Eine Koalition grüner NGOs startet eine Kampagne zur Luftreinhaltung. Im Mittelpunkt stehen Emissionen neuer Fahrdienstvermittler wie Uber.
Verkehr ist nicht nur in Nord-Amerika, sondern auch in Europa das größte Klimaproblem. Berechnungen nach ist er für mehr als ein Viertel (27 Prozent) der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mit steigender Tendenz sind Autos Verursacher von 44 Prozent der gesamten Verkehrsemissionen. Längst ist klar geworden, dass Uber daran eine Teilschuld trägt, denn anstatt wie versprochen den Verkehr zu reduzieren hat Uber zur Staubildung in Städten wie New York, San Francisco und London beigetragen. In diesen Städten ist der ‚Uber-Stau’ bereits zu einem eigenständigen Begriff geworden.
Laut einer neuen Analyse von Euromonitor für die europäische Forschungsgruppe Transport & Environment (T & E) fügt Uber in den bereits verstopften europäischen Städten wie London und Paris zusätzliche Autofahrten hinzu – was zur Luftverschmutzung und zur Klimaveränderung beiträgt und die Nachhaltigkeitsansprüche des Unternehmens infrage stellt.
Uber reagierte auf den wissenschaftlichen Bericht im Geschäftsmagazin Forbes mit der Aussage, dass sie mit Städten zusammenarbeiten, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. „Wir setzen uns dafür ein, Menschen und Städten dabei zu helfen, sich von dem Verkehr, der in hohem Maße vom Autobesitz abhängt, in eine gemeinsame, elektrische Zukunft zu befreien“, sagte ein Uber-Sprecher. Tatsächlich hat Ubers ‘Clean Air Plan’ und die Bereitschaft, auch dem ÖPNV zu ‘helfen’, beispielsweise indem Uber in New York – Fahrten günstiger als mit dem ÖPNV anbietet, und ihn damit finanziell in Bedrängnis bringt.
Rebekah Whilden, Wahlkampfvertreterin beim Sierra Club (USA): „Uber und Lyft täuschen niemanden mehr mit ihrem Greenwashing. Städte und Länder auf der ganzen Welt beginnen die Unternehmen als das anzusehen, was sie sind: Nämlich Unternehmen, die ihre Gewinne über das Wohl der Erde stellen. Sie können keinen Anspruch auf Nachhaltigkeit erheben, wenn die Daten belegen, dass Sie das Gegenteil tun: Reduzierung des Transitfahrgastaufkommens, Verschlechterung der Luftqualität und die schlechte Behandlung der Menschen, die im Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells stehen.“
Die von T & E zusammengestellten Daten zeigen in den letzten Jahren einen riesigen Anstieg der Uber-Fahrer (in manchen Ländern entweder als Taxi zugelassen oder als Mietwagen – Private Hire Vehicle, PHV). In Frankreich, wo der Taximarkt 2015 liberalisiert wurde, hat sich die Zahl der gemeldeten PHV-Fahrer in drei Jahren verdoppelt (von mehr als 15.000 im Jahr 2016 auf 30.000 im Jahr 2019). Die Zahl der Uber-Fahrer in London hat sich in drei Jahren von 25.000 Fahrern im Jahr 2016 auf 45.000 Fahrer im Jahr 2018 ebenfalls fast verdoppelt. Das entspricht ungefähr der Hälfte der gesamten PHV-Lizenzen.
Das hat Uber zu einem der größten Beförderungsdienste in Europa gemacht, mit 3,6 Millionen Nutzern in London im Jahr 2019 und mit 2,7 Millionen Nutzern in Frankreich im Jahr 2017. Die Zahlen beruhen auf Schätzungen, da es keine offiziellen Angaben von Uber gibt. Dokumenten zu Folge, die Uber im Rahmen der Börseneinführung herausgegeben hatte, ist das Unternehmen bestrebt, seine Geschäftstätigkeit weltweit massiv auszubauen. Ein besonderes Augenmerk liegt aber dabei auf Europa. Dort werden Deutschland, Spanien und Italien als vorrangige Expansionsmärkte identifiziert.
Während die Zahl der Taxis historisch durch Lizenzen begrenzt war, verzeichnete Uber via die ‚leichter’ regulierte PHV-Schiene schnelles Wachstum. Seit Ubers Ankunft in London, dem größten europäischen Markt, haben Taxi- und PHV-Fahrten in der Hauptstadt um rund 25 Prozent zugenommen. Diese Daten korrelieren stark mit einem Anstieg der gesamten CO2-Emissionen des Taxi- und PHV-Sektors in Großbritannien um 23 Prozent im selben Zeitraum.
Die Analyse schätzt, dass die Emissionen von Uber-Diensten allein in London und Paris bis zu 515 Kilotonnen CO2 betragen könnten. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 250.000 zusätzlichen Privatfahrzeugen.
Die Uber-Kilometer wurden zu einem überwiegenden Teil von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zurückgelegt. Daten der französischen Regierung aus dem Jahr 2017 zeigen, dass 90 Prozent der registrierten privaten Mietfahrzeuge, darunter auch Uber, mit einem Dieselmotor ausgestattet waren. Es wird angenommen, dass in anderen europäischen Städten, in denen Uber tätig ist, der Anteil der Dieselfahrzeuge ähnlich hoch ist.
Wenn die EU die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung des globalen Erderwärmung auf 1,5 °C erreichen will, müssen die Autoemissionen bis spätestens 2050 Null sein. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das letzte Auto mit Verbrennungsmotor bis spätestens 2035 verkauft sein muss.
Yoann Le Petit, Mobilitätsexperte bei T & E, sagte: „Der CEO von Uber sagt uns, dass sie das Richtige tun. In Wirklichkeit ist Uber jedoch ein Teil des Verkehrs- und Verschmutzungsproblems, indem sie zusätzliche Autos in unsere Städte bringen. Wenn Uber ein Teil der Lösung für die Klimawende sein will, dann muss Uber auf Benzin- und Dieselfahrzeuge verzichten und schnell auf 100 Prozent Elektrofahrzeuge umsteigen. Das ist das Richtige, Punkt. „
Justyna Wladarz, Expertin für Verkehrspolitik beim NABU (Deutschland), sagte: „Uber ist ein Wolf im Schafspelz – das Unternehmen sagt zwar, dass es für nachhaltige Mobilität einsteht, aber es fügt unseren bereits stark überlasteten und verschmutzten Städten so viele Autos wie möglich hinzu.“
Olivier Blond, Präsident von Respire (Frankreich), sagte: „Diesel tötet. Uber sollte nicht die Luft verunreinigen. Das Unternehmen sollte aufhören, diese schmutzigen Autos zu benutzen, weil sie insbesondere in dicht besiedelten städtischen Gebieten wie Paris sehr ineffizient sind. Für die Einwohner und die Fahrer gibt es bereits andere Lösungen.“
Greg Archer, Director von Transport & Environment UK, sagte: „Uber hat sich gemäß den Regeln für saubere Luft in London dazu verpflichtet, bereits bis 2025 emissionsfrei zu sein. Das zeigt, dass es sich um eine finanziell tragfähige Option für das Unternehmen handelt. Andernfalls hätten sich Uber bereits vom Markt zurückgezogen. Unsere Frage an Uber lautet also: Warum nicht Bristol, Birmingham, Manchester und Leeds? Sind das Bürger zweiter Klasse? Sind ihre Lungen anders?“
Laurien Spruyt, Verantwortlicher für Klima- und Mobilitätspolitik bei Bond Beter Leefmilieu (Belgien), sagte: „Viele flämische Städte setzen sich seit Jahren für die Elektrifizierung von Taxis ein. Sie führen auch Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs ein, um die Luftqualität zu verbessern. Die Liberalisierung des Taximarktes im Januar droht diese Bemühungen zunichtezumachen. Wir fordern Uber nachdrücklich auf, wenn sie nach Flandern kommen, von Anfang an die richtige Entscheidung zu treffen und nur Elektroautos einzusetzen.“ wf
Fotos: T & E
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