Es passt nicht zusammen: Journalisten berichten zunehmend kritisch über Uber. Beim Bundespresseball im Berliner Hotel Adlon ist der umstrittene Fahrdienst dann aber einer der Hauptsponsoren und offizieller Beförderer. Diese Doppelmoral veranlasste eine Taxiunternehmerin zu einem Brief. Kurz darauf intervenierte auch der TMV.
Mit großen Reportagen über gesunde Ernährung und Fast-Food aufklären und dann das Catering von McDonald’s in Anspruch nehmen – so in etwa mutet es an, was die High Society der deutschen Presse- und Politiklandschaft sich zum wiederholten Mal im Berliner Luxus-Hotel Adlon geleistet hat, nur dass man mit Fast-Food-Konsum hauptsächlich sich selbst schadet, mit der Nutzung von Uber aber dem Fiskus, der Sozialversicherung, der arbeitenden Bevölkerung, den Mietwagenfahrern, der Umwelt, dem Taxigewerbe, dem restlichen ÖPNV und der Allgemeinheit.

Der jährliche Bundespresseball „schmückt“ sich noch immer mit Uber als einem der Hauptsponsoren. Der Ball hat eine über 70-jährige Tradition und findet seit 1999 in Berlin statt. Am 4. April 2025 fand der 72. Bundespresseballzum wiederholten mal im Hotel Adlon in Nachbarschaft zum Brandenburger Tor statt. Der Pariser Platz, eine der prominentesten Adressen Deutschlands, wird aus diesem Anlass regelmäßig für den Individualverkehr gesperrt. Der Bereich vor dem Haupteingang des berühmten Nobelhotels, ein fester, beschilderter Taxihalteplatz, ist dann exklusiv den von Uber vermittelten Mietwagen vorbehalten. Für Taxis heißt es: Wir müssen leider draußen bleiben.

Darüber ärgerte sich auch die Berliner Taxiunternehmerin Sonja von Rein zum wiederholten Male – diesmal so sehr, dass sie sich entschloss, ihren Ärger nicht länger herunterzuschlucken. Stattdessen schickte sie der Geschäftsführung ein sachliches Schreiben, in dem sie die Bundespressekonferenz, die den Ball veranstaltet, mit seinem – diplomatisch ausgedrückt – widersprüchlichen Verhalten konfrontierte: „Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass Sie auch in diesem Jahr Werbung für Uber machen und auch den Limousinenservice von Uber in Anspruch genommen haben“, so die Unternehmerin, die mit ihrem „Tiffany-Taxi“ ein Dienstleistungsverständnis pflegt, mit dem sie Hotelgäste des Adlon sehr häufig voll zufriedenstellt. „Nun frage ich mich, ob die Zuständigen noch nicht mitbekommen haben, dass die App-basierten Fahranbieter ihr Geschäft nur auf illegale Weise betreiben können (der Berliner Zoll sprach von ‚organisierter Schwarzarbeit’). In Berlin haben Senat, LABO, Polizei und Zoll bereits im vergangenen Jahr angefangen, gegen illegale Mietwagen vorzugehen. Diese Informationen gingen durch alle Medien (auch durch die Presse!!!), müsste also inzwischen weithin bekannt sein.“ Die sich zwangsläufig ergebende Frage ist so naheliegend wie ironisch: „Liest von den Organisatoren der Bundespressekonferenz niemand Zeitung?“
Die Absurdität dieser rhetorischen Frage entlarvt unübersehbar, wie scheinheilig und geradezu zynisch das Agieren der Bundespressekonferenz ist, sich von einem solchen Konzern, der von Rechtsverstößen lebt und über dessen Geschäfte so einige große Medien bereits kritisch und investigativ berichtet haben, eine Veranstaltung mitfinanzieren zu lassen, auf der demokratische Werte wie Presse- und Meinungsfreiheit hochgehalten werden.


„Selbst die Berlinale verzichtet inzwischen auf Sponsoring durch Uber, nachdem es massenhaft Proteste dagegen gegeben hat“, so von Rein weiter. Umso erstaunter sei sie, dass der Bundespresseball immer noch mit Uber zusammenarbeitet.
„Ich bitte Sie, noch einmal zu überdenken, ob Sie wirklich einem illegalen Fahranbieter zu Ihrem Event den roten Teppich ausrollen wollen. Das Berliner Taxigewerbe hat bereits genug unter dieser Konkurrenz gelitten. Zu Ihrer weiteren Information hier nur drei Links, das Internet ist inzwischen voll mit Informationen über diese Beförderungsart:“ Dazu ein Link auf eine Online-Reportage des öffentlich-rechtlichen „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (rbb), in der im Zusammenhang mit plattformvermittelten Mietwagen von „organisierter Kriminalität“ die Rede ist, ein Link zum Taxi-Times-Bericht über die vom Kölner Taxiruf aufgedeckten Uber-Lügen, die vom öffentlich-rechtlichen „Westdeutschen Rundfunk“ zu einer Fernsehreportage verarbeitet wurden, und ein dritter Link zum „Wikipedia“-Artikel über die Uber-Files.
Wie die Unternehmerin gegenüber Taxi Times berichtet, fand sie online nur eine einzige E-Mail-Adresse, die sie eindeutig dem Bundespresseball zuordnen konnte, an die sie das Schreiben daher am 7. April schickte. Eine Antwort hat sie bisher nicht erhalten.

Besonders fatal findet Sonja von Rein, abgesehen von der Unterstützung des kriminellen Sumpfs, wie SPD-Politiker Tino Schopf es treffend nennt, die Außenwirkung: „Wenn die Berlinale Uber inszeniert, was sie ja jetzt nicht mehr tut, dann ist das schon schlimm. Wenn aber der Bundespresseball, also eine Veranstaltung mit hohen Vertretern unseres Rechtsstaates, dem Uber-Konzern so eine Bühne bietet, dann ist das doch wie eine öffentliche Reinwaschung. Da denken die Leute doch: Wenn die Uber nehmen, muss es ja was Seriöses sein!“ Später am Abend hätten dann immerhin ganze zwei Taxis ihren Halteplatz nutzen dürfen und der Nachrückplatz sei wieder frei gewesen. So konnte sie dann auch sehen, dass vor dem Hoteleingang ein schwarzer Teppich mit Uber-Aufschrift lag.
Auch der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) reagierte auf die erneute Uber-Präsenz beim Bundespresseball und wandte sich mit Schreiben vom Mittwoch gleich offiziell „An den Vorstand der Bundespressekonferenz, namentlich: Vorsitzenden Mathis Feldhoff, Stellv. Vorsitzende Corinna Buschow und die Vorstandsmitglieder Katharina Hamberger, Angela Wefers, Ute Welty, Jana Wolf, Joachim Gerhardt, Tim Szent-Iványi – mit einem per E-Mail gesendeten Offenen Brief. Deutliche Betreffzeile: „Beenden Sie das Sponsoring des Bundespresseballs durch Uber!“
Mit großem Entsetzen und Unverständnis, so TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt, habe der Verband zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Bundespresseball immer noch an Uber als Sponsor festhalte. „Sie lassen sich damit vor den Karren eines Unternehmens spannen, dessen fragwürdiges Geschäftsgebaren deutschlandweit immer wieder für Negativschlagzeilen sorgt und Anlass zur tiefen, wohlbegründeten Sorge bei all’ denjenigen gibt, denen in unserem Land die Werte des Ehrbaren Kaufmanns ein Herzensanliegen sind.“


Auch hier die naheliegende Frage, die gegenüber einer halbwegs sorgfältig arbeitenden Presse eigentlich vollkommen überflüssig sein muss, aber traurigerweise dennoch berechtigt erscheint: „Ist an Ihnen vollkommen vorbeigegangen, dass die Bundeshauptstadt Teil eines Riesenskandals mit 1700 illegalen Mietwagen ist, die Staatsanwaltschaft ermittelt, das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) endlich seine Kontrollen deutlich verschärft, der Zoll und weitere Ermittlungsbehörden in Sachen Schwarzarbeit, Sozialdumping und Steuerhinterziehung aktiv sind und die Ermittlungen hierzu in vollem Gange sind?“ Das Festhalten an Uber als Sponsor nennt Meinhardt „stillos, unverantwortlich und zugleich ein Schlag ins Gesicht des ehrlichen Mittelstandes der Taxi- und Mietwagenbranche“ – was dem Image des Bundespresseballs (!) in erheblichem Maße schade. Vielleicht ist die offenbar schmerzfreie Journaille ja mit diesem Argument zu beeindrucken.
Meinhardt wird noch einmal sehr deutlich: Als anständiges, mittelständisches Taxi- und Mietwagengewerbe sei man „zutiefst verärgert und über alle Maßen enttäuscht darüber“, dass sich „gerade die Vertretung des prinzipientreuen Journalismus in unserem Land nicht eindeutig für uns als die Makler der Prinzipien des Ehrbaren Kaufmanns stark macht“. Es gehe dabei um viel mehr, „nämlich darum, ob wir zulassen, dass Raubtierkapitalisten den Markenkern unserer Sozialen Marktwirtschaft mit einem unlauteren Wettbewerb aushebeln. Deswegen appellieren wir an Sie: Trennen Sie sich für den Bundespresseball 2026 von Uber als Sponsor! Wir sind uns sicher, dass Sie auf diese finanzielle Unterstützung nicht angewiesen sind und die von Uber kommende Finanzspritze mit anderen potenten Sponsoren ausgleichen können.“
Betreffs Mobilitätsangebot für die Ballgäste wirbt Meinhardt explizit für „das Taxi- und Mietwagengewerbe“ und bietet persönliche Gespräche an.

Taxi Times und die „Innung des Berliner Taxigewerbes“ hatten die Doppelmoral der Bundespressekonferenz bereits vor über einem Jahr kritisiert, als die Aufregung über die Uber-Sponsorenschaft der Internationalen Filmfestspiele „Berlinale“ in Berlin groß war. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), die letztes Jahr als Ballgast auf der Internetseite der Bundespressekonferenz abgebildet war, hatte von Taxi Times zusammen mit Berlinale-Geschäftsführerin Mariëtte Rissenbeek symbolisch die „Goldene Augenbinde“ dafür verliehen bekommen, bei Uber so plump wegzusehen. Es ist seit Jahren in Studien nachgewiesen, dass Uber zu mehr Autoverkehr und somit zu mehr Luftverschmutzung führt und dass das Geschäftsmodell mit den Billigpreisen nur mit Rechtsverstößen und Sozialbetrug „wirtschaftlich“ funktioniert. Darauf hatte Taxi Times die Ministerin im Vorfeld der Veranstaltung in einer E-Mail mit zahlreichen Links hingewiesen.
Am Tag des 71. Bundespresseballs, der am 19. April letzten Jahres ebenfalls im Hotel Adlon stattgefunden hatte, war in der Mitte des Pariser Platzes eine Kunstinstallation der „Taxi-Kultur-Gruppe“ (Klaus Meier, Stephan Berndt und Irene Jaxtheimer) zu sehen, mit der die drei Taxler unter Mitarbeit von Jerome Kirschkowski und mit Hermann Waldner als Sponsor auf den unlauteren Wettbewerb aufmerksam machten (Taxi Times berichtete). Dabei kam unter anderem der Dokumentarfilm „Uber – der Sonderfall beim Bundespresseball“ zur Aufführung, der leider offensichtlich nichts an Aktualität eingebüßt hat. ar
Beitragsfoto: Sonja von Rein
Uber&Co, also App-basierte Vermittlungssysteme sind erst mal simple Werkzeuge. Zur Auftragsvermittlung (wie unsere herkömmlichen Zentralen mit Telefon, Sprechfunk, Datenfunk, überregionalen Sonderrufnummern, eigenem Internetauftritt und Vermittlungs-Apps).
Dahinter stehen in der Regel global auftretende Finanzinvestoren, neudeutsch Venture-Capital-Firmen, neben einzelnen Großinvestoren. Denen geht’s um Profit. Wenn eins von zehn finanzierten Projekten irgendwann Geld verdient, ist für die Finanziers alles in Ordnung. Sie verdienen dann am Kursgewinn bei Verkauf. Und zwischendurch wird noch mit dem Verkauf der Nutzerdaten Kasse gemacht. Neben dem Geld durch Provisionen für die konkrete Dienstleistung. Und sie haben durch ihre un-geheure Finanzmacht un-geheuren Einfluß besonders im Prominentenmileu und auf Führungsebenen durch äußerst effektiven Lobbyismus. Wie hier zu sehen ist.
Diese Mischung der Einnahmen ist erst durchs Internet möglich geworden. Also müssen wir seit der Zeitenwende im Taxigewerbe 2013 (Uber Pop) unsere Rechtsordnung geben diese asozialen Rechtsbrecher immunisieren.
Wie gesagt, Apps sind Werkzeuge. Wir können ihren Missbrauch zulassen oder Apps sinnvoll einsetzen.
In unserer eigenen Hand und unter unserer Kontrolle. Wir müssen selber besseren Lobbyismus betreiben. Nicht mehr anbiedern an unsere Feinde, Maul aufmachen, unsere Stärken ausspielen.
Das weltweite Wirtschaftsproblem hat wohl leider kein Ohr mehr frei für die gebeutelten Taxifahrer.