Rund 300 Taxis haben am Dienstagabend eine viel befahrene Straße in Nürnberg blockiert. Die Demonstration stand unter dem Motto „Hände weg vom Taxitarif – Uber darf keine Gesetze diktieren“.
Zeitlich versetzt zur Taxidemo in München hatten der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer als Schirmherr und die Nürnberger und Erlanger Taxizentrale eine Taxidemonstration für die Abendstunden organisiert. Ohne vorherige Sternfahrt versammelten sich die Unternehmer in einer von der Polizei abgesperrten viel befahrenen Straße. Rund 300 Taxiunternehmer und Fahrer aus Nürnberg, Erlangen, Fürth und anderen fränkischen Städten und Gemeinden waren erschienen. Selbst Kolleginnen und Kollegen aus Berlin waren mit vier Taxis angereist und auch der eine oder andere Taxifahrer aus München hatte sich nach der eigenen Demo auch noch auf den Weg nach Nürnberg gemacht. Sie alle wurden von Wolfgang Ziegler, Vorstandsmitglied der Taxizentrale Nürnberg sowie des Landesverbands Bayern begrüßt.
Ziegler schilderte die Beweggründe für den öffentlichkeitswirksamen Protest. Uber & Co wollen durch eine Gesetzesänderung des PBefG erreichen, dass Verkehre mit Laientaxis eine Freigabe erhalten. Dafür liefere man Textbausteine, die sich leider bereits im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung wiederfinden, was von den handelnden Akteuren in einer viel beachteten Sendung der ARD bestätigt worden sei. Dort hatte auch Sven Bilger, Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, von einer raschen Änderung nach der Sommerpause gesprochen. Die Gesetzesänderung stehe ganz oben auf der Tagesordnung.
Wie eine solche Anpassung des PBefG aussehen könnte, war bereits letztes Jahr in den Änderungsvorschlägen zu erkennen, die von einer Arbeitsgruppe der Länder erarbeitet wurden. Danach sollte der Taxitarif künftig nur noch Höchstpreis geregelt werden, Abweichungen nach unten, nicht aber nach oben möglich sein. „Das halten wir für eine absurde Überlegung“ sagte Ziegler bei der Kundgebung. „Der einheitliche Taxitarif sichert unseren Kunden zu jeder Zeit ein Beförderungsangebot zu einem verlässlichen Preis. Es schützt also nicht nur den Taxiunternehmer vor unwirtschaftlichen Leistungen, es schützt vor allen Dingen den Kunden vor überhöhten Preisen.“ Den festgelegten Tarif nur nach unten aufzuheben, sei aberwitzig. Ein freigegebener Taxitarif müsste nach Marktregeln funktionieren, was zur Folge hätte, dass eine Taxifahrt im August fünf Euro und an Silvester 120 Euro kosten müsste. „Das wollen wir nicht“.
Als zweiten Punkt warnte Ziegler vor Plänen, den Städten und Landkreisen die bisherige Begrenzung von Taxikonzessionen zu verbieten. Es wäre schade, wenn man in dieser Frage auf den kommunalen Sachverstand der Städte und Gemeinden verzichten würde.
Zum Thema Ride-Sharing oder auch Ride-Pooling, das aktuell von großen Fahrzeugherstellern eingeführt wird, lieferte Ziegler die deutsche Übersetzung: „Sammelverkehr mit Kleinbussen“. Das klinge schon nicht mehr so sexy und werde von Taxibetrieben schon lange eingesetzt- vornehmlich im ländlichen Bereich als Anruf-Linien-Bus oder Anruf-Sammel-Taxi. Wenn es nun aber in die Städte kommt, müssen solche Verkehre in ein städtisches Verkehrskonzept eingebunden sein. Das mache dann Sinn, wenn man damit entfernter gelegene Stadtteile einbindet. „Es macht aber keinen Sinn, wenn man damit zum Hauptbahnhof fährt, denn dann werden die Straßen noch mehr verstopft“, sagte Ziegler.
Damit all das nicht eintritt, habe man bewusst die Taxi-Demo organisiert. „Wir wollen die öffentliche Diskussion anregen und verhindern, dass Änderungen am PBefG hinter verschlossenen Türen vorgenommen werden. Die Struktur des PBefG hat auf alle Bürger in den Städten Auswirkungen.“
Unterstützung bekamen die Anwesenden Taxiunternehmer und Fahrer bei den anschließenden Reden von Politikern von SPD, Grünen und CSU. Natascha Kohnen, Landtagsabgeordnete der SPD und Spitzenkandidatin der in Bayern bevorstehenden Landtagswahl sagte, man brauche auch in Zukunft feste Tarife für Taxifahrten. „Städte und Landkreise müssen die Taxis vor Ort regulieren können, auch mit Begrenzung der Konzessionen.“ Direkt an die Zuhörer gewandt versprach Kohnen: „Wir werden es nicht zulassen, dass internationale Konzerne kommen, Milliarden auf dem Kapitalmarkt einsammeln und Sie dann mit Dumpingangeboten kaputtkonkurrieren. Die SPD wird da nicht mitmachen.“ Mit Uber-Vertretern hätte die bayerische SPD kritische Diskussionen geführt.
„Die habe ich gleich wieder heimgeschickt, als sie mit mir reden wollten“, stellte Markus Ganserer klar. Der Landtagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der Grünen war schon wenige Stunden vorher bei der Münchner Taxi-Demo aufgetreten und sicherte auch den fränkischen Kollegen seine uneingeschränkte Solidarität zu. Dank technischem Fortschritt könne man überall per Internet die Telefonnummer oder Kontaktdaten zur Taxizentrale herausfinden, dort anrufen und bekomme immer ein Taxi. „Dazu braucht man keine App und kein Uber. Und weil ein Taxi dank Beförderungs- und Tarifpflicht den Kranken auch dann befördert, wenn der Weg nur zwei Kilometer lang ist und wenn es pressiert auch mal bis nach München fährt, sage ich: Hände weg vom Taxitarif“.
Sebastian Brehm, Bundestagsabgeordneter für die CSU, sieht das Taxi als wichtigen Teil des Mittelstands und als Rückgrat der Gesellschaft. “Wir werden nicht zulassen, dass internationale Großkonzerne den Markt komplett übernehmen und den Mittelstand kaputtmachen. Wir stehen zu den Taxiunternehmern und Taxifahrern, weil sie Löhne und Gehälter und damit Steuern zahlen und es somit alles nach Recht und Gesetz läuft.“ jh
Taxi Times hat sämtliche Reden der beiden Demos zusammengefasst.
Weitere Redner auf den Taxidemos in München und Nürnberg am 18. September 2018 waren:
Natascha Kohnen, SPD-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl in Bayern im Oktober 2018
Sebastian Brehm, Bundestagsabgeordneter für die CSU
Florian Post, Bundestagsabgeordneter für die SPD
Markus Ganserer, Verkehrspolitischer Sprecher für die Grünen im Bayerischen Landtag
Dr, Reinhold Babor, Münchner CSU-Stadtrat und seniorenpolitischer Sprecher
Spontaner Gastredner: Christian Ude, Alt-OB von München
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Wenn alle Vertreter der großen Parteien so für den Erhalt der PBefG wären, warum haben sie denn die Gesetzesänderung im Koalitionsvertrag fest geschrieben. Was läuft da im Hintergrund? Hat Uber soviel gespendet und wollen jetzt Ergebnisse sehen?