Taxi-Festpreise sind auf dem Vormarsch, immer mehr Städte verkünden deren baldige Einführung. Doch aus dem Taxigewerbe gibt es auch kritische Stimmen. Deren Argumentationen basieren jedoch auf Fehlinterpretationen.
München war mit der Einführung von Taxi-Festpreisen der Vorreiter, dann folgte Berlin. Mittlerweile können Kunden ihre Taxifahrten auch in Frankfurt und zahlreichen kleineren Städten zum fixen Preis bestellen. Der Kölner Magistrat wird die Erlaubnis dazu ab Februar geben. In dieser Woche hat sich auch Augsburg zu diesem Schritt entschlossen.
Sowohl die Politiker als auch die Taxiverantwortlichen begrüßen diese Schritte. „Die neue Regelung war dringend notwendig, damit die Taxibranche konkurrenzfähig bleiben kann“, meinte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bei der Einführung im Sommer 2023. Die Politik mache damit „den Weg frei für eine verbraucherfreundliche Regelung, für die sich der Bundesverband und das Berliner Gewerbe gemeinsam stark gemacht haben“, sagte Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen und Chef von Taxi Berlin bei der Einführung der Taxi-Festpreise in der Hauptstadt.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer wieder Kritik aus der Taxibranche. „Es ist traurig, dass Pauschal- und Festpreise so bejubelt werden“, meinte beispielsweise ein Münchner Taxifahrer als Leserkommentar bei Taxi Times. „Die Liste der Nachteile und Probleme ist bei genauerer Betrachtung ellenlang. Die Liste der Vorteile ist kurz und unbegründet“.
Auf Nachfrage der Taxi-Times-Redaktion führte der Taxifahrer dann aus, dass Festpreise diskriminierend seien, weil Zugangsbarrieren errichtet würden: „Hast du kein Handy oder willst du dein Fahrziel nicht nennen, haste eben Pech“, schreibt der Taxifahrer, der mit dieser Argumentation darauf anspielt, dass Taxi-Festpreise nur bei vorheriger Bestellung vereinbart werden dürfen. Wobei „vorherige Bestellung nicht mit „Vorbestellung“ verwechselt werden darf. Die Vorbestellung ist die Buchung einer Taxifahrt bereits mehrere Tage oder Stunden im Voraus für eine feste Uhrzeit. Die vorherige Bestellung eines Taxis bedeutet, dass die spontan durchgeführte Taxibuchung über ein Kommunikationsmittel erfolgt. Dies kann neben der klassischen telefonischen Bestellung auch die Nutzung einer Taxi-App sein oder auch die Buchung über WhatsApp bzw. SMS.
Sowohl vorbestellte Fahrten als auch vorher bestellte Fahrten dürfen zu einem Festpreis vermittelt werden (können vom Kunden aber auch weiterhin zum regulären Taxitarif gebucht werden). Im Gegensatz dazu darf keine Taxifahrt, bei der ein Fahrgast am Halteplatz einsteigt oder ein Taxi am Straßenrand heranwinkt, zu einem Festpreis durchgeführt werden. Hier muss zwingend der behördlich festgelegte Taxitarif angewendet werden – oder anders ausgedrückt: Der Taxameter muss eingeschaltet werden und während der Fahrt „laufen“. Der Fahrpreis kann bei diesen Fahrten nur vom Fahrer geschätzt werden, wobei solche Schätzungen bei erfahrenen Taxifahrern sehr nah am späteren Endpreis liegen.
Wenn ein Fahrgast also tatsächlich kein Handy hat, kann er trotzdem ein Taxi zum Festpreis bestellen – indem er über das Festnetztelefon bei der Zentrale anruft. Und wer sein Fahrtziel nicht nennen will, kann sich doch allen Ernstes nicht diskriminiert fühlen. Die Berechnung eines Festpreises basiert zwangsläufig auf der zurückzulegenden Fahrtstrecke. Wer der Deutschen Bahn bei der Bestellung nicht verrät, wohin er fahren will, wird auch dort vorher keinen Preis erfahren – geschweige denn, dass dieser Fahrgast überhaupt ein Ticket buchen kann. Kein Mensch kommt deshalb auf die Idee, dass ein potenzieller Fahrgast von der Deutschen Bahn diskriminiert wird.
Aus Sicht des Taxifahrers seien Festpreise auch deshalb ungerecht, weil sie nicht allen zur Verfügung stünden. „Die Sprechstundenhilfe ruft ein Taxi, macht aber wegen Zeitdruck keinen Pauschalpreis aus: Tante Hedwig zahlt wieder mehr“, führt er als Beispiel für seine These aus. Für den angestellten Taxifahrer seien diese Fahrten zudem unauskömmlich, „weil die Fahrer keinen Umsatz erwirtschaften.“
Genau hier wird das große Missverständnis deutlich, dass bei vielen Skeptikern eines Taxi-Festpreises herrscht: Taxifahrten zu Festpreisen sind nicht automatisch günstiger als Fahrten mit laufenden Taxameter zum regulären Taxitarif. Dieses Missverständnis entsteht, weil die Argumentation der Taxivertreter immer auf den Wettbewerb mit den taxigleichen Mietwagenangeboten abzielte. Dort könnten die Fahrten zu Festpreisen gebucht werden. Könnte man auch Taxis zu Festpreisen anbieten, wäre ein großer Wettbewerbsnachteil gegenüber Uber & Co. endlich aus der Welt geschaffen. Diese Argumentation ist berechtigt, sie wird allerdings von vielen dahingehend fehlinterpretiert, dass Festpreise für Taxis dort, wo sie erlaubt sind, dann auch automatisch auf dem gleichen (Dumping-) Niveau wie bei Uber & Co. angeboten werden. Genau das ist aber weder die Absicht der Taxibranche noch der Wille der Politik.
Deswegen sind in fast allen Städten, in denen Taxi-Festpreise erlaubt sind oder werden, so genannte Korridore definiert. Das bedeutet: Basierend auf dem amtlichen Taxitarif darf eine Fahrt nur um einen bestimmten (prozentualen) Wert teurer oder günstiger sein. Diese Tarifkorridore sind je nach Stadt unterschiedlich definiert, verfolgen aber nahezu überall das gleiche Muster: Nach oben kann eine Taxifahrt um bis zu 20 Prozent teurer werden, nach unten jedoch meist deutlich weniger (5-10 Prozent). Die Absicht hinter dem niedrigen Schwellenwert nach unten ist klar: Taxi-Festpreise sollen kein Instrument sein für eine Dumpingschlacht mit Uber und Bolt.
Die Wettbewerbsgleichheit wird nicht dadurch geschaffen, dass Taxis genauso billig sind wie taxigleiche Mietwagen, sondern sie wird dadurch geschaffen, dass man allen Kunden schon zum Zeitpunkt der Taxibestellung einen konkreten und verlässlichen Fahrpreis nennen kann. Wenn ein Fahrgast bei seiner Bestellung den Preis der Fahrt wissen will, dann fragt er: „Was kostet diese Fahrt?“. Er fragt nicht: „Können Sie mir ein Angebot machen?“. Also sind Taxi-Festpreise ein wichtiges Instrument für die Taxibranche, um gegenüber dem Kunden eine Preis-Transparenz und damit Vertrauen zu schaffen.
Taxifahrten zu vorher festgelegten Preisen sollen den Kunden eine Preis-Verlässlichkeit bieten, die eine Vorab-Kalkulation ermöglicht. Diese Seriosität erwarten Geschäftskunden, aber auch Reisedienstleister, die in ihre Pauschalangebote auch das Taxi für die so genannte letzte Meile einbinden wollen. Ebenso Mobilitäts-Apps, die neben den Öffis, den E-Scootern, den Car-Sharing-Angeboten etc. jetzt endlich auch das Taxi integrieren können. Taxifahrten zu vorher festgelegten Preisen sind ein Qualitätsmerkmal – und Qualität darf auch ihren Preis haben.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Taxi-Festpreise sind kein Instrument, um jene Kunden zu gewinnen, die ausschließlich den billigsten Fahrtanbieter suchen. Billig ist toll, aber billig ist eben kein Qualitätsmerkmal. Oder assoziiert man beispielsweise Ryan-Air oder einen Discounter in erster Linie mit Qualität?
Zusammenfassend kann man sagen: Taxi-Festpreise müssen von denjenigen, die sie anwenden (in erster Linie Taxizentralen), so definiert und berechnet werden, dass Sie die Wirtschaftlichkeit des angeschlossenen Taxiunternehmers und seiner Angestellten weiterhin gewährleisten und gleichzeitig den Wunsch des Kunden nach einer verlässlichen und kalkulierbaren Fahrpreisauskunft erfüllen. Wenn das konsequent so durchgezogen und von allen verstanden wird, sollte es auch bald keine Kritik mehr aus den eigenen Reihen geben. jh
Beitragsfoto: Grafik Taxi Times, pixabay
„Taxigleiche Mietwagen“ – das ist wohl das aktuelle Wording für den illegalen Taxiservice mit sogenannten Mietwagen. Und wenn sie „taxigleich“ sind, dann heißt das wohl auch, daß es keine Rückkehrpflicht gibt, was ja auch de facto so ist. Es ist noch nie einer zu irgendeinem Betriebssitz zurückgekehrt, und schon gar nicht zu so einem Nonsense wie einem virtuellen Betriebssitz. Und was die Verlässlichkeitschimäre anlangt, man kann dem Kunden auch ohne Festpreis den Fahrpreis für eine Fahrt von A nach B nennen, zumal der Festpreis immer 3 bis 4 Euro über Taxameterpreis liegt.
Sehr, sehr gut, vereehrter Kollege !
Und es würde mich schon sehr interessieren, woher und WIESO jh den Begriff TAXIGLEICH denn
übernahm ???
Ein Aspekt wurde leider nicht erwähnt: Es besteht die Gefahr (s. Köln), das Anträge auf Erhöhung des Tarifs abgelehnt werden u.a. mit dem Hinweis, das man ja innerhalb des Tarifkorridors bis zu 20 % aufschlagen kann. Von den Folgen für die Krankenfahrtentarife, die sich an den Taxitarifen orientieren, ganz zu schweigen.
und wenn der kunde auf dem weg noch zur irgendeiner tanke will, oder noch jemanden abholen möchte spontanerweiße, dann schaut dieser festpreis scheiße aus. ganz einfach
Danke für diesen Einwand. Für genau solche Fälle regeln die Taxitarifordnungen, dass dann der Festpreis nicht mehr gilt. Der Kunde muss dann den Festpreis bis zur Unterbrechung bezahlen und ab dann wird zum Taxitarif und mit luafenden Taxameter weitergefahren. Das ist wie bei der Bahn. Wer dort ein zuggebundenes Ticket hat, darf seine Fahrt auch nicht unterbrechen. Wenn doch, muss er ab diesem Moment ein neues Zugticket kaufen.
Wie oft müsste bei euch der Kunde dieses Jahr zu Tankstelle ?
Bei mir 2 mal seit 10 Monaten …
Die Praxis hat gezeigt, dass Fahrer und Unternehmer dabei oft draufzahlen. Gerade bei Messen, Oktoberfest oder Adele-Konzerten, bei denen ein Stau programmiert ist, bedeutet das zwischen zehn und zwanzig Euro weniger, als mit Taxameter. Der versprochene positive Effekt bleibt aber aus, da die Mindestpreise für Mietwagen fehlen. So bezahlen halt Unternehmer und Fahrer die Zeche. Und der Festpreis kommt vermutlich nie.
Es müsste doch aber ein Leichtes für Taxizentralen sein, dass man bei Fahrten zu oder von Veranstaltungshotspots den erlaubten Korridor nach oben voll ausschöpft.