Der Taxi- und Mietwagenverband (TMV) und der Sozialverband Deutschland (SoVD) wollen eine grundsätzliche politische Debatte über die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Inklusionstaxis in Deutschland führen. Man hat dafür eine gemeinsame Ständige Kommission gegründet.
„Wir sind uns darüber im Klaren, dass es eine politisch herausfordernde Aufgabe werden wird, die Bedeutung von Inklusionstaxis im urbanen wie im ländlichen Raum ins Zentrum einer Debatte um gesellschaftliche Teilhabe zu stellen“, verkündeten beide Verbände heute zum Aktionsstart in Bamberg.
Man wolle sich dabei von drei Ausgangsvoraussetzungen leiten lassen, heißt es weiter. Erstens müsse der notwendige Beratungsbedarf für Verbände, Genehmigungsbehörden und Unternehmen staatlicherseits finanziert und professionell in unabhängigen Beratungsstellen organisiert werden. Zweitens dürfen die Kosten für den Umbau und die Anschaffung von Inklusionstaxis nicht weiterhin privatwirtschaftlich auf die Unternehmen abgewälzt werden. Und drittens sollen die erhöhten Kosten für Inklusionsfahrten in den Taxitarifen nicht auf die Kunden abgewälzt werden, sie sollen aber auch nicht bei den Stadt- und Landkreisen wie auch nicht bei den Unternehmen hängenbleiben.
„Wir bohren ganz dicke Bretter“, sagte TMV-Geschäftsführer Patrick Meinhardt bei der Präsentation und nannte dabei die Sorge, dass Fragen der barrierefreien Mobilität entgegen der Intention des Gesetzes zumindest nicht im Vordergrund stehen oder aber sogar vernachlässigt werden. Die vom Verkehrsgesetzgeber gewollte Barrierefreiheit müsse von Beginn der Einführung der neuen Bedarfsverkehre an eine maßgebliche Rolle spielen, weshalb man ein solides bundesweites Beratungsnetzwerk für inklusive Mobilität brauche, das auch die Betroffenen selbst und ihre Vertretungen einbezieht. Das Netzwerk soll den Wissensbedarf der Behörden vor Ort decken und die Sensibilität für die Belange der Menschen mit Behinderungen wecken.
Kritik formulieren beide Verbände am neu geschaffenen Paragraph 64c des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Dieser sieht einen Richtwert von fünf Prozent barrierefreier Fahrzeuge pro Unternehmen vor. Er greift allerdings erst ab dem 19. Fahrzeug eines Taxibetriebs. „Gerade im ländlichen Raum, wo der barrierefreien Mobilität ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden muss, stellen meist Kleinstunternehmen ein nur wenige Fahrzeuge umfassendes Taxi- und Mietwagenangebot zur Verfügung. Diese fünf Prozent im PBefG entsprechen nicht der Realität“, stellt Patrick Meinhardt fest. Der Paragraph 64 c laufe hier schlicht ins Leere und müsse im Rahmen einer Gestaltungsoffensive Inklusionstaxis nachgebessert werden.
Nahezu revolutionär liest sich ein dritter Punkt der Forderungen: Die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im Öffentlichen Personennahverkehr, die im Kapitel 13 des neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) definiert ist, sollte auch auf die Nutzung von Inklusionstaxis ausgeweitet werden. Dazu müsse der Paragraph 230 Abs. 1 des SGB IX durch eine Ziffer 8 „Inklusionstaxen“ ergänzt werden, schlagen der SoVD und der TMV vor. „Das Angebot, auf den Rollstuhl angewiesene Menschen zu den gleichen Bedingungen zu befördern wie der übrige ÖPNV, ist eine bürokratiearme Lösung für die Beförderungsberechtigten wie auch für die Unternehmen“, heißt es dazu in der gemeinsamen Erklärung. Für den behinderten Menschen entfielen Gutscheinlösungen oder Mobilitätsbudgets, stattdessen würde der amtliche Berechtigungsausweis genauso wie in Bus und Bahn ausreichen. Der Unternehmer, der Inklusionstaxen betreibe, solle eine pauschale Erstattung erhalten.
„Die Kosten dieser Fahrten hätte der Bund zu tragen“, fordert Meinhardt. Das habe den Vorteil, dass man sich nicht mit 16 Bundesländern rumschlagen müsse. Meinhardt räumte aber auch ein, dass eine solche Entscheidung nicht übermorgen oder in 14 Tagen zu erwarten sei, sondern sich über mehrere Jahre hinziehen dürfte. Da waren sie wieder- die angesprochenen dicken Bretter… sg
Hinweis der Redaktion: Mehr zum Taxi-Inklusionstag finden Sie hier.
Beitragsfoto Taxi Times