Die Facebook-Gruppe „Taxi Gruppe Berlin“ hat für nächste Woche Freitag zu einer Demo gegen die PBefG-Novelle aufgerufen, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sie auf den Weg gebracht hat.
Update am 16.2.21: Mittlerweile sieht auch der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V (BVTM) die Notwendigkeit für Taxi-Demos: „Nachdem auch der Bundesrat am Freitag nicht die entscheidenden Verbesserungen am PBefG-Entwurf gebracht hat, gibt es nur eins: wieder lautstark auf die Straße!“ heißt es in einer Mitteilung. „Los geht es schon an diesem Freitag (!) in Berlin. Der Bundesverband steht hinter dem Protest der Kollegen vor Ort, die zur Demo aufgerufen haben.“
Wie Gruppenadministrator Erkan Özmen in den sozialen Medien verbreitete, fordere man für das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) eine Vorbestellfrist „für alle Mietwagen-Vermittlungsdienste“, namentlich erwähnt werden Uber, Free Now und Bolt, für die Wiedereinführung der Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer sowie die Streichung der Einführung von „Ersatz-Betriebssitzen“ für Mietwagenunternehmen.
Beginn der Demo, die angesichts des Winterwetters eher ein Taxikorso werden könnte, ist um 12 Uhr in der Straße des 17. Juni im Bereich des Sowjetischen Ehrenmals, also zwischen Yitzhak-Rabin-Straße und Brandenburger Tor, einem für Taxi-Demos bewährten Straßenabschnitt. Von dort soll der Zug den gut 2,5 Kilometer langen Weg zum Konrad-Adenauer-Haus nehmen, der Bundesgeschäftsstelle der CDU in der Klingelhöferstraße (Foto), wo nicht nur Bundeskanzlerin Merkel, Chefin des Bundesverkehrsministers, ein- und ausgeht, sondern auch der neue Parteichef Armin Laschet, Fraktionschef Ralph Brinkhaus und zahlreiche Mitglieder des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag und der PBefG-Findungskommission.
Obwohl die „Taxi Gruppe Berlin“ weder eine offizielle Gewerbevertretung noch im Anhörungsverfahren beim Senat ist, findet sie in Teilen der Fahrer- und Unternehmerschaft Gehör. Da ihre Forderungen bezüglich der PBefG-Novelle im Gewerbe zum großen Teil mitgetragen werden, steht unter anderem der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) dem Demo-Aufruf zustimmend gegenüber.
Die Aussichten auf Umsetzung der einzelnen Forderungen erscheinen unterschiedlich. Die Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer war 2017 offiziell nur deshalb abgeschafft worden, weil Krankentransportunternehmen wegen ihres Nachwuchsmangels Alarm geschlagen und erfolgreich eine Herabsetzung der Zugangshürden gefordert hatten – was dann gleichzeitig für Mietwagenfahrer galt, da beide Gruppen im Personenbeförderungsrecht stets in einem Atemzug genannt werden. Dass hier auch Lobbyisten des Mietwagengewerbes kräftig Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger ausgeübt haben könnten, liegt nahe, ist offiziell aber bloße Spekulation. Aus Sicht der Kundschaft sind ortskundige Fahrer in allen Verkehrsmitteln wünschenswert, und auch das Taxigewerbe betrachtet Fahrer, die sich gut auskennen, als Teil seiner Berufsehre, doch da eine Wiedereinführung der Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer politisch kaum durchsetzbar erscheint, legte man sich in großen Teilen des Taxigewerbes seitdem auf die Forderung nach einer extremen Vereinfachung oder gar Abschaffung der Ortskundeprüfung auch für Taxifahrer fest, um den entstandenen Wettbewerbsnachteil auszugleichen. Diese Forderung fand bei der Findungskommission Gehör und schlug sich in den Eckpunkten zur PBefG-Novelle nieder, wo die Ortskundeprüfung durch eine „kleine Fachkundeprüfung“ ersetzt werden soll – allerdings wiederum nur für Taxifahrer, was am Wettbewerbsnachteil somit wenig ändern würde.
Die Idee der „Ersatz-Betriebssitze“ für Mietwagenunternehmen, also die Möglichkeit für Fahrer, statt zum Betriebssitz zu festgelegten, dezentralen Standplätzen zurückzukehren, um lange Leerfahrten aufgrund der Rückkehrpflicht zu vermeiden, stoßen im Taxigewerbe auf scharfe Ablehnung, da sie nach Einschätzung von Gewerbevertretern einer Abschaffung der Rückkehrpflicht gleichkäme und somit ein wichtiges Trennmerkmal zwischen Taxi- und Mietwagengewerbe verwässere. Im Bundestag stieß die Idee jedoch auf große Zustimmung, da die Mietwagen-Lobby gerne mit der vermeintlichen Einsparung von Abgasen durch die langen Leerfahrten argumentiert, wenngleich dieses Argument längst durch Studien widerlegt ist.
Die wichtigste der drei Forderungen, die Einführung einer Vorbestellfrist für Mietwagen, wird im Taxigewerbe seit Jahren von einer Mehrheit erhoben. Im BVTM hat Vizepräsident Hermann Waldner mit der Initiative für die Vorbestellfrist viele hinter sich gebracht, was aber in Landesverbänden von Flächen-Bundesländern auch Gegner auf den Plan rief, woraus letztes Jahr eine Spaltung im Bundesverband resultierte und zum Austritt dreier Landesverbände sowie zum Rücktritt des langjährigen Verbandspräsidenten Müller führte. Waldner sagte heute am Telefon zu Taxi Times: „Ich begrüße und unterstütze die Forderung insbesondere nach einer Mindestbestellfrist für Mietwagen, ein sehr wichtiges Instrument zur Vermeidung des unfairen Wettbewerbs. Momentan sind die Voraussetzungen für Mietwagenfahrer praktisch gleich null, deshalb wächst ja die Zahl der Mietwagen so rasant. Am liebsten wäre mir natürlich eine abgespeckte Ortskunde plus Fachkunde, und das beides sowohl für Taxifahrer als auch für Mietwagenfahrer. Dann wäre nicht nur Gerechtigkeit im Wettbewerb hergestellt, sondern auch halbwegs ein wünschenswertes Qualitätsniveau. Auf jeden Fall muss die Ungleichbehandlung von Taxi- und Mietwagenfahrern aufhören. Deshalb teilen wir als Bundesverband auch die Ablehnung von weiteren Abstellorten für Mietwagen.“
Die Karenzzeit für Mietwagen wurde auch vom Bundesrat empfohlen, fand aber in der Abstimmung am 12.2.21 noch keine Mehrheit, weil unterschiedliche Meinungen zwischen Koalitionspartnern innerhalb einzelner Bundesländer zu Enthaltungen führten, die bei dieser Form der Abstimmung letztlich wie ein „Nein“ gewertet werden. ar
Beitragsbild: Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, Bundesgeschäftsstelle der CDU. Foto: CDU / Tobias Koch