Ist Personenbeförderung mit dem „Fahrrad-Taxi” legal? Die Frage stellt sich wieder einmal, nachdem ein Londoner „Pedicab”-Fahrer eine Touristin eingeschüchtert und einen Wucherpreis verlangt hat.
Ein Londoner Fahrrad-Taxi-Fahrer hat letzte Woche von einer belgischen Touristin mit zwei Kindern für eine Fahrt von weniger als zwei Kilometern 450 Pfund (524 Euro) verlangt. Die Frau namens April Argenau sagte dem Fernsehsender BBC News, sie habe sich und ihre zwei Kinder in London von einem Rikscha-Fahrer bedroht gefühlt, als sie sich über den Fahrpreis beschwerte, und habe sich gezwungen gefühlt, die von ihm geforderten 450 Pfund für die siebenminütige Fahrt von der Einkaufsstraße Oxford Street bis zum Royal Lancaster Hotel zu bezahlen. „Ich bin schockiert, dass der Kerl damit durchgekommen ist“, sagte sie. „Ich fühlte mich so bedroht und meine Kinder hatten Angst“.
Steve McNamara vom Verband lizenzierter Taxifahrer (Licensed Taxi Drivers Association, LTDA) warnt regelmäßig vor den betrügerischen und oft unkontrollierten Praktiken der unlizenzierten „Pedicab“-Fahrer, die seit Jahren an allen touristischen Hotspots der britischen Hauptstadt – oft auch an und auf Taxiständen – zu finden sind. Auch die Londoner Polizei pflichtet dem Taxigewerbe regelmäßig bei ihren häufig wiederholten Warnungen bei.
McNamara nennt das Abzocken von Touristen durch „Pedicab“-Fahrer eine „nationale Schande“. Die „Abzocke von Touristen“ sei ein anhaltendes Problem. Seine Organisation erhalte täglich Berichte über Betrügereien, und dieser Vorfall sei ein trauriger Höhepunkt.
Über die belgische Touristin, die mit ihren beiden Kindern unterwegs war und auf besagte Weise getäuscht wurde, berichtete die BBC. „Die Fahrt dauerte sieben Minuten und dann kamen wir im Hotel an, wo er ein Gerät hervorholte und einen Knopf drückte. Das Gerät zeigte zuerst 330 Pfund an. Dann drückte er einen weiteren Knopf, und auf dem Bildschirm wurden 464 Pfund angezeigt. Ich sagte: Machen Sie Witze? Das ist absurd. In meiner Währung sind das über 500 Euro!“ Ihre Kinder hätten durch die Begegnung Angst gehabt. Nachdem sie bezahlt hatte, sagte sie, er sei verschwunden und habe bei der Abfahrt absichtlich die Überwachungskameras des Hotels gemieden.
Letztes Jahr im Februar wurde ein Fahrradtaxifahrer von der Bezirksverwaltung der City of Westminster im Herzen Londons mit einer Geldstrafe belegt, weil er 180 Pfund (210 Euro) für eine dreiminütige Fahrt verlangte. Vereinbart seien 18 Pfund gewesen.
Zahlreiche Touristen sind im Londoner West End Opfer ähnlicher Betrügereien von Fahrradtaxifahrern geworden. Letztes Jahr wurden einem Touristen im Londoner Zentrum 300 Pfund (€ 350) für eine Meile (1,6 km) von Selfridges zum Bahnhof Green Park berechnet.
Um der wachsenden Besorgnis Rechnung zu tragen, haben Gerichte seit November 2021 gegen Fahrradtaxifahrer in Westminster Geldstrafen in Höhe von 29.987 Pfund (35.000 Euro) wegen überhöhter Fahrpreise und Lärmbelästigung verhängt. Die Geldstrafen lagen zwischen 106 Pfund (125 Euro) und 1.850 Pfund (2157 Euro), sagte der Stadtrat von Westminster. Aicha Less, stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, sagte der BBC: „Fahrradtaxi-Fahrten in Westminster sind ein Schandfleck für unsere berühmte Nachtwirtschaft und das West End. Stadtinspektoren tun ihr Bestes, um Besucher über die Gefahren aufzuklären und Unternehmen, auch Taxifahrer, dabei zu unterstützen, zu verhindern, dass Fahrradtaxi-Fahrten ihre Lebensgrundlage ruinieren.” Aber ohne staatliche Gesetzgebung „finden die Betreiber immer neue Wege, um die Grenzen zu überschreiten“.
In beliebten Gegenden wie Oxford Street, Covent Garden, Soho und West End wurden monatliche Patrouillen durch den Stadtrat von Westminster und die Polizei eingeführt. Die Londoner Metropolitan Police sagte, die Polizei habe regelmäßig Beschwerden über das „schlechte Verhalten“ einiger Fahrradfahrer erhalten. Es forderte Touristen auf, „sorgfältig zu prüfen“ und im Zweifelsfall einen anderen Weg zu finden, um an ihr Ziel zu gelangen.
Es bleibt die Frage, warum so viele Touristen – nicht nur in London – massenweise in die „Pedicab-Falle” treten. Vielleicht, weil sie die Pedicabs aus Asien als eine billiges Beförderungsmittel kennen oder die Stadt gerne in einem offenen Pedicab kennenlernen möchten?
Die Einbeziehung von Rikscha-Fahrern in das neue britische Beförderungsgesetz der Regierung war geplant, wurde jedoch in der letzten Parlamentssitzung gestrichen und verzögert sich weiterhin.
Dadurch, dass die Gesetze zu Pedicabs seit 1869 unverändert sind, werden die Personenbeförderungs-Fahrräder als Postkutschen behandelt, was bedeutet, dass jeder ein Pedicab kaufen und Fahrgäste befördern kann. „Die Notwendigkeit strenger Vorschriften zum Schutz von Touristen und zur Wahrung der Integrität des Londoner Beförderungssektors war noch nie so offensichtlich.“
Nicht nur in London, auch in anderen europäischen Großstädten und touristischen Zentren scheinen die betrügerische Aktivitäten der Pedicab-Fahrer in einer gesetzlichen Grauzone stattzufinden. Meist sind die Rikschas und ihre Fahrer nicht als Taxis oder Mietwagen bzw. offizielle Fahrer lizenziert. Viele improvisieren eine „offizielle” Preisgestaltung mit irgendeinem Gerät. Pedicabs sind in der Regel nicht mit einem offiziellem Messgerät ausgestattet.
In Deutschland unterliegen Fahrräder zur Personenbeförderung nicht dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), da dieses nur von Kraftfahrzeugen, Oberleitungsbussen und Schienenfahrzeugen eine Genehmigung verlangt, wie Rechtsanwalt Herwig Kollar, Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) und Experte für Personenbeförderungsrecht, gegenüber Taxi Times erklärt. Für diese Gefährte greift bei dauerhaftem Einsatz mit Gewinnerzielung lediglich das allgemeine Gewerberecht, und das basiert auf dem Prinzip der Gewerbefreiheit. Für die Personenbeförderung mit Fahrrädern verlangt es keinerlei Qualifikation.
„Natürlich müssen aber auch solche Rikschas den allgemeinen Anforderungen der Straßenverkehrsordnung entsprechen“, so Kollar. Die StVO enthält immerhin einen eigenen Paragraphen mit der Überschrift „Personenbeförderung“, und das ist nicht gewerblich gemeint, sondern betrifft jede Mitnahme von Personen in Fahrzeugen auf Straßen. In diesem Paragraph 21 regelt Absatz 3 die Mitnahme von Personen auf Fahrrädern. Die Vorschriften sind schnell aufgezählt: Wer auf einem Fahrrad Personen mitnehmen möchte, muss mindestens 16 Jahre alt sein und das Fahrrad muss dafür baulich geeignet sein. Kinder bis sechs Jahre müssen auf Kindersitzen platziert werden, die verhindern, dass die Kinderfüße in die Speichen geraten. Weitere Vorschriften gelten für Hänger, etwa dass darin nur zwei Kinder bis sechs Jahre befördert werden dürfen.
Betreiber von „Rikscha-Taxis“ profitierten in Deutschland lange davon, dass der Begriff Fahrrad nirgends exakt definiert ist. Juristen waren sich lange Zeit uneinig, ob eine Rikscha mit drei Rädern als Fahrrad zu betrachten ist oder nicht. Erst, als ein Leipziger Rikscha-Betreiber ein Ordnungsgeld von fünf Euro, unter anderem wegen Verstoßes gegen § 21 Abs. 3 StVO, nicht akzeptieren wollte und sich vor Gericht wehrte, sprach das Amtsgericht Leipzig erstmals zu dem Thema Recht: Eine Rikscha mit drei Rädern werde mit Muskelkraft angetrieben und sei daher als Fahrrad einzustufen, weshalb das Ordnungsgeld gerechtfertigt sei. Das wollte der Betroffene nicht akzeptieren und ging in Revision. Prompt hob das Oberlandesgericht Dresden das Urteil ein Dreivierteljahr später auf: Der Gesetzgeber habe ein dreirädriges Fahrrad nicht eindeutig genug als Fahrrad definiert, und es gebe Argumente, die dagegen sprechen, daher war das Ordnungsgeld zu Unrecht verhängt worden, basta. Dass ein anderes Gericht in einem vergleichbaren Fall ebenso urteilen wird, ist keineswegs sicher.
Aus alledem folgt: In Deutschland kann jeder ab 16, der keinen Führerschein, aber eine gewisse körperliche Konstitution besitzt, mit verkehrssicheren Fahrrad-Rikschas gewerblich Personen befördern, ohne jegliche Versicherung oder Genehmigung und ohne irgendwelchen Tarifregelungen zu unterliegen. Die Fahrgäste begeben sich bei der Nutzung folglich in eine Situation, die in vielen Hinsichten riskant ist – nicht nur wegen des rein mündlichen Beförderungsvertrages, der eine Abzocke wie im Londoner Beispiel nicht sicher verhindert. wf/ar
Beitragsfoto: Pixabay (cms-archiv)
Interessant aber nun auch, wie der Betrieb fiskalisch gehandhabt wird.
Dem FA kann man ja alles möglich angeben, ohne dass dieser auch nur die Chance einer Überprüfung hat. Ein behördlicher Gewerbeeintrag (falls ein solcher überhaupt vorliegt) gibt alleine kaum etwas her.
Ein Paradies. So wie es – zugegeben – vor Jahrzehnten auch mal im Taxigewerbe gab.