Bedauerlicherweise ermöglicht die Plattform „Gründerszene“ ihrem Redaktionsmitglied Don Dahlmann immer wieder, Kommentare zu veröffentlichen, in denen die Taxibranche undifferenziert beschimpft und mit falschen Tatsachenbehauptungen (die presserechtlich übrigens anklagbar wären) diffamiert wird. Auf eine kürzlich erschienene erneute Hasstirade (den Link dazu sparen wir uns) antwortet Taxi Times-Leser Wolfgang Schild mit einer Replik, die er „Vorwärtskraft“ nennt. Hoffen wir mal, dass Don Dahlmann das nicht nur liest, sondern endlich auch kapiert.
„Der Gründerszene Autor nennt seine Kolumne DREHMOMENT, physikalisch eine Kraft, eine Bewegungskraft. Will er uns damit sagen, dass er sich ständig im Kreis dreht, um seinen eigenen Hintern anzusehen? Der Inhalt seines Textes lässt das stark vermuten.
Meine Replik nenne ich VORWÄRTSKRAFT! Taxi-Anbieter haben in Deutschland eine durch den Gesetzgeber geschützte Aufgabe zur Wahrung der mobilen Daseinsvorsorge. Das ist gut so und hat dafür gesorgt, dass in den letzten einhundert Jahren alle Schichten der Bevölkerung professionell und mit wenig zeitlichem Verzug befördert wurden und werden. Der Service der Taxifahrer ist deutlich besser als deren Ruf. Klar gibt es auch in der Taxibranche Schwarze Schafe – wie überall übrigens (die gibt es unter den Ärzten, bei der Polizei, in der Wirtschaft und für uns alle völlig neu: In der Politik.)
In einigen Regionen ist gesetzkonformes Handeln leider immer noch nicht erkennbar. Das überrascht nicht sonderlich, denn wo nicht kontrolliert wird, sprießt der Wildwuchs, da wird gelogen und betrogen. Hamburg hat dem Wildwuchs schon vor Jahren durch geschickte Plausibilitätsprüfungen und durch den Zwang, ein Fiskaltaxameter einzusetzen, weitestgehend den Riegel vorgeschoben. Wer heute in Hamburg seine Konzession(en) verlängern will, muss nachweisen, dass seine eigenen Angaben nicht im Widerspruch zu den geltenden Regeln und den Aufzeichnungen des Fiskaltaxameters stehen.
Ridesharing wurde schon vor bald zwanzig Jahren im Gewerbe diskutiert, scheiterte letztlich daran, dass von Hand gerechnete Preise für die Fahrtteilnehmer zu ermitteln, schlichtweg unmöglich war. Erst bessere elektronische Helferlein machen dies nun möglich. Okay, ich gebe zu, das haben wir etwas verschlafen, aber man kann nicht immer der Beste sein.
Alle unsere Unternehmungen basieren auf dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), das, wenn es befolgt wird, sowohl den Taxifahrer als auch dessen Kunden schützt. Der Taxifahrer versteht sich als ein Dienstleister und lässt sich die Hilfestellung beim Ein- und Aussteigen und die Einkaufstüte-in-den-3.-Stock-tragen nicht extra bezahlen. Entlohnt wird er dafür trotzdem, mal dankbare Worte, mal ein Lächeln, mal ein kräftiges Trinkgeld.
Wer, wenn nicht die Taxifahrer, bringen Tante Frieda die 500 Meter zum Arzt, die sie selbst nicht mehr laufen kann. Diese mobile Daseinsvorsorge ermöglicht es Tante Frieda, dass sie ihre Selbstständigkeit nicht aufgeben muss. Wir Taxifahrer unterstützen sie dabei, ihr Leben so zu leben, wie sie es für richtig hält. Um dies und vieles mehr zu ermöglichen schützt das PBefG vor Wildwuchs und verbietet es Mietwagen, taxigleich in fremden Revieren zu wildern.
Viele, die das schnelle Geld wittern, steigen auf Mietwagen um, scheinbar unterstützt von großen finanzstarke Brutalokapitalisten, die versuchen, hier das dicke Geld zu machen, koste es, was es wolle.
Zunächst auf dem Rücken und zu Lasten der Entlohnung der Fahrer, dann zu Lasten der Kundschaft. Die Preise richten sich nach Angebot, Nachfrage und äußeren Umständen. Ups, es regnet, da könnten die Straßen rutschig sein, das Gefahrenpotential erhöht sich damit um 150 Prozent, da muss der Fahrpreis natürlich angepasst werden. Der Kunde will das nicht zahlen? Dann endet die Fahrt genau jetzt und er wird buchstäblich im Regen stehen gelassen. Bei Glatteis können es schon eintausend Prozent sein und der Fahrpreis steigt entsprechend. Gibt es nicht, mag man denken? Doch gibt es, vergleiche Uber in New York.
Den milliardenschweren Überfall auf ein ganzes Land, durchgeführt von gierigen, zügellosen und menschenverachteten Brutalokapitalisten, deren verquerer Wertvorstellung sich mittlerweile auch ein deutsches Unternehmen angeschlossen hat, als Fortschritt zu bezeichnen, ist zumindest höchst verwunderlich.
Wir alle brauchen die Rückkehrpflicht und weitere schärfere Bedingungen für Mietwagen. Das hat die Hamburger Aufsichtsbehörde schon lange erkannt. Mietwagen müssen mit Wegstreckenzählern nach dem Fiskaltaxametersystem ausgestattet werden. Mietwagenunternehmer mit mehr als einem Fahrzeug benötigen einen Betriebssitz, nicht nur einen Platz, an dem die Wagen parken, nein einen richtigen Betriebssitz, wo jede Bestellung eingehen und dokumentiert werden muss. Es braucht Aufenthaltsräume und Sanitäranlagen für die Angestellten. Andere Gemeinden haben die Zusammenhänge noch längst nicht durchschaut, können oder wollen es nicht.
Hamburgs Aufsichtsbehörde weiß, dass eine lockere Zulassung von Mietwagen beispielsweise in der Umlandgemeinde Pinneberg die Stadt Hamburg mit Mietwagen überschwemmt, denn Mietwagen – sind sie erstmal zugelassen – dürfen überall fahren. Die Rückkehrpflicht schützt nicht das Taxigewerbe, sie schützt uns alle vor dem die Straßen verstopfenden Mietwagenwildwuchs. Nix gegen Mietwagen, es soll und muss sie geben, aber nur zu denselben fiskal- und ordnungspolitischen Regeln, wie sie für Taxis schon seit einhundert Jahren gelten.
Wer wie Don Dahlmann in seiner Kolumne gegen das Taxigewerbe wettert und für Anbieter wie Uber, Moia etc. die Lanze bricht, hat rein gar nichts verstanden. Dahlmanns unverantwortliche Haltung schadet nicht nur den Taxiunternehmen, sie geht auch zulasten der gesamten Gesellschaft in den Städten.
Ich zitiere Dahlmann, nur ganz leicht abgewandelt: „Dass ihm die Kurzsichtigkeit und Lächerlichkeit seiner eigenen Argumente nicht auffällt, ist schon erstaunlich. Offenbar hat er die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre komplett ignoriert (Original: Dass der (Taxi)Lobby die Kurzsichtigkeit und Lächerlichkeit ihres eigenen Tuns nicht auffällt, ist schon erstaunlich. Offenbar hat man die Nachrichten der letzten fünf Jahre komplett ignoriert.)
Don Dahlmann muss sich den Vorwurf gefallen lassen..dass er absolut keine Ahnung von dem hat, worüber er schreibt. Es bereitet ihm offensichtlich große Freude, mit seinem Zeigefinger auf das Taxigewerbe zu zeigen, allerdings hat er nicht bemerkt, dass dabei drei seiner Finger auf ihn selbst zurück zeigen.
Dahlmann hat auch nicht begriffen, dass mehr Wagen die Straßen noch mehr verstopfen und dass Navi-Fahrer ohne Ortskunde außer Navi nix können. Sie fahren, wie bei einigen Moia-Fahrern dokumentiert, von der verkehrten Seite in die Einbahnstraße, gefährden damit sich selbst und andere.
Die Aufhebung der Rückkehrpflicht führt nicht zu weniger Verkehr. Dazu gibt es verschiedene Studien. Es führt zu noch mehr Verkehr, noch mehr gefährlichen Situationen und einer noch größeren Belastung aller in einer Gemeinde lebenden Menschen.
Durch Ride-Sharing und brutalokapitalistische Methoden erreichen wir keine Entlastung im Straßenverkehr, das erreichen wir nur, wenn wir bereit sind, auf den eigenen Pkw zu verzichten. Bei mir in der Straße stehen Wagen wochenlang und werden nicht bewegt, brauchen diese Leute wirklich einen eignen Wagen? O-Ton eines Fahrgastes aus Eppendorf: „Wir haben zwei Autos.“ Gegenfrage des Taxifahrers: „Warum fahren Sie dann Taxi?“ Fahrgast: „Weil ich, würde ich meinen Wagen nehmen, keinen Parkplatz mehr finden würde.“ Ich darf das anprangern, ich verzichte schon seit zwanzig Jahren auf einen Privatwagen. Für Privatfahren in der Stadt bestelle ich mir ein Taxi. Mit über 90 Prozent dieser Fahrer würde ich ein Bier trinken gehen, würde ich denn Alkohol trinken. Sie sind nett, sie agieren professionell und souverän.
Wir brauchen keine Verkehrswende im Sinne von noch mehr (Miet-) Autos auf den Straßen. Wir brauchen Einsicht und Verzicht. Aber wie soll man das einem Volk vermitteln, dem über 70 Jahre eingetrichtert wurde, dass das Wachstum der Automobilindustrie uns am Leben erhält?
Was können wir also tun? Ganz einfach: Unseren Job machen! Mit Freude, Respekt und Empathie. Eine gute Arbeitsleistung spricht direkt unser Belohnungssystem im Hirn an und verschafft uns das Gefühl, etwas Gutes und Richtiges getan zu haben. Davon kann man zehren und eine wenig lukrative Tour locker und ohne Murren wegstecken. Wenn wir alle das berücksichtigen, erledigen sich die negativen Schlagzeilen, Streitereien untereinander, Machogehabe, Drängeleien und Taxirennen auf den Straßen von ganz allein. Man muss es nur wollen und nicht warten, bis der andere anfängt. Bei sich anfangen! Jetzt! Sofort! Dann ist unser Gewerbe auch die nächsten einhundert Jahre sicher.“
Dieser Gastkommentar stammt von Wolfgang Schild, Taximann in Hamburg
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Dieser Kommentar ist genau die richtige Antwort auf die zweifelhafte Kolumne in der Plattform Gründerszene.
Vielen Dank.
Don Dahlmann schreibt „Und was sollen in Zukunft die voll autonom fahrenden Taxis machen? Brav zur Station zurückfahren, wo ihnen dann per Hand ein neuer Auftrag übergeben wird?
Ich würde sagen die sollen sich eine Taxikonzession erwerben.
….ich habe dem DAHLMANN auch geschrieben,…eine rein´ sachliche antwort der derzeitigen situation im taxigwewerbe,…
emotionale reaktionen bringen da gar nichts, schon gar nicht bei solchen HASS KOMMENTAREN.
darum lob an WOLFGANG SCHILD,…sehr gut geschriebener text,…klasse!
denn: was will denn jemand wie diese komiker DAHLMANN gegen fakten sagen? diese sprechen für sich,.. ich reagiere so zb auch auf fahrgäste (trotz meiner gelegentlichen wut auf UBER&CO), die mich zur UBER-PROBLEMATIK ansprechen; stichwort: UBER&CO ist billiger im vergleich zu uns,…ect., pp.,….