Corona fordert bei Taxi- und Mietwagenunternehmern seit vielen Monaten ein großes Bündel zusätzlicher Aktivitäten. Remmer Witte, Prokurist eines Taxibetriebs, hat am Beispiel des eigenen Betriebs die Kosten zusammengerechnet.
Seit März diesen Jahres hat das Wort „Sicherheit“ im Taxi ein neues Gesicht. Es geht nicht mehr nur um einen aktuellen, gut ausgestatteten Fuhrpark und gut geschulte Mitarbeiter. Vertrauen in die Dienstleistung Taxi definiert sich mittlerweile auch über jene Vorkehrungen, welche die Taxi- und Mietwagenbetriebe unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes und der Eindämmung der Corona-Ansteckungsgefahr treffen.
Der Kauf von Desinfektionsware beispielsweise ist trotz der vielen vermeintlichen Superschnäppchen, welche täglich per Mail reinflattern, ein Aufwand, der in der Kalkulation nach wie vor ernsthaft zu Buche schlägt. Allein finanziell kommt da schon ganz schön was zusammen, auch wenn die für Desinfektions- und Hygienemaßnahmen aufgewandte Arbeitszeit in dieser Rechnung natürlich den Löwenanteil ausmacht.
Betrachte wir einmal eine vorläufige Zusatzkosten-Bilanz der Corona-Krise im Taxialltag (März – Juli) am Beispiel eines städtischen Mehrwagenunternehmers (MWU) mit 18 Fahrzeugen (wenn sie denn fahren):
100 Liter Fächendesinfektion = 300 €
80 Pakete Hand-Desinfektionstücher = 480 €
1.000 Stück Einweg-Mundschutz (für die Kunden) = 1.200 €
100 Stück wiederverwendbarer Mundschutz (für die Mitarbeiter) = 500 €
25 Trennvorrichtungen (selfmade für Material und Arbeitszeit) = 2.000 €
50 Stück wetterfeste Aufkleber „bitte hinten einsteigen“ = 60 €
ca. 2.000 Arbeitsstunden regelmäßige Fahrzeugdesinfektion = 25.000 €
Summe bisher (März – Juli 2020) pro Fahrzeug = 1.641 €
Aber muss man den Kostenfaktor Arbeit wirklich 1:1 bei dieser Rechnung berücksichtigen? Die Tastaturen werden sicherlich schon gezückt. „Bei uns desinfizieren die Kollegen ihre Fahrzeuge einfach mal eben am Halteplatz zwischen zwei Fahrten, das kostet das Unternehmen doch nichts, die sollen sich mal nicht mit fremden Federn schmücken“, könnte man erwidern. Aber nur wenn man das Gewerbe nach wie vor durch die Metropolen-Brille sieht, wo es eventuell hier oder da noch so sein mag.
Taxi mag in den Medien (und wohl auch in einigen Köpfen in Berlin) nach wie vor am ehesten als anonymes Großstadtprodukt sichtbar sein, der Alltag aber sieht vielfach ganz anders aus.
Überall da, wo gewerblicher Gelegenheitsverkehr nur wenig mit regelmäßigen Winkern oder dem Anschluss an große Vermittlungszentralen zu tun hat, also in mittleren oder kleineren Städten oder im ländlichen Gebieten, müssen die Unternehmen selber zusehen, dass ihre Fahrzeuge bzw. ihre Mitarbeiter während der Arbeitszeit wirklich ausgelastet sind.
Pflege- und Desinfektionszeit ist dann ganz klar ein relevanter Kostenfaktor für das Unternehmen, denn in dieser Zeit wird eben kein Umsatz generiert, die Mitarbeiter aber kosten trotzdem. Und da es coronabedingt ja eh nur kleinere Zeitfenster im Tages- und Wochenverlauf gibt, in denen ausreichend Fahraufträge anstehen, bedeuten 15 Minuten Pflegeaufwand pro Arbeitsstunde für den MWU eben, dass fünf anstatt vier Fahrzeuge auf die Straße müssen, um dieselbe Anzahl anstehender Fahrten bewältigen zu können. Sogar viele Krankenkassen haben diesen Aufwand kurzzeitig honoriert, inzwischen aber ist der Alltag wieder eingekehrt und Krankenkassen scheren sich wieder wenig um die Sorgen und Nöte des Taxigewerbes. Ein Trost: Viele Kunden nehmen dieses Engagement der Kollegen sehr positiv wahr. Ganz überrascht berichten Fahrer, dass ihre Trinkgeldquote seit März nicht unerheblich gestiegen sei, obwohl viele Menschen nun doch noch weniger Geld als vor der Krise hätten. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Kundenstruktur sich seit März verändert hat, denn aktuell fahren meist ja nur Menschen, die wirklich auf Taxi angewiesen sind, also Profikunden, die wissen, was sie von uns haben. Und für diese Menschen macht das Engagement dann doppelt Freude. rw