Zum dritten Mal in einem Monat protestierten Uber-Fahrer vor den gut verschlossenen Türen des Uber BV-Hauptsitzes am Amsterdamer Amstel-Bahnhof gegen die ‘Sklavenarbeit’, zu der diese Firma die Fahrer zwingt. Diesmal wurden sie jedoch von Fahrern der offiziellen Amsterdamer Taxizentralen (TTO) unterstützt.
Die Taxifahrer glauben, dass der Amsterdamer Taximarkt von Uber zerstört wird. Anders als vor drei Wochen beschränkte sich der Uber-Protest auf ein paar faule Eier, Rauchbomben und viele Schreie („Fuck Uber“). Die Amsterdamer Uber-Fahrer und Taxiunternehmer haben es mehr als satt, sie sind frustriert und wütend, weil sie nur mit großen Schwierigkeiten ein angemessenes Einkommen erzielen können – und das nicht einmal mehr regelmäßig. Der strömende Regen des gestrigen Demotages half nicht die Wut und den Unmut zu dämpfen.
Es ist nicht die erste Demonstration für ein besseres Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen. Der gestrige Demo-Ablauf ähnelt einer Wiederholung von gut eingeübten Verhaltensmustern: Sammeln und in einer Kolonne zum Uber-Hauptquartier fahren und dort zwei Stunden demonstrieren. Ältere Taxifahrer kennen das Verfahren aus jenen Zeiten zu Beginn des Jahrhunderts, als sie noch gegen die Effekte der Deregulierung protestierten. Noch vor einem Jahr demonstrierte das niederländische Taxigewerbe im Regierungssitz Den Haag und vor einem halben Jahr waren sie bereits beim Uber BV-Hauptsitz. Genau wie auch vor zwei und drei Wochen. Für die ohnmächtigen Taxiunternehmer macht es keinen Unterschied, dass niemand daran interessiert ist, dass ihre Branche systematisch von einem Preiskämpfer zerstört wird, der seit seiner Gründung keinen Gewinn erzielt hat, aber reich an Risikokapital ist.
Diesmal trotzten mehr als 100 Taxifahrer dem Regen. Während sie vorher zögerten, scheinen die Taxifahrer von Uber und die Amsterdamer ‘TTO’s’ sich diesmal in einer Sache einig zu sein: Durch die idiotisch niedrigen, nicht marktgerechten Uber-Preise – ermöglicht durch eine Handvoll Risikokapitalgeber, die Uber weiterhin finanzieren – kann man in der Stadt keinen normalen Stundenlohn verdienen.
Einer nach dem anderen zeigen die Unternehmer, wie viele Fahrten sie machen und wie viel davon – nach Abzug von Kosten, Steuern und insbesondere der hohen Uber-Provision (30%) – übrig bleibt: 11 Stunden für 60 Euro. Viele Uber-Fahrer beschweren sich sogar über „Zombie-Wochen“ von 60 bis 80 Arbeitsstunden, die mittlerweile nötig sind, um über die Runden zu kommen. Deshalb fordern sie, den aktuellen Preis von 1,10 € pro Kilometer zu erhöhen. Was das Problem noch schwerwiegender macht ist, dass viele Fahrer an dem von Uber geleasten Auto und an der App hängen. Keine App, keine Kunden. „Aber gerade etwas mehr als 5 Euro pro Stunde, das ist wie Sklavenhaltung.“
Ein wütender und beim Protest ebenfalls anwesender Ruud Lagerwaard von TTO Taxistad forderte in der lokalen Tageszeitung Het Parool eine Tariferhöhung. “Wenn die Regierung einen Höchstsatz für Tarife festlegen kann, können Sie auch einen Mindestsatz festlegen. So wie es ist, stehen wir vor dem Ende des Taximarktes in den Niederlanden.”
Die Taxifahrer warnen, dass die Fahrgäste nicht für immer so billig weiterfahren können und bekommen dabei auch Unterstützung von Kundenseite. In seiner ersten Show der Saison erklärte Arjen Lubach – ein sehr beliebter Talkshow-Moderator – vor einigen Wochen ausführlich, wie schnell Ubers Kunden auch höhere Preise zahlen werden, wenn das amerikanische Unternehmen die unabhängigen Taxiunternehmen vernichtet hat und – nicht nur in den Niederlanden – in vielen Städten ein Beförderungsmonopol hat. Er warnte sogar davor, dass nicht nur Uber, sondern auch Amazon und viele andere den gleichen Weg Richtung Monopol gehen würden.
Kommen solche Botschaften und Erkenntnisse bei den verantwortlichen Politikern in den Niederlanden an? Haben nationale und internationale Proteste irgendeinen Effekt? Bemerkenswerterweise hört man von der lokalen Regierung, die – wie ausländische Beispiele zeigen – regulierend auf dem Taximarkt auftreten könnte, gar nichts. Und die Reaktion der Kritisierten? Genau wie bei früheren Demonstrationen bei Uber darf eine Delegation hineingehen und verhandeln. Bei der Demo letzte Woche stellte Uber dabei in den Raum, die Preise leicht zu erhöhen, obwohl man gleichzeitig warnte, dass dann die Kunden abspringen würden. Gestern versprach Uber den Fahrern nichts, äußerte sich aber in den Medien. Ein Sprecher sagte im NOS Journaal, der niederländischen Tagesschau, sein Unternehmen würde sich nicht in dem von den Fahrern gezeichneten Bild wiedererkennen, wonach sie wochenlang sechzig bis achtzig Stunden fahren müssten. „Es sei durchaus möglich, einen Stundenlohn von 24 Euro zu erwirtschaften.“
Die Fahrer macht diese Ignoranz nur noch wütender: „Jeder scheißt auf uns: Die Gemeinde Amsterdam, die Regierung und Uber“, lautet ihr frustriertes Fazit.
Die Proteste will man deshalb wiederholen. In zwei Wochen soll eine nationale Demonstration stattfinden. Die niederländischen Unternehmer versuchen auch Taxifahrer aus anderen Ländern in ihre Anti-Uber Proteste einzubeziehen. Es ist bemerkenswert, dass ähnliche Bewegungen in verschiedenen Ländern beginnen, welche die Uber-Sklavenhaltung nicht mehr akzeptieren wollen. wf
Foto: Screenshot
Niederland
An einer Stelle im obigen Artikel wird von ‚… nicht Markt gerechten Preisen….‘ gesprochen.
Das ist leider verwirrend. Denn die Preise von Uber sind DUMPING-Preise.
D. h. Sie stellen nicht die tatsächlichen Kosten für Fahrer, Sprit, Umsatzsteuer, Reifen, Bremsen, Anschaffung, Verwaltung, Sozialräume……. dem Fahrgast in Rechnung.
Sie liegen weit darunter.
Ziel ist, die Konkurrenz platt zu machen.
Um dann weiter nicht nur die Subunternehmen, sondern auch unsere Fahrgäste auszubeuten, die Uber auf den Leim gegangen sind.
Dann allerdings mit überhöhten Preisen.
Denn Konkurrenz gibt’s dann nicht mehr. Und damit auch keinen Markt.
GEIZ IST GEIL. Zumindest erstmal!
Wo auch immer sich Uber mit seiner regulierungsfeindlichen neoliberalen Firmenphilosophie breit gemacht hat, fehlt es an guter Justizpraxis.
Wo bleibt eigentlich eine Nachricht über die Zustellung der Einstweiligen Verfügung vom Landgericht Köln an Uber’s europäischen Hauptsitz in Amsterdam vom Sommer letzten Jahres?
Damit hätte Uber seinen Betrieb bundesweit einstellen müssen!
Die niederländische Übersetzung ist meines Wissens bereits im August an die Niederländischen Justizbehörden übergeben worden!
Damit wird wieder mal klar:
Markt braucht Regeln. Die auch durchgesetzt werden.
Ich kann die niederländischen Uber-Teilnehmer nicht verstehen. Wenn Ihr doch nicht genug Geld mit dem Scheiß verdient, dann stellt Uber die Karre doch einfach vor die Tür, meldet Insolvenz an und holt euch beim niederländischen Staat eure Sozialhilfe ab!
Wenn die ersten 10.000 Uber-Unternehmer – oder sollte ich besser Uber-Sklaven sagen – denen das Auto vor die Tür stellen und beim Staat ihre „Stütze“ beantragt haben, wird die niederländische Regierung mit Sicherheit sehr, sehr schnell wach werden, denn Insolvenz bedeutet mindestens 10 Jahre staatliche Unterstützung für den davon Betroffenen. Ob sich dann die viel gepriesenen Liberalisierung des Taximarktes noch rechnet, wage ich zu bezweifeln und das wird dann auch die Regierung dort sehr schnell feststellen und entsprechend gegenwirken müssen.
Das sollten unsere Uber-Sklaven auch mal ins Auge fassen, aber die glauben ja alle, genau wie ihre niederländischen Kollegen, lieber an die Versprechungen, die Ihnen von Uber und Co. immer und immer wieder gemacht werden. Ich bleibe daher dabei, nochmals aus Rambo III zu zitieren:
„GOTT MUSS LIEBEN DUMME MENSCHEN.“ „WIESO?“ „ER MACHT SO VIELE DAVON!“
…und schon wieder eine Verbrecherfirma! Es ist mir schleierhaft, wieso man in Hamburg UBER erlaubt und dann zusätzlich eine Soap darüber abgedreht wird. Ich habe auf meinem Taxiblog-Dresden ÜBER 650 Geschichten aus dem Taxileben parat, aber es hat bisher keine Sau interessiert. Davon könnte man ein ganz paar Filme abdrehen. Hat einer eigentlich schon mal erlebt, daß eine US-Firma, die Milliardenumsätze macht, das auch legal, also auch sozialverträglich tut? Mir ist das noch nicht untergekommen. Die agieren genauso, wie es ihnen Trump vorbetet. Ich sage ehrlich: Bevor wir unter den vollen Einfluß der Amis kommen, wünsche ich mir die DDR zurück.