzt eine Registrierkassenpflicht, die nur Gurken abrechnen kann, obwohl das Gewerbe – zumindest außerhalb der Metropolen einiges mehr als nur Gurken verkaufen will und darf (Krankenfahrten, Schülerfahrten, Kurierfahren, Fernfahrten, etc.) und – gemäß neuem PBefG – vielleicht ja auch noch Tarifkorridore mit entsprechenden variablen Festpreisen in das System integrieren muss.
Die großstädtische Gurkenkasse aber soll auch zukünftig absolut unmanipulierbar nur Gurken zählen (außer natürlich, die Gurkenzählmaschine wurde vom Fahrer oder der Fahrerin im Einzelfall nicht aktiviert, denn eichbare Sitzkontakte gibt es ja leider immer noch nicht). Und wie die Landeier außerhalb der Metropolen dann ihr anderes Gemüse (s.o.) abrechnen, bleibt ihnen überlassen.
So weit so gut, aber wenn das Finanzamt dann bei einer Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass neben Gurken vielleicht auch Möhren verkauft wurden, steht das Wort Schätzung sehr schnell ganz groß im Raum. Und wer zukünftig nicht über die neueste Gurkenzählmaschine verfügt, verstößt möglicherweise strafbewehrt gegen eine Verordnung, die vielfach überhaupt keinen Sinn für den Betrieb macht. Um im Bild zu bleiben: Der Versuch aus dem BMF, Taxameter in die KassenSichV aufzunehmen, ist nach wie vor ein praxisfremdes „Gegurke“.
Und die Moral von der Geschichte? Es ist bestimmt wünschenswert, wenn Taxi- und Mietwagenunternehmen zu fairen Bedingungen miteinander konkurrieren und sich weiterentwickeln. Dafür bedarf es aber klarer staatlicher Vorgaben zur Steuerpflicht, die auch durchsetzbar sind. Wenn diese Vorgaben sich allerdings völlig an der Gewerberealität vorbei entwickeln und gleichzeitig technische Lösungen, die jüngst noch als vorbildlich galten, nunmehr Elektroschrott sind, werden die Selbstreinigungskräfte des Gewerbes wohl völlig sinnlos untergraben. rw
Beitragsfoto: Taxi Times
Insika ist doch jetzt schon tot, da schon heute nicht immer gewährleistet ist, dass der korrekte Umsatzsteuersatz erfasst und ausgegeben wird.
Da mit dem 1.1.2024 nicht nur die TSE kommt sondern auch die Belegausgabepflicht, wird man um einen Beleg-Drucker eh nicht herumkommen.
Das Problem ist doch im Grunde, dass es bis heute kein kombigerät aus Taxameter und Kasse(mit tse u drucket) gibt.
Danke für Ihren Kommentar. Unser freier Autor Remmer EWitte hat dazu folgende Anmerkung: es gibt durchaus solche Kombigeräte mit intergriertem Drucker, beispielsweise den insikafähigen TXD70 von Taxitronic.
Zum anderen: für den korrekten Umsatzsteuersatz wird es nie einen Algorithmus geben können, da die exakte Definition des 50-km-Umkreis stets unklar bleiben muss (Luftline, Googlefahrstrecke oder Fahrstrecke, nur Hinfahrt oder auch Hin- und Rückfahrt, heute 7%, morgen 19%, weil der Fahrer heute nen Umweg gefahren ist oder an einer Baustelle hängengeblieben ist…) und im Gegensatz dazu aber auch kurze Kurierfahrten, die zum vollen Mehrwertsteuersatz abzurechnen sind. Das Krankenfahrturteil hat belegt, dass dieselbe Leistung auch gleich besteuert werden muss, also muss die Fahrt heute gleich zu der morgen besteuert werden und so mü ssen wohl Google oder die Luftlinie entscheiden, nicht aber der kartenblinde Taxameter. Und insofern wird es letztendlich auch immer eine unternehmerische Entscheidung bleiben, welcher Mehrwertsteuersatz anzuwenden ist und diese Entscheidung muss dann eben ggf. einer BP standhalten. Automatisch geht nicht und wird nie gehen, auch wenn das Finanzministerium und auch andere Protagonisten sich das so sehr wünschen würden.
Sie haben natürlich recht, automatisch geht da nix. Das habe ich auch nicht wirklich behauptet.
Die Krux ist doch, der Umsatzsteuersatz muß bei Fahrtende und vor dem Abkassieren korrekt hinterlegt werden. Das ist mit den derzeitigen Taxameter nicht möglich, da derzeit eichrechtlich unzulässig.
Insofern wäre der Beleg beim Insika-System (ohne TSE-Update) sachlich falsch und somit nicht mehr einsetzbar, sofern man seine Buchführung korrekt gestalten will.
Im Übrigen hat Kienzle erneut mir bestätigt, es kommt keine TSE beim T21s und damit ist der Taxameter meines Erachtens am Ende seines Lebenszyklus.
Mir ist nicht ganz klar, worauf du letztlich hinaus möchtest. Es gibt so einige Dinge, die niemals korrekt dokumentiert werden. Tatsache ist jedenfalls, dass Fahrten ab 50 km als 19 %-Fahrt automatisch gebucht werden. Beim Quittungsdruck wird das korrekt ausgewiesen. Wenn es trotz 50 km Überschreitung keine 19 % Fahrt sein sollte, kann der Nutzer das zum einen direkt am Taxameter ändern (HALE MT05 im Status „Kasse“) oder in der Nachbearbeitung im Online-Portal.
Die Nachbearbeitung online ist zu spät, jeder Taxameter müsste bei Kasse-Stellung alle 3 Steuersätze zur Wahl anbieten, 0%, 7% und 19%.
Wenn das Hale-insika System das macht – fein, wenn nicht, ist es problematisch und die Fristverlängerung Augenwischerei.
Alle anderen müssen eh schauen was passiert, zukünftig müssen eigenanteile und festpreisfahrten in die taxameterkasse eingeben werden können und noch paar andere Dinge. Das wird noch ein ganz großer Spaß.
Man baut derzeit Geräte für 1000 Euro ein und in 15 Monaten sind sie Alteisen.
Ab Hale MT05 können 7 und 19 % gebucht werden. Das ist unabhängig von INSIKA.
0 % sind bei mir jetzt seit 1995 noch nicht vorgekommen.
Aber, ich gebe dir insofern recht, dass man ein derzeitiges Taxameter nicht als vernünftiges Kassensystem verwenden kann. Die Bezahlvorgänge sind für ein Taxameter mittlerweile viel zu komplex. Deshalb muss die Nachbearbeitung immer erlaubt bleiben.
Die 0% haste ja nur bei rollstuhlfahrten mit Rampe.
Spätestens Ab 1.1.24 sind Taxameter messwertverarbeitende Kassensysteme.
Eine Nachbearbeitung ist nur bis zum nächsten geschäftsvorfall ok, danach ein Verstoß gegen die Regeln und Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung.
Autorenkommentar: „bei Kasse-Stellung alle 3 Steuersätze zur Wahl, 0%, 7% und 19%“ – ist kein Hexenwerk und beim abgebildeten TXD70 ist diese Funktion genauso enthalten.
Das ist ja schön, Kienzle Taxameter bieten das mit dem Verweis aufs Eichrecht nicht an.