Am ersten Tag des Treffens der norddeutschen Taxiverbände wurde zur Zukunft des Taxigewerbes diskutiert. Dirk Ritter aus Hamburg stellte dabei – bewusst provozierend – die Zukunfts-Perspektive der Branche aus seiner Sicht dar.
Traditionell kommen im Februar auf Einladung der Hamburger Taxen-Union die Vertreter von Taxiverbänden und Taxizentralen aus den norddeutschen Bundesländern zu einer Art Think-Tank zusammen. Treffpunkt ist dabei immer im Schleswig-Holsteinischen Glückstadt, weshalb diese Veranstaltung auch den Beinamen „Glückstädter Kreis“ trägt.

Sechs Tagesordnungspunkte für fünf Stunden standen am ersten Tag auf dem Programmzettel, drei davon durfte Dirk Ritter als Hauptvortragender begleiten: „Kleine Fachkunde – aktueller Stand“, „Festpreise in Deutschland“ und „die Zukunft des Taxigewerbes“.

Gerade für den letztgenannten Punkt hatten Jan Grupe und Dörte Vöhrs als Veranstalter und Moderatoren die meiste Zeit eingeplant und so konnten hier tatsächlich viele Aspekte angesprochen und diskutiert werden.
Als „Vorlagengeber“ berichtete Dirk Ritter, der in der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende das Referat für die Verkehrsgewerbeaufsicht leitet, dass er in dieser Funktion alle Verkehrsarten genehmigt und beaufsichtigt. Dies sei neben dem Taxi- und Mietwagenverkehr auch der On-Demand-Verkehr (Moia) und die Bus-Linien. Und genau diese werden noch in diesem Jahr teilweise autonom fahren. Das Projekt ist quasi das Aushängeschild des ÖPNV-Weltkongresses, bei dem die Stadt Hamburg 2025 und 2027 zweimal als Gastgeber fungieren wird. „Wenn Buslinien mit autonomen Fahrzeugen besetzt werden können, haben deren Betreiber einen entscheidenden Vorteil: Sie sparen sich Personalkosten“, erläuterte Ritter in Glückstadt. Das sei immens wichtig, um in Zeiten großer Personalknappheit weiterhin die mobile Daseinsvorsorge aufrechterhalten zu können.
Genau diese mobile Daseinsvorsorge müssen alle anderen zur Verfügung stehenden Verkehrsarten garantieren können, und Ritters Referat ist nicht nur für die Reglementierung und Überwachung zuständig, sondern muss auch mit politischen Anreizen dafür sorgen, dass diese Verkehre nach EU-Recht betrieben werden, weshalb sie beispielsweise auch möglichst CO₂-frei ablaufen sollten.
Für all das braucht die Branche starke Partner und Ritter stieg in die nachfolgende Diskussion gleich mit offenem Visier ein: Ist eine Branche wie das Taxigewerbe mit seinen 1.800 einzelnen Taxibetrieben tatsächlich der geeignete Partner, mit dem die Stadt die oben genannten Zukunft gestalten kann? Wer steuert all diese Betriebe mit ihren vielfältigen Einzelinteressen?
Als Behörde habe man täglich mit den einzelnen Taxiunternehmern zu tun und müsse sich mit der weit gestreuten Bandbreite an Fachwissen und Servicebereitschaft auseinandersetzen. Doch Dirk Ritter machte an dieser Stelle unmissverständlich klar: Als Stadt brauche man hier Partner, „die nicht auf den Goodwill der angeschlossenen Unternehmen angewiesen sind.“ Hierbei dürfe Hamburg auch nicht unterscheiden, ob dieses Leistungsmerkmal eine Taxizentrale oder ein Plattformanbieter erfüllt.

Vertreter von Hansa-Funk, Hamburgs größter Taxizentrale, wollten das allerdings nicht so stehen lassen. Man habe gerade in den letzten Jahren bewiesen, dass man für die Stadt ein verlässlicher Partner gewesen ist. Während Corona sei man der einzige Teil des öffentlichen Nahverkehrs gewesen, der überhaupt noch gefahren ist. Auch den Taxi-Shuttle zu den Impfzentren haben man von null auf Hundert nach den städtischen Vorgaben auf die Beine gestellt. Ebenso habe man sich auch beim Projekt Zukunftstaxi, der Transformation auf Elektrotaxis, als verlässlicher Partner erwiesen.
Ausruhen wird sich die Taxibranche auf solchen Erfolgen aber nicht dürfen, das wurde bei den nachfolgenden Diskussionsbeiträgen klar. Wenn eine Branche die technischen und umweltpolitischen Herausforderungen mit den ambitionierten Plänen der Städte und Kommunen in Einklang bringen will, wird sie starke und selbstbewusste Verbände und Zentralen benötigen, deren Verantwortliche auch intern den Mut aufbringen, unbequeme Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. Nur so wird man geschlossen und einheitlich nach außen auftreten können.
Wie wichtig solch ein geschlossenes Auftreten ist, war in Glückstadt bereits bei der Diskussion zur Kleinen Fachkunde klargeworden. Auch dieses Thema wurde von Dirk Ritter eingeleitet, schließlich ist seine Behörde federführend bei den Bemühungen, die auf Bundesebene stockende Kleine Fachkunde wenigstens auf Länderebene zu definieren. Man sei dazu im engen Austausch mit Behörden anderer Bundesländer.
Als wenig hilfreich bezeichnete Ritter hierbei die aktuellen gegensätzlichen Strömungen aus dem Gewerbe, wenn dort einer der beiden Taxiverbände plötzlich die Meinung vertritt, dass man die Kleine Fachkunde jetzt einfach beerdigen sollte. Der darauf angesprochene Präsident des TMV, Thomas Kroker, rechtfertigte den Schwenk seines Verbands: Aufgrund dessen, dass in vier Jahren politisch nichts passiert sei, habe die Branche mittlerweile längst eigene Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen ergriffen. Dazu komme, dass es aus Sicht des TMV zu einem nicht zu bewältigenden Rückstau komme, wenn man alle Fahrer, die seit August 2021 einen Taxi- oder Mietwagenschein erhalten haben, nachträglich zu einer Prüfung zwinge.
Michael Oppermann vom anderen Bundesverband BVTM betonte dagegen, dass man den politischen Prozess der Kleinen Fachkunde von Beginn an stringent begleitet habe und man hier auch weiterhin ein verlässlicher Partner sei. Für Hamburg konnte Ritter berichten, dass man dort auf alle Fälle noch im Laufe dieses Jahres den Nachweis einer Kleinen Fachkunde einführen werde. Jeder Fahrer, der diesen dann erbringt, dürfe dann aber überall in Deutschland Taxi- bzw. Mietwagen fahren. Ritter rechnet damit, dass die Hamburger Kleine Fachkunde dann auch von vielen anderen Behörden übernommen werden.
Der Tagesordnungspunkt Festpreise war der dritte Themenbereich, bei dem Dirk Ritter etwas zu sagen hatte. Er fasste die Regelungen zusammen, die man für Hamburg getroffen habe und seit 1. Februar gelten (Taxi Times berichtete). Dabei wurden auch die Unterschiede zu anderen Städten wie München, Berlin, Frankfurt, Köln und andere deutlich, die ebenfalls schon Festpreise eingeführt haben.
In Hamburg ist die Option für Festpreise nur für die nächsten beiden Jahre begrenzt, danach wird evaluiert und neu definiert. Es gibt in der Hansestadt auch keinen Tarifkorridor. Hier dürfen auch nur die Taxizentralen zu Festpreisen vermitteln. Im zweiten Jahr wird es dann die Möglichkeit geben, um bis zu 50 Prozent über dem Taxitarif anzubieten. Bei dieser Ankündigung (über die Taxi Times ebenfalls bereits berichtet hatte), blieb so manchem Gewerbevertreter der Mund offenstehen, liegen doch die bisherigen Korridorgrenzen bei maximal 20 Prozent. Dirk Ritter stellte hier aber sofort klar, dass die Zentralen jeden prozentualen Aufschlag im Vorfeld gegenüber seiner Behörde melden und begründen müsse. Man wolle als Stadt schon noch die Kontrolle über den Taxitarif behalten und behalte sich daher ein Vetorecht vor. jh
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