Der Verband des Verkehrsgewerbes Baden e.V. blickt auf ein ereignisreiches Geschäftsjahr Jahr zurück. Im Fokus standen unter anderem die Verhandlungen zu einem neuen Rahmenvertrag mit der AOK.
Erstmals nahmen an der turnusmäßen Sitzung der Fachgruppe Taxi und Mietwagen Ende September die Unternehmer sowohl aus Süd- als auch aus Nordbaden teil. Die bisher getrennten Verbände waren im letzten Jahr zu einer gemeinsamen Badischen Vertretung fusioniert. Der bisher dreiköpfige Vorstand der Fachgruppe wurde daher während der Sitzung um einen Sitz erweitert. Künftig wird Herr Käflein von der Heidelberger Taxizentrale dem Gremium angehören.
Markus Strecker, Mitarbeiter des Verbandes, zog nicht nur aufgrund der gelungenen Fusion ein positives Fazit des letzten Geschäftsjahres. Man habe auch die Verhandlungen mit der AOK zu einem positiven Abschluss bringen können. Der seit Mai 2017 gültige Rahmenvertrag sieht erstmals eine Abrechnung nach Besetztkilometern vor.
Strecker nannte bei der Versammlung die Vorteile: Anfahrten seien im Kilometersatz eingepreist und müssten nicht extra ermittelt und abgerechnet werden. Anfahrtspauschalen existierten nicht, damit könnten sie von der Kasse auch nicht verweigert und von Wettbewerbern nicht vertragswidrig als Rabatte missbraucht werden. Auch der Beginn und das Ende der gefahrenen Strecke seien nicht mehr streitig. Dazu würden Rundfahrten als zwei Einzelfahrten abgerechnet und könnten legal von verschiedenen Fahrzeugen durchgeführt werden. Wartezeiten geraten nicht zum Streitfall, denn sie fallen weg.
„Diese Vereinfachungen sparen Zeit und Ärger bei allen Seiten und jeder kann sich bei fairer Vergütung auf sein Kerngeschäft konzentrieren“, zog Strecke rein positives Fazit.
Der Vertrag mit den Ersatzkassen hingegen könne nach zweijähriger Mindestlaufzeit zum Jahreswechsel erstmals gekündigt werden, klärte Strecker die Mitglieder auf und stellte zur Diskussion, ob man ihn in dieser Form weiterlaufen solle oder in Gespräche um einen besseren Vertrag gehen solle. Aufgrund der Wortmeldungen wurde schnell klar, dass einige Mitglieder den Verband in Verhandlungen schicken möchte.
„Wir reden bei der Vergütung von einem Besetztkilometer von 1,70 Euro. Das ist eine große Diskrepanz zum AOK-Tarif und noch größere Diskrepanz zum Taxitarif“, rechnet der Taxiunternehmer Dirk Holl vor. Der VdEK werde auch immer kleiner. „DAK ist nicht mehr drin, Barmer fängt an, auszuschreiben. Welche Kasse ist überhaupt noch im VdeK? Die Summen der Fahrten werden spürbar immer weniger.“ Auch die im Verband organisierte Interessengemeinschaft Ortenau e.V. ließ mitteilen, dass man erste Sondierungsgespräche wünsche. Strecker versprach, die Anregungen aufzunehmen.
Neben der Thematik Krankenfahrten wurden auch die grenzüberschreitenden Verkehre angesprochen. Diese seien zwischen Frankreich und Deutschland aufgrund „einen Briefwechsels der Verkehrsminister auf Bundesebene in diesem Jahr endgültig auf sichere Füße gestellt worden“.
In der Schweiz hingegen gebe es seit Mai dieses Jahres Probleme mit der so genannten 90-Tage-Regel am Flughafen Zürich / Klothen. „Wiederholte Schwerpunktkontrollen führten zu mehreren Anzeigen wegen fehlender Meldungen und Unterschreitung des Schweizer Mindestlohns. Seit Anfang September liegen erste Strafbefehle vor: 1.200 Euro bei einer einzigen fehlenden Meldung”, berichtete Strecker. Gemeinsam mit einem bekannten Schweizer Verwaltungs- und Staatsrechtler wolle man die Verfahren zu einem guten Ende bringen. Der Verband bittet alle Mitglieder, die ähnliche Strafbefehle erhalten haben, sich mit dem Vorstand in Verbindung zu setzen.
Von der Gegenwart in die Zukunft richtete Strecker dann den Blick, als er über die Digitalisierung sprach. „Sie wird nicht mehr aufzuhalten sein, auch nicht im Taxi- und Mietwagengewerbe“.
Die aktuelle Realität sei der Wettbewerber Uber. „Uber ist kein Unternehmen von nebenan, sondern mit 68 Milliarden US-Dollar bewertet und damit das wertvollste Start-Up weltweit. Nicht unbedingt im Mittelstand angesiedelt.“
Strecker führte weiter aus: „Uber ist nicht nur ein Player im Bereich Sharing economy mit tausenden privater Taxis, Uber ist eine Taxizentrale wie mytaxi auch. Eine elektronische Taxizentrale, ein digitaler Fahrtenvermittler.“ Derzeit sei man noch an Smartphones gebunden und führe nur die einfache Fahrt von A nach B für X Personen aus.
„Wenn wir uns aber bei Google oder Apple andere Anwendungen anschauen, dann sehen wir, dass Alexa oder Siri nicht mehr nur auf unsere Eingaben reagieren, sondern interaktive Gegenfragen stellen und sich selbstlernend auf unsere Gewohnheiten einstellen. Somit ist absehbar, dass auch Sonderanforderungen, die heute noch einen Menschen brauchen, früher oder später durch elektronische Systeme zuverlässig bedient werden können. Ich halte das für kein Schreckgespenst. Das ist ganz einfach Realität.“
Das Gewerbe, so Strecker, müsse davor aber keine Angst haben. Es müsse sich auch an dieser Stelle selbstbewusst zeigen. „Wir dürfen nur nicht aufhören, uns weiter zu entwickeln. Wir dürfen nicht warten, bis andere mit neuer Technik das lernen, was wir heute schon können und damit unsere heutigen Aufgaben kanibalisieren. Wir müssen selbst aktiv werden. Das Gewerbe muss mit der Zeit gehen, so wie es immer schon mit der Zeit gegangen ist.“
Wie ein solches mit der Zeit gehen aussehen kann, referierte anschließend BZP-Vizepräsident Hermann Waldner, der extra aus Berlin angereist war. Gegen die kapitalkräftigen Mitbewerber könne man nur mit einer gemeinsamen Marke bestehen. Waldner verwies auf die vom BZP geschaffene Schnittstelle, durch die die drei Taxi-Apps taxi.eu, taxi Deutschland und Cab4me eine flächendeckende Taxiversorgung in ganz Deutschland gewährleisten können. Darüber hinaus sei man durch zusätzliche Vernetzungen mit europäischen Apps bis nach Paris und Istanbul in der Lage, mit der heimischen App ein Taxi vermittelt zu bekommen. jh
Fotos: Taxi Times
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Danke für den informativen Artikel . Ich finde nur erstaunlich , dass der Herr Stecker, uber als “Wettbewerber “bezeichnet… vermutlich habe ich all die Jahre Wettbewerb falsch definiert … 😀
Gern geschehen, dafür ist ein Fachmagazin da! Wenn jemand um die gleichen Kunden in Konkurrenz tritt, ist das doch Wettbewerb, oder?