Beim Mitgliedertreffen des Zentralenverbunds Taxi Deutschland ging es um eine neue Mobilitätsplattform der Telekom, den Relaunch der Taxi-Deutschland-App zur gemeinsamen Plattform mit Cab4me und FMS, um TaBeA, TSE und Taxi4SmartMobility. Umfangreich diskutiert wurde, wie man sich zur Charmeoffensive von Free Now verhalten soll.
Die Taxibranche steht unter Druck, das bekommen auch die Taxizentralen zu spüren. Etliche von Ihnen sind zum Zentralenverbund „Taxi Deutschland“ zusammengeschlossen und deren Vertreter kamen diese Woche zu ihrer Jahrestagung in Frankfurt zusammen. Taxi Deutschland ist genossenschaftlich strukturiert und wird von vier Vorständen und ebenso vielen Aufsichtsräten geführt. Bei der zunächst im internen Kreis abgehaltenen Generalversammlung konnte der Vorstand auf ein finanziell erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Zur Wahl standen in diesem Jahr Fred Buchholz von der Taxizentrale Bremen (wiedergewählt als Vorstandsmitglied) und ein Aufsichtsrat-Nachrücker für Thomas Lohse, der als Vorstand bei Hansafunk im letzten Jahr ausgeschieden war. Für ihn rückte Jan Weber nach, der aktuelle Vorstand der Hamburger Hansafunk-Taxizentrale.
Nach dieser Formalie ging es dann auch schon in die Fachdiskussionen. Taxi Deutschland kooperiert mit der Mobilitätsapp „goodride“, die von der Deutschen Telekom entwickelt und betrieben wird. Nutzer dieser App können neben den Öffis, Leihrädern und Scootern auch Taxis bestellen. In der Pilotphase sind bisher Frankfurt und mehrere GefoS-Zentralen in NRW in der Vermittlung. Für die nächsten Monate steht die Integration der TaBeA-Plattform an, so dass dann bald alle Zentralen deutschlandweit über die Telekom App gebucht werden können. Allerdings muss bis dahin die Taxi-Funktionalität in der App noch um einiges optimiert werden.
Deutlich gestärkt sind die Taxi Deutschland-Zentralen auch durch den nahezu abgeschlossenen Relaunch der eigenen App. Vor wenigen Tagen hat die App von Taxi Deutschland ein umfangreiches Relaunch bekommen, sie arbeitet nun mit der FMS-Technologie. „Der Zusammenschluss der drei Apps unter einer technischen Plattform spart viel Entwicklungsarbeit“, sagte dazu Michael Weiss von FMS Austrosoft. Alle drei Apps agieren aber nach wie vor unter ihrem eigenen Branding.
Der enge Zusammenschluss der drei Apps zeigt sich aber nicht nur bei der App-Entwicklung, sondern war auch eine Triebfeder bei der Umsetzung der Bestellplattform TaBeA, über die sämtliche Bahntaxifahrten mittlerweile nahezu digital abgerechnet werden. Die Software kommt von FMS, angebunden sind aber auch die GefoS- und Seibt & Straub-Zentralen wie auch die Systeme kleinerer Anbieter, beispielsweise Taxi.de, Taxikomm24 oder MPC, deren Kunden schwerpunktmäßig den ländlichen Raum abdecken. Taxi Deutschland agiert als Abrechnungsstelle dieser Fahrten. Der Rahmenvertragspartner und einzige Ansprechpartner der Deutschen Bahn ist bisher der Bundesverband Taxi und Mietwagen gewesen.
Die Umsätze, die über die TaBeA-Plattform deutschlandweit eingefahren werden, sind gigantisch: Fahrten im Wert von 4,6 Millionen Euro konnten bisher durchgeführt werden, meist zu weit entfernten Zielen. Im Durchschnitt erzielte jede Fahrt 245,70 Euro Umsatz. Derzeit sei die Bahn gerade dabei, die Plattform auch für Taxifahrten der Lokführer zu öffnen, berichtete Robert Abel von FMS.
Er konnte auch den Zwischenstand zur derzeitigen Ausschreibung für die nächsten fünf Jahre Bahntaxi geben. Die Bewerbungsphase zu dieser europäischen Ausschreibung sei mittlerweile vorbei und das Konsortium aus Taxi Deutschland, FMS und BVTM sei als Bewerber von der deutschen Bahn zugelassen worden. Derzeit laufe die zweite Phase, in der man nun das konkrete Preisangebot einreichen müsse. Anfang Oktober wird die Bahn entscheiden, mit welchen Anbietern sie dann in die Verhandlungsrunden geht. Spätestens dann wird man wissen, ob und wie viele Wettbewerber um diesen Auftrag buhlen. Die Deutsche Bahn hat diese Ausschreibung mit einem Volumen von 170 Millionen Euro für fünf Jahre angesetzt.
Der dritte Bereich, bei dem GefoS, FMS sowie Seibt & Straub künftig auf ein gemeinsames Produkt setzen, ist die von FMS entwickelte Cloud-TSE-Lösung. Bei Seibt & Straub werde aktuell der FMS-SmartHub integriert, so dass während der nächsten Monate der Einbau in die Fahrzeuge erfolgen kann. GefoS werde dazu ähnlich verfahren. Die Systemanbieter haben dazu auch ein Erklär-Video veröffentlicht und informieren bei vielen persönlichen Zentralenbesuchen.
Um Information und Aufklärung geht es auch bei der Lobbyarbeit, die seitens des Taxigewerbes auf europäischer Ebene bewältigt werden muss. Taxi Deutschland ist zahlendes Mitglied der europäischen Organisation „Taxis4Smart Mobility“, deren deutsche Stimme Gregor Beiner ist, der unter anderem auch dem BVTM-Vorstand angehört. Als Gast der Jahrestagung konnte er von den vielfältigen Aktivitäten der Organisation berichten – alle mit dem Ziel, das Taxi und deren Unersetzbarkeit in den Köpfen der europäischen Politiker und deren Entscheidungsgremien zu platzieren.
Um die Unersetzbarkeit der Taxizentralen ging es auch beim Tagesordnungspunkt „Positionierung zu Angeboten von Free Now an Taxizentralen.“ Marten Clüver, Vorstandsvorsitzender bei Taxi Deutschland, betonte dabei noch einmal jene Gefahren, die er vor kurzem auch gegenüber der Fachpresse geäußert hat (Taxi Times berichtete).
Clüver wünscht sich ein einheitliches Auftreten der Mitgliedszentralen von Taxi Deutschland, besser noch aller Taxizentralen bundesweit. Er und auch viele andere anwesende Zentralenchefs stören sich daran, dass Free Now nur dort seine Fahrten an die Taxizentralen verkauft, an denen die App mangels Abdeckung keine zufriedenstellende App-Vermittlung anbietet. Wenn man mit Free Now verhandle, dann entweder über eine Kooperation in allen Städten oder gar nicht. Zudem sollten die Verträge auf keinen Fall so wie in Stuttgart zeitlich befristet sein, da man sonst befürchten müsse, dass Free Now nach dem Ende der Laufzeit doch wieder sein eigenes Ding mit den aus der Kooperation erhaltenen Kundendaten mache.
Ungeteilte Zustimmung bekam der Taxi-Deutschland-Vorstand für diesen Vorschlag nicht. Während manche Zentralen überhaupt keinen Ansatz für Gespräche mit Free Now sahen, zeigten sich andere Vertreter sogar offen für eine solche Kooperation. Sie sehen ansonsten die Gefahr, dass die eigenen Mitglieder als Free Now-Partner fahren – entweder im Doppelfunk oder sogar ausschließlich. Aufgrund dieses sehr breiten Spektrums an Meinungen konnte die gewünschte finale Positionierung nicht erreicht werden. Der Findungsprozess zu diesem heiklen Thema soll zeitnah fortgesetzt werden. Eine nächste Möglichkeit für den persönlichen Austausch bietet sich bei der Europäischen Taximesse Anfang November in Köln. Dort hat Taxi Deutschland wieder einen Messestand gebucht. jh
Wichtig für das Netzwerken: Das Taxi-Deutschland-Treffen ist auch für den Austausch untereinander gut, so wie hier beim gemeinsamen Abendessen.
Beitragsfoto: Taxi Times
Wie immer viel Gerede um den heißen Brei. Gesetze und Regelungen, egal in welcher Form, sind immer menschengemacht und können daher jederzeit geändert werden. Wer als Taxiunternehmen einer Genossenschaft angehört, der sollte ich im Vorfeld klar sein, dass er nach den Spielregeln der Genossenschaft spielen muss. Wer das nicht will, muss Einzelkämpfer bleiben oder wieder werden. Im Klartext: Wenn eine Genossenschaft ausschließlich mit „Taxi Deutschland“ zusammenarbeitet, ist die Auftragsannahme durch andere App-Anbieter wie z.B. FreeNow oder Uber dem jeweiligen Mitgliedsunternehmen untersagt. Sollte es solche Regelungen nicht geben, müssen diese in den Geschäftsordnungen bzw. Satzungen nachträglich ergänzt werden und im Alltag zur Anwendung gebracht werden, was im Extremfall zum Rauswurf eines Unternehmens führen kann, wenn es denkt mehrgleisig fahren zu können. Dieser App-Dschungel schadet nicht nur den Taxiunternehmen, sondern vor allem den Taxikunden, die bei dieser Vielzahl an Bestellmöglichkeiten völlig die Übersicht verlieren. So kann und darf es hierzulande nicht weitergehen! Wir graben uns damit unser eigens Grab, wobei sich Uber und Co. mit ihren weltweiten EinheitsApps ins Fäustchen lachen! Daher: Ein Land, eine TaxiApp – nicht mehr und nicht weniger!
Wenn ich auch deinen Ansatz für richtig halte, ist die Welt leider nicht so einfach. Das BGB schlägt aber Regelungen in einer Zentrale/Genossenschaft. Das ist Fakt und alles schon „durchklagt“ worden. Jeder neue Marktanbieter reitet auf diesem Recht herum und erfindet das Rad wieder ganz neu, weil nur er, die beste Idee hat. Nun, mittlerweile sind aber die Taxiunternehmer ganz neu durchgewaschen und probieren halt mal hier und mal da, wenn die Bedingungen sich ändern. Einerseits ihr Recht, andererseits tödlich für das Taxi. Eine Lösung gegen die Unterwanderung sehe ich angesichts solcher Verhaltensweisen leider nicht mehr. Eine solche gemeinsame App scheint mir eher eine Krücke zu sein. Die Anstrengung ist gut, kommt viel zu spät wird wohl nicht reichen. Erst recht nicht, wenn es drei Brandings geben wird. Vielleicht habe ich aber das Gesamtkonzept nicht ganz verstanden.