In weiten Teilen Italiens streiken gestern und heute die Taxifahrer. Sie sind dem Protestaufruf gegen die Liberalisierungspläne der Regierung gefolgt, die Uber & Co. begünstigen sollen.
Die Taxifahrer in ganz Italien befinden sich seit gestern in einem zweitägigen Streik, der heute noch bis Mitternacht andauern soll. Sie protestierten damit gegen Liberalisierungsmaßnahmen der Regierung unter Premier Mario Draghi, die ihrer Ansicht nach den Fahrdienstanbieter Uber und andere Plattformvermittler in unlauterer Weise begünstigen.
Gestern fuhren Taxis aus vielen Landesteilen nach Rom, um auf der zentralen Piazza Venezia zu demonstrieren. Auch in der zweitgrößten Metropole Mailand, Hauptstadt der Lombardei und für Norditaliener die „heimliche Hauptstadt“ Italiens, wimmelt es von weißen Taxis vor der Präfektur. Auch hier folgten zahlreiche Taxifahrer dem Streikaufruf, der bereits vor mehreren Wochen ergangen war.
Die Taxifahrer befürchten, ihre Marktposition durch zunehmende Liberalisierung zu verlieren. Sie haben teilweise hohe Summen für die Lizenzen gezahlt, die in Großstädten bis zu 250.000 Euro kosten können und bei einer Marktöffnung nun an Wert einbüßen würden.
Die Gewerkschaften fordern eine Änderung des geplanten Gesetzespakets, dessen Liberalisierungsmaßnahmen ihrer Ansicht nach multinationale Konzerne wie Uber begünstigen. Mit Uber würden dem Staat die Steuereinnahmen entgehen, während die Taxibranche alle Regeln einhalten müssten, so die Kritik. Bei einem Treffen mit der stellvertretenden Verkehrsministerin Teresa Bellanova am 27. Juni wurde eine Änderung des Artikels 10 des Wettbewerbsgesetzes gefordert. Der Regierung wird vorgeworfen, den Weg zum Uber-Markt und anderen Transport-Apps zu ebnen. Von einer Einigung sind Regierung und Taxigewerbe weit entfernt.
Wie die überregionale Tageszeitung „Corriere della Sera“ (übersetzt „Tageskurier“) berichtet, hat Mailand sich in den letzten Tagen zum Hotspot der nationalen Unruhen entwickelt – mit einer fünftägigen spontanen Blockade, die Ende Juni den öffentlichen Verkehr lahmlegte. Die Situation sei angespannt und von einer hitzigen Debatte darüber geprägt, ob man den wilden Streik durchhalten solle oder nicht.
In der Bevölkerung stoßen die Proteste der Taxibranche auf Verständnis. Die Taxis in den italienischen Städten, die für ihre Sauberkeit und ihren meist guten technischen Zustand bekannt sind, gelten weithin, gerade auch bei Frauen, als zuverlässiges und sicheres Verkehrsmittel. Mit einem großen Markteintritt durch Uber & Co. sehen viele, die auf mehr achten als nur die Fahrpreise, diesen Zustand gefährdet und befürchten Zustände wie in New York.
Der Taxiverkehr ist aber nicht komplett zum Erliegen gekommen. Der sogenannte Sozialdienst, also die nötige Beförderung von Personen zu Krankenhäusern und ähnliche Fahrten, werden aufrecht erhalten. In Mailand gibt es etwa hundert Taxis, die diesen Service garantieren und deshalb nicht am Streik teilnehmen. ar
Beitragsfoto: Taxis in Mailand. Foto: Axel Rühle