Als kürzlich ein ICE in der 34.000-Einwohner-Stadt Uelzen liegen blieb, wo nur eine Handvoll Taxis stand, wurden typische Probleme der Taxibranche außerhalb der Großstädte offenbar.
Dass in ländlichen Regionen das Taxigewerbe nicht flexibel auf ein kurzfristiges Nachfragehoch reagieren kann, zeigt sich an Beispielen wie dem Oktoberfest in der Hansestadt Uelzen: Wer mit dem Taxi vom Festplatz nach Hause fahren wollte, musste teils lange warten. Über diese und noch außergewöhnlichere Begebenheiten berichtete diese Woche „AZ Online“, das gemeinsame Online-Portal von Allgemeiner Zeitung, Altmark-Zeitung und Isenhagener Kreisblatt.
So blieb vor einem Monat abends um 23.30 Uhr ein ICE mit 480 Passagieren auf dem Weg von München über Berlin nach Hamburg-Altona in Uelzen liegen. Normalerweise fährt er gar nicht über Uelzen, doch momentan ist ein Abschnitt zwischen Berlin und Hamburg wegen Bauarbeiten gesperrt. Da leider auch der Abschnitt zwischen Uelzen und Hannover, Teil der ICE-Verbindung Hamburg–Hannover, gesperrt war, strandeten an jenem Abend über 900 Personen in dem niedersächsischen Kreisstädtchen. Viele wollten sich angesichts der späten Uhrzeit eine Weiter- bzw. Heimfahrt mit dem Taxi gönnen.
Im Landkreis Uelzen mit seinen 95.000 Einwohnern sind ganze 30 Taxis konzessioniert, davon 8 in Bad Bevensen, 22 in Uelzen und in den restlichen 25 Gemeinden gar keins. Am Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen standen vorne am Haupteingang nur wenige Taxis, am ZOB an der Bahnhofsrückseite keins. Die nächsten Großstädte, aus denen theoretisch Taxis in größerer Anzahl für Bahngutschein-Fahrten hätten kommen können, liegen viel zu weit entfernt (Wolfsburg 70, Braunschweig 80, Hannover und Hamburg 90 km). Von etwaigem kurzfristig organisierten Ersatzverkehr mit Bussen durch die Deutsche Bahn ist in der Online-Meldung keine Rede.
Das Portal „AZ Online“ zitierte den Pressesprecher des Landkreises, Martin Theine, die Zahl der Taxikonzessionen sei zwar grundsätzlich nicht begrenzt, doch ergebe sich eine Höchstzahl indirekt über die im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) formulierte „ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV“ und außerdem dann, „wenn durch zu viele Taxen das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht würde und deshalb eine Erweiterung die Existenz der bestehenden Unternehmer gefährden würde.“
Im Landratsamt herrscht die Ansicht, es gebe „ausreichend Taxen, um die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes sicherzustellen“. Das sehen Fahrgäste des Öfteren anders, nicht nur gestrandete Bahnreisende. In dem Landkreis werde es daher so gehandhabt, dass Unternehmer sich auf eine Warteliste setzen lassen können und freiwerdende Konzessionen unter den Interessenten aufgeteilt werden.
Die Nachfrage nach Konzessionen ist also größer als das vom Landratsamt festgelegte Angebot. Wie funktioniert es mit der Betriebspflicht bei einer so geringen Anzahl von Taxis in einem Landkreis aus zwei Kleinstädten und lauter Dörfern? Für Taxis in Uelzen besteht eine sogenannte Präsenzpflicht am Haupteingang des Bahnhofs (also eine vierte Pflicht neben Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht). Anzahl und Zeiträume regelt ein Dienstplan. Insgesamt müssen zwischen 6 und 23 Uhr mindestens zwei Taxis stehen oder innerhalb von 30 Minuten nachbesetzt werden, wie der Pressesprecher gegenüber dem Online-Portal erläuterte. Für die Mietwagen besteht keine Präsenz- oder Betriebspflicht.
Taxiunternehmer Andreas Hoffmann, Inhaber von Taxi Schmidt mit zwölf Autos, bestätigt, sein Unternehmen halte sich an die „Spielregeln“. Verstöße durch Taxi- oder Mietwagenfahrer werden laut Kreisverwaltung geahndet. Doch bei einer plötzlichen Massennachfrage um 23:30 Uhr nutzt eine Präsenzpflicht für zwei Taxis, ob sie bis 23 Uhr gilt oder wann auch immer, herzlich wenig. Die beiden Engpässe seien dadurch verschärft worden, dass vom Mitbewerber Taxi Witt mit zehn Konzessionen kein Auto vor Ort gewesen sei.
Hoffmann kritisiert die Begrenzung der Konzessionsanzahl: „Ich könnte auf einen Schlag drei Leute aus der Arbeitslosigkeit holen, wenn ich mehr Konzessionen hätte. Als der ICE in Uelzen gestrandet ist, hatte ich fünf Autos draußen – damit sind wir aber untergegangen. Und auch beim Oktoberfest hat es lange gedauert, weil wir ganz alleine waren. Kunden mussten lange warten. Das kann doch nicht sein“, wird er von „az-online.de“ zitiert.
Anders ist es bei seiner Mitbewerberin Claudia Witt. Ihr mangelt es nicht an Konzessionen, sondern an Fahrern für ihre zehn Taxis. Sie spricht von Personalproblemen: „Abends und nachts will kaum noch einer fahren, feiertags und in der Frühschicht ab 6 Uhr aber auch nicht, obwohl wir ordentlich zahlen. Taxifahrer sind für sich alleine, einige haben Angst. Unseren Fahrern ist schon viel passiert. Es gab Überfälle, auch mit Pfefferspray“, zitiert „AZ online“ die Geschäftsführerin. Wie in vielen Regionen fernab der Großstädte liegt ihr Schwerpunkt auf der Schülerbeförderung und auf Dialysefahrten sowie Krankenfahrten zur Chemotherapie oder Bestrahlung. „Das habe ich dem Landkreis auch mitgeteilt. Ich kann nicht stattdessen am Bahnhof auf jemanden warten, der vielleicht für 8,50 Euro gefahren werden will.“ In den 25 Jahren ihrer Geschäftstätigkeit sei es immer schlimmer geworden, da die Auflagen umfangreicher und die Kundschaft weniger zahlungskräftig geworden sei. Zudem hätte die Corona-Krise Mitarbeiter in andere Berufe getrieben.
Der Dienstplan der Kreisverwaltung müsse dennoch eingehalten werden. Laut Kreisverwaltung wird „anlassbezogen“ kontrolliert – auch, ob die Mietwagenanbieter ihre Vorgaben einhalten. Den 30 Taxis stehen im Landkreis Uelzen aktuell 105 Mietwagen gegenüber. Uber und Bolt haben sich bisher aber noch nicht so weit aufs Land verirrt. ar
Beitragsbild: Symbolfoto Axel Rühle
Die Frau Witt gefällt mir überhaupt nicht !!!! Soll sie doch ein paar Konzessionen an die Stadt zurückgeben MÜSSEN ! Denn nur ein paar leckere Krankenfahrten am Tag ist NICHT Taxigewerbe.