Nach einer längeren Pause hat sich die Taxierfagruppe mal wieder zum Gedankenaustausch getroffen. Gastgeber war der Taxiunternehmer Frank Wiencke. Auf der Tagesordnung standen Themen wie TSE, ÖPNV-Taxi und der Umgang mit Wettbewerbern.
Der vor vielen Jahren von dem damals noch aktiven Münchner Taxiunternehmer Peter Köhl und seinem immer noch tätigen Nürnberger Kollegen Christian Linz gegründeten Gruppe gehören Geschäftsführer von Mehrwagenbetrieben aus mittleren und großen Städten an. Es sind Unternehmer, die ihre Betriebe nach dem Motto „ehrlich – kollegial – kompetent“ führen und sich dazu regelmäßig untereinander austauschen, wobei jedes Mal ein anderes Mitglied Gastgeber ist.
Diesmal folgte die Gruppe der Einladung von Frank Wiencke, der in Hannover mehrere Taxis betreibt, die er sowohl über die App von Taxi.de als auch über die örtliche Taxizentrale Hallo Taxi 3811 vermittelt. In deren Schulungsraum fand denn auch die Tagung statt, eingeläutet mit ein paar Grußworten von Wolfgang Pettau, Geschäftsführer der Hallo Taxi 3811.
Als Alleinstellungsmerkmal seiner Taxizentrale bezeichnete Pettau die enge Zusammenarbeit mit den hannoverschen Verkehrsbetrieben Üstra. Zu gleichen Anteilen sind beide an der TaxiBus GmbH beteiligt und führen Sammelverkehre im Raum Hannover mit Taxis, Mietwagen und Bussen durch.
Bemerkenswert sind auch die Qualitätsbemühungen der Taxizentrale. Jeder Fahrer bekommt ein 170 Seiten starkes Fahrerhandbuch, das auch als Grundlage für die Schulungen dient inklusive anschließender Prüfung. Nur wer die besteht, wird von der Zentrale vermittelt. Wiencke ist einer der Referenten.
Der Erfa-Tag begann mit einer kurzen Erklärung von Taxi-Times-Herausgeber Jürgen Hartmann zur aktuell laufenden Unterschriften-Aktion für einen Offenen Brief an 16 deutsche Flughafengesellschaften. Darin werden die verantwortlichen Geschäftsführer aufgefordert, ihrer gesellschaftspolitischen und moralischen Verantwortung gerecht zu werden und keine Kooperation mit Uber und anderen Plattformen einzugehen. Alle Mitglieder der Taxierfagruppe haben sich mit ihren Unterschriften diesem Appell angeschlossen.
Daran anschließend begrüßte der Tagesmoderator Remmer Witte vom Oldenburger Taxibetrieb Acht-Elf-Elf zwei neue Mitglieder der Erfa-Gruppe, der nun auch Mehrwagenbetriebe aus Augsburg und Rostock angehören.
Danach ging es dann knapp zwei Stunden lang um das Thema TSE. Die Gruppe hatte dazu als Experten Torsten Fette von der Umrüster-Firma Femotax aus Bremen eingeladen. Man könne die vom Gesetzgeber seit diesem Jahr vorgeschriebene technische Sicherheitseinrichtung (TSE) entweder direkt im Taxameter nachweisen oder über eine Cloud-Lösung. Für Ersteres habe sowohl Hale bei seinen Taxameter-Generationen, als auch Digitax in Kombination mit dem Software-Anbieter MPC fertige Lösungen. Die angekündigten Cloud-Lösungen, bei denen neben den Taxameter-Datensätzen auch Fahrten außerhalb des Taxameters zertifiziert werden, sind dagegen alle noch nicht spruchreif. Vor allen Dingen in den Großstädten warten viele Unternehmer derzeit noch ab, was ihnen ihre Taxizentrale als Lösung anbietet. Insgeamt also noch mehr Nebel als Licht.
Spannend wurde für die ErfaGruppen-Mitglieder dann der Part von Kim Sombrutzki, in dem die Junior-Chefin der Versicherungsassekuranz 4U über die Leistungen einer D&O-Versicherung aufklärte. Damit sichere eine GmbH die persönliche Haftung ihrer Geschäftsführer ab, wenn diese durch persönliches Fehlverhalten der GmbH Schaden zufügen.
Für ungläubiges Kopfschütteln sorgten die Ausführungen von Sombrutzki zur Haftungsübernahme bei Unfällen, die erst nach dem Ende einer Taxifahrt entstehen und bei denen dann anstelle der Betriebshaft aufgrund einer so genannten „Großen Benzinklausel“ sogar die Kfz-Haftpflicht den Schaden reguliert.
Nach so viel unglaublichen Versicherungsrecht konnten sich die Taxiunternehmer dann beim von Frau Sombrutzki mitgesponserten Mittagessen nochmal über das bisher Gehörte austauschen, ehe es danach mit Rechtsanwalt Dennis Steinke weiterging. Dessen Bremer Kanzlei BBG hat unter Federführung von Dr. Baumeister das Konzept eines ÖPNV-Taxis entwickelt. Dabei geht es darum, wie das Taxi in das On-Demand-Angebot eines Landkreises integriert werden kann, ohne dass dies nach Europarecht umständlich ausgeschrieben werden muss. Steinke stellte in diesem Zusammenhang das erfolgreiche ÖPNV-Taxi im Landkreis Freudenstadt vor und diskutierte mit den Taxibetrieben über Möglichkeiten einer Ausweitung vom rein ländlichen Gebiet in Richtung Kleinstadt. Das dicke Brett, das dabei gebohrt werden muss: Man muss sowohl den Verkehrsverbund als auch die Kommune als Aufgabenträger davon überzeugen, dass ein ÖPNV-Taxi anstelle von eigenen On-Demand-Diensten oder fast leeren Geisterbussen nicht nur eine rechtlich einfache Alternative sein kann, sondern auch noch die finanziell Attraktivere. Manch einer der Teilnehmer wird nun wohl mit seiner Kommune ins Gespräch dazu gehen. Herr Steinke sagte in diesem Fall Unterstützung durch seine Kanzlei zu.
Den letzten Tagesordnungspunkt übernahm dann Gründungsmitglied Christian Linz, der neben seinem Taxibetrieb und einem dreijährigen Intermezzo als Vorstand der Nürnberger Taxizentrale mittlerweile als Hauptgeschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer fungiert. Sein Bericht aus Nürnberg war kraft seines neuen Amtes eher gewerbepolitisch angehaucht. Es ging um den Start des Plattformanbieters „Bolt“ in Nürnberg am 1.12.23, den aktuellen Stillstand bei den Überlegungen der Stadt Nürnberg, ein Mindestentgelt für Mietwagen einzuführen sowie um einen geplanten Franken-Taxitarif für die Städte Nürnberg, Erlangen, Fürth und Bamberg.
Dabei wurde deutlich, wie eng die drei Themen miteinander zusammenhängen. Weil Uber bisher in Nürnberg nicht präsent war, sah man seitens der Stadt im letzten Jahr zunächst keinen Anlass für ein Mindestentgelt. Jetzt, mit dem Start von Bolt, will man zunächst ein Wirtschaftlichkeitsgutachten in Auftrag geben, ehe man dazu eine Entscheidung trifft.
Derweil agiert Bolt in der fränkischen Stadt über einen Generalunternehmer mit aktuell 30 Fahrzeugen. Man bietet Fahrten an, die größtenteils mehr als 50 Prozent unterhalb des Nürnberger Taxitarifs liegen und punktet mit dem Service, dass man jedem Fahrgast einen kostenlosen Hotspot, Snacks und ein Mineralwasser anbietet.
In der Konsequenz haben die Taxizentralen von Nürnberg und Fürth eine von Linz im Rahmen des Frankentarifs angedachte Tariferhöhung abgelehnt. Man befürchtet, dass eine Preiserhöhung es dem Nürnberger Taxigewerbe noch schwerer machen würde, Bolt Paroli bieten zu können. Damit wird es in Nürnberg erstmals seit vielen vielen Jahren keine jährliche bzw. maximal zweijährliche moderate Tarifanpassung geben, was Linz sehr bedauert.
Mit der Besprechung einiger interner Dinge endete das Treffen der Taxierfagruppe. Man will sich jetzt wieder in regelmäßigeren Abständen als bisher treffen. red
Das Beitragsfoto zeigt die Teilnehmer des Treffens der Taxierfagruppe am 23.3.24 in Hannover. Foto: Taxi Times