Diskutiert die Taxibranche ihren Konkurrenzkampf mit Mietwagen, werden Beförderungs-, Tarif- und Betriebspflicht stets betont. Im Alltag allerdings werden in der Regel hauptsächlich die beiden ersten Pflichten sehr ernst genommen …
Dass sich bei der Betriebspflicht die Geister scheiden, liegt nicht unbedingt an der fehlenden Gesetzestreue, sondern wohl eher an der schwammigen Definition dieser dritten Taxi-Kardinalspflicht.
Niemand erwartet von einem Taxi-Einzelunternehmer eine 24/7-Einsatzbereitschaft an 365 Tagen im Jahr. Genauso wenig entspricht es der Gesetzeslage, wenn der einzige Mehrwagentaxiunternehmer in einer etwas größeren Stadt seine Fahrzeuge ausschließlich tagsüber für vorbestellte Fahraufträge besetzt und dem Gelegenheitsverkehr ansonsten weder tagsüber noch am Abend oder am Wochenende oder nachts zur Verfügung steht. Im Umkehrschluss kann man auch von keinem wirtschaftlich denkenden Unternehmer verlangen, regelmäßig Personal für Aufträge vorzuhalten, die dann nie kommen.
Was also verlangt die Betriebspflicht von den Taxlern eigentlich genau und wie lässt sich ihr nachkommen, ohne sinnlos Geld aus dem Fenster zu werfen? Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) hat der Betriebspflicht immerhin einen ganzen Paragrafen mit fünf Absätzen gewidmet – nach deren Lektüre man als Taxler allerdings kaum schlauer ist als zuvor. Die Regelungen zum Paragrafen 23 PBefG zur Betriebspflicht beißen sich aus Sicht eines Taxlers jedoch in den Schwanz. Einerseits kann der Unternehmer von der Verpflichtung zum Betrieb seiner konzessionierten Taxis entbunden werden, wenn ihm die Erfüllung der Betriebspflicht unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr zugemutet werden kann. Andererseits darf eine Entbindung von der Verpflichtung zum Betrieb des vom Unternehmer betriebenen Verkehrs nur vorgenommen werden, wenn das öffentliche Verkehrsinteresse dem nicht entgegensteht. Was denn nun, hat die Unzumutbarkeit eines wirtschaftlichen Overkills für das Unternehmen Priorität oder das öffentliche Verkehrsinteresse?
Dieses Dilemma lässt sich eigentlich nur auflösen, wenn hier mit einem Sponsor ein dritter Player ins Spiel kommt, der die wirtschaftliche Lage des Unternehmers nötigenfalls verbessert. Dies war von den Autoren der Ausführungen im PBefG wohl ursprünglich auch so gedacht, denn die Betriebspflicht gemäß Paragraf 23 PBefG gilt ja nicht nur für das Taxi, sondern vor allem für den Linien-ÖPNV. Hier ergibt es noch Sinn, denn wenn ein Unternehmer eine Buslinie konzessioniert bekommt, dann muss er sie natürlich auch betreiben und dem öffentlichen Verkehrsinteresse nachkommen; immerhin bekommt er ja auch passende Zuschüsse für den Betrieb der Linie.
In der Folge hat der Gesetzgeber aber im Paragrafen 47 PBefG die Vokabel der Betriebspflicht auch für den Gelegenheitsverkehr mit Taxis wieder aufgenommen: „Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. … Insbesondere (können) Regelungen getroffen werden über das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes. …“ Danach besteht also eine Betriebspflicht auch für Taxler, die allerdings in der Regel entgegen den Vorgaben nicht von der Landesregierung oder, durch diese beauftragt, von der örtlichen Genehmigungsbehörde in Ihrem Umfang geregelt wird.
Ohne eine solche Rechtsverordnung, im Gewerbe bekannt als Taxiordnung, ergibt die Betriebspflicht also keinen Sinn. Entsprechend sind einige wenige Genehmigungsbehörden hier auch aktiv geworden und haben Regelungen getroffen. So enthält etwa die Taxenordnung des Landes Berlin (TaxO Berlin) die konkrete Vorgabe, dass der Inhaber einer Konzession zum Bereithalten eines Taxis an 180 Tagen im Kalenderjahr für die Dauer einer Schicht von wenigstens sechs Stunden verpflichtet ist. Dort, wo so etwas geregelt wurde, wurde die Regelung oftmals auf die potentielle Leistungsfähigkeit eines einzelnen selbstfahrenden Unternehmers abgestellt. Mit dem ursprünglichen avisierten Sinn der Betriebspflicht gemäß PBefG hat so eine Regelung natürlich wenig zu tun, denn dort ging es um öffentliche Verkehrsinteressen und nicht um die Taxler.
Wird man bei der Lektüre des Gesetzestextes nicht wirklich schlauer, dann hilft meist die Suche nach Urteilen, die sich der Interpretation dieser sybillinischen Texte angenommen haben. Zum Thema der Betriebspflicht bei Taxis muss man allerdings lange suchen, bevor man etwas findet. Wirklich intensiv hat sich offensichtlich lediglich das Oberlandesgericht (OLG) in Celle im Jahr 2017 mit dem Thema auseinandergesetzt (OLG Celle, Beschluss vom 31.05.2017 – 2 Ss (OWi) 60/17).
Die eigentliche Lektüre des Urteils bedarf dabei dann schon eines gewissen Durchhaltevermögens. Geklagt hatte eine Kundin, die eine Vorbestellung für ein Sechssitzer-Taxi für nachts um 1:30 Uhr aufgeben wollte, was das Unternehmen mit Verweis auf andere schon vorliegende Aufträge ablehnte. Die Kundin verklagte das Unternehmen daraufhin wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Beförderungspflicht. In erster Instanz gab das zuständige Amtsgericht der Klägerin recht und verurteilte das Unternehmen daraufhin zu einem Bußgeld in Höhe von 199 Euro. Gegen diese Entscheidung legte der Unternehmer Rechtsbeschwerde vor dem OLG Celle ein, welches die Entscheidung dann auch tatsächlich aufhob.
Das OLG Celle stellte zunächst fest, dass mit der Ablehnung eines Bestellwunsches nicht gegen die Beförderungspflicht verstoßen worden sei, weil der Nachweis fehle, ob für den Auftragszeitpunkt überhaupt geeignete Taxis für den Auftrag verfügbar waren, die dann gegen die Beförderungspflicht hätten verstoßen können. Außerdem gelte diese auch nur innerhalb des Pflichtfahrgebiets, es sei aber unklar, ob der fragliche Auftrag diese Bedingung erfüllt habe.
In der Folge setzte sich das OLG dann jedoch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung weiter mit dem Thema auseinander und kam so zum Thema Betriebspflicht. Es stellte zunächst fest, dass die Beförderungspflicht für den Taxenunternehmer bzw. ‑fahrer in dem Moment erlischt, in dem er sein Fahrzeug nicht mehr zur Beförderung bereithält. Auch die jederzeitige Möglichkeit des Taxlers, durch die Beendigung des Bereithaltens seiner Beförderungspflicht zu entgehen, erscheine dabei nur auf den ersten Blick als unbefriedigend. Die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Taxibetriebes (Betriebspflicht) sei nämlich nicht frei vom Taxiunternehmer selbst gestaltet. Vielmehr seien die Landesregierungen ermächtigt und verpflichtet, die Betriebspflicht der Taxibetriebe durch den Erlass von Verordnungen näher zu regeln und so dafür Sorge zu tragen, dass eine ausreichende, den Bedarf der Bevölkerung abdeckende Beförderung mit Taxis z. B. auch zur Nachtzeit zur Verfügung steht.
Eine Verpflichtung des einzelnen Unternehmers zu konkreten Mindestleistungen im Gelegenheitsverkehr ergibt sich – im Unterschied zum Linienverkehr – aus der Natur als Daseinsvorsorge aber gerade nicht. Daraus resultiert, dass auch der Unternehmer im Gelegenheitsverkehr berechtigt ist, die Anzahl der von ihm regelmäßig eingesetzten Taxen nach dem durchschnittlichen Beförderungsbedarf der Bevölkerung auszurichten. Nach ständiger Rechtsprechung bedürfe dabei der Inhalt der Betriebspflicht eines Taxiunternehmers sogar notwendigerweise auch der Konkretisierung nach Inhalt und Umfang durch den Erlass einer Verordnung, denn der Unternehmer sei nicht bereits von Gesetzes wegen verpflichtet, Taxibeförderung in bestimmtem Umfang bereitzustellen.
Da viele der fraglichen Fakten vom Amtsgericht zuvor nicht erhoben worden waren und der zuständige Landkreis im Übrigen entgegen seiner Verpflichtung keine genauere Festlegung der Betriebspflicht vorgegeben hatte, hob das OLG Celle die Entscheidung des Amtsgerichts lediglich auf, ohne selbst zu entscheiden, ob das Unternehmen sich hier wirklich korrekt verhalten habe. Es verbleibt allerdings die klare Anforderung des Gerichts, dass gegen eine Betriebspflicht für Taxis nur dann verstoßen werden könne, wenn die zuständige Behörde diese zuvor pflichtgemäß definiert habe.
Insofern erscheint es für die zuständigen Behörden zukünftig als sinnvoll, neben der Installation eines Tarifkorridors und von Mindestpreisen für Mietwagen auch die Vorgaben für eine Betriebspflicht in den Taxiordnungen auszuformulieren – zum einen, um dieses Schwert gegenüber Nebenerwerbsunternehmen zu schärfen, und zum anderen, um hier keine mögliche Angriffsfläche für plattformbasierte Unternehmen zu bieten.
Fazit: Das Taxi hat drei Sonderpflichten, die Mietwagen nicht haben. Da sollten auch alle drei inhaltlich befüllt sein und nicht nur zwei. rw
Beitragsfoto: Remmer Witte
Wenn es um Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit geht, müßte in Berlin die Betriebspflicht vollkommen aufgehoben werden. Hier stehen Tag und Nacht mehr als genug Taxen zur Verfügung. Von jedem Taxi zu erwarten, sich für einen durchschnittlichen Stundenumsatz von aktuell ca. 15,00 Euro bereitzuhalten, ist schon absurd.
Betriebspflicht hat bisher in der Praxis kaum Probleme bereitet. Im Gegenteil, sie bietet uns als Taxigewerbe große Chancen!
Sie bietet im Verbund mit liniengebundenem öffentlichen Nahverkehr, also Regional-, S-,U-,Straßen-Bahn und Bus die perfekte Erfüllung des öffentlichen Verkehrsinteresses. Da, wo nichts fährt (auf dem Land), oder nichts mehr fährt (weil spät in der Nacht) gab es schon immer das Bedürfnis an einem öffentlichen Beförderungsmittel. So ist, auf dem Land, das eigene Fahrzeug zur Notwendigkeit geworden. Dieses missachtete Bedürfnis liegt in der Verantwortung von Kommunen und Land.
Wer es sich leisten wollte oder leisten musste (weil nichts anderes übrig blieb), hat sich ein Taxi bestellt. Genau dafür sind wir da!
Es ist meines Erachtens unsere Aufgabe, die Politiker und Verantwortlichen der großen öffentlichen Verkehrsbetriebe zu überzeugen, dass wir eingebunden werden in die Verkehrsverbünde.
Damit werden unrentable Schwachlastzeiten im Linienverkehr günstiger, wenn statt leerer Linien-Fahrzeuge Taxis eventuell anfallendes Fahrgastaufkommen bedienen.
Zusätzlich lassen sich die defizitären, hoch subventionierten Versuche mit On-Demand- und Sammelverkehren einsparen. Wie und von wem der Fahrpreis dabei bezahlt wird, ist verhandelbar.
Wenn wir in diesem Sinne in Verkehrsverbünde integriert sind, hätten wir damit auch einen gewissen Ausgleich für Umsatz, der uns durch immer ausgedehnteren Linienverkehr in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen ist.
Wenn wir für betriebsübergreifende Strukturen sorgen, hat auch der einzelne Unternehmer kein Problem mit seiner Betriebspflicht.