Am 27. März wird Uber darüber entschieden, ob und unter welchen Konditionen die Lizenz für London, einer seiner größten Märkte, erneuert wird.
Uber glaubt, dass die mit der vom Obersten Gerichtshofes erzwungene neue Einstufung der Fahrer als ‘Worker’ (eine Kategorie zwischen Selbständiger Fahrer und Angestellte) und die Unterstützung für ‘ULEZ’ (Ultra Light Emission Zone – die Londoner Klimazone) Londons Bürgermeister Sadiq Khan von sich überzeugt hat.
In einem offenen Brief fordert die Gewerkschaft ADCU Sadiq Khan jedoch auf, Uber zunächst zu zwingen, das Urteil des Obersten Gerichtshofs zu Arbeitnehmerrechten als Bedingung für eine bevorstehende Lizenzerneuerungsentscheidung anzusehen. „Ein Jahr nach dem Urteil verstößt Uber weiterhin gegen das Gesetz und beutet Arbeiter aus. Inflation und die gestiegenen Lebenshaltungskosten haben das Problem der Ausbeutung von Uber-Fahrern noch verschärft.“
Weiterhin fordert die ADCU, dass Transport for London (TfL) strengere Arbeitsrechtsbedingungen für Ubers Antrag auf Verlängerung seiner Lizenz zum Betrieb in London stellt. Uber hat sich nämlich bislang nicht an das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Februar 2021 gehalten. Demnach soll den Fahrern der Mindestlohn und Urlaubsgeld von der An- bis zur Abmeldung zustehen. Stattdessen zahlt Uber nur für die Zeit von der Abfertigung bis zur Abgabe, was effektiv bedeutet, dass die Fahrer für etwa 50 Prozent ihrer Arbeitszeit bei Uber nicht bezahlt werden. Im Juni wird Uber sich dafür vor dem Arbeitsgericht verantworten müssen.
„Darüber hinaus verwendet Uber einen unrealistisch niedrigen Satz von 45 Pence pro Meile (0,36 Euro pro KM) für die Erstattung von Betriebskosten zum Zwecke der Berechnung des Mindestlohns,“ so die Gewerkschaft. Stattdessen fordert sie 90 Pence (0,71 Euro pro KM): „Uber hat die Erstattung im vergangenen Jahr willkürlich festgelegt, es aber trotz eines Anstiegs der Fahrzeug- und Kraftstoffkosten um 30 Prozent nicht geschafft, ihn nach oben zu korrigieren.“
Im Gegensatz du den USA, wo Uber einen Treibstoffzuschlag auf Tarife erhebt, hat sich der Fahrtenvermittler in Großbritannien dazu entschieden darauf zu verzichten, und das, obwohl dort die Arbeitnehmer besonders stark von der Krise der Lebenshaltungskosten betroffen sind.
„Mit einem Federstrich hat Sadiq Khan die Macht, jahrelange Not und Leid für Uber-Fahrer zu beenden, indem er Uber jetzt die sehr einfache, aber klare Wahl bietet, entweder die Arbeitnehmerrechte zu respektieren und das Gesetz vollständig einzuhalten oder London sofort zu verlassen,“ sagt James Farrar, Generalsekretär der ADCU. „Nur wenn Uber ein solches Ultimatum gestellt wird, können wir realistischerweise erwarten, dass sie die PR-Kampagnen stoppen und sich ernsthaft an das Gesetz halten.“
Die erste Betreiberlizenz bekam Uber bereits 2012. Die Erneuerung der aktuellen Lizenz wird eine Herausforderung. Ist Uber jetzt, wie es bei TfL heißt ‘fit und richtig’, um den Fahrgästen in London eine sichere und verlässliche Beförderung zu bieten?
Schon 2017 traten bei Uber Sicherheitsbedenken in den Vordergrund. TfL entdeckte, dass mutmaßliche Straftaten in dem Jahr nicht bei der Polizei gemeldet wurden. Nach der Verschärfung der Meldeprotokolle, gab es im Jahr 2019 Probleme, unter anderem, weil Fahrer unter gefälschten Identitäten arbeiteten. Der neue Uber-Boss Dara Khosrowshahi musste persönlich Bürgermeister Kahn überzeugen, dass sich die Firma ändern würde.
Beide Male brauchte Uber Berufungen, um eine neue Lizenz zu bekommen, und wird dies zweifellos wieder tun, falls die auslaufende Lizenz nicht verlängert wird.
Ubers Chef für Großbritannien und Nordeuropa, Jamie Heywood, könnte das besonders treffen, nachdem er Programme ins Leben gerufen hat, um die Einführung von Elektrofahrzeugen in der Britische Hauptstadt voranzutreiben, und die Unterstützung der GMB-Gewerkschaft nach Zugeständnissen beim Urlaubsgeld gewonnen hat. Uber hat auch Khans Pläne unterstützt, die Ultra-Low-Emission-Zone zu erweitern.
Der Fahrtenvermittler war das erste Unternehmen, das sein Geschäftsmodell im Vereinigten Königreich – unter rechtlichem Druck – geändert hat, und endlich anerkannt hat, dass der Fahrgast direkt bei Uber und nicht beim Fahrer bucht. Das hatte beispielsweise auch steuerliche Auswirkungen – die Tarife in Großbritannien wurden um 20 Prozent MwSt. erhöht, zu einer Zeit, in der viele Kunden bereits die höheren Tarife spürten.
Möglicherweise sind die Londoner Aufträge und die ca. 50.000 Fahrer, die für Uber tätig sind nicht mehr so wichtig wie früher. Eine ohne Einwand erneuerte Lizenz würde dazu beitragen, den globalen Ruf von Uber zu verbessern. wf
Beitragsfoto: In 2019 lief diese Uber-Lizenz aus. Nun ist es wieder soweit: Uber hofft auf eine neue und diesmal unbestrittene Lizenzerneuerung in London. Foto Wim Faber