Das Laden privater Angestellten-Fahrzeuge an der Betriebsladesäule oder an der Steckdose beschäftigt immer wieder Arbeitsgerichte. Doch anstatt vor Gericht wegen Kündigungen zu streiten, kann man den Mitarbeitern das „Stromtanken“ sogar steuerfreu erlauben.
Unsere Geschichte beginnt mit einem Gerichtsurteil: Eine fristlose Kündigung wegen Stromklau von 40 Cent ist unzulässig, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Das unerlaubte Laden eines Privatfahrzeugs sei zwar grundsätzlich ein Kündigungsgrund, allerdings wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen. Alternativ ist eine Stromfreigabe für Elektroautos aber auch eine Option, seinen Mitarbeitern eine steuerfreie Zuwendung zukommen zu lassen.
Worum ging es vor Gericht? Der Betreiber einer Jugendherberge kündigte seinem Rezeptionisten fristlos, weil er Strom im Wert von vierzig Cent entwendet haben soll. Dieser hatte sein privates Hybridfahrzeug an der Firmensteckdose geladen. Nachdem bereits das Arbeitsgericht Duisburg zugunsten des Arbeitnehmers entschieden hatte, schloss sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf an und entschied ebenfalls zugunsten des Arbeitnehmers (Aktenzeichen 8 Sa 244/23).
Der Rezeptionist arbeitete seit 2018 in einer Jugendherberge in Duisburg. Im Januar 2022 kam es gemäß Aussagen des Beschäftigten zu einem Notfall, da es auf dem Weg zur Arbeit Probleme mit dem Akku seines Hybridfahrzeugs gab. Er habe nur seine Heimfahrt sicherstellen wollen. Außerdem behauptete er, die stellvertretende Chefin habe ihm das Laden erlaubt, was diese aber vor Gericht bestritt. Für wenige Minuten lud er sein Fahrzeug an einer Steckdose der Jugendherberge. Der Leiter der Jugendherberge bemerkte dies und kündigte seinem Mitarbeiter fristlos.
Der Arbeitnehmer trug vor Gericht hervor, dass sein Arbeitgeber schließlich auch das Laden anderer Elektrogeräte, wie Handys oder E-Bikes, duldete. Diese Duldung verneinte der Arbeitgeber jedoch und wies sogar auf ein Verbot in der Hausordnung hin. Allerdings stellten die Richter an der Stelle fest, dass diese Hausordnung wohl lediglich für Gäste gelte, aber nicht für Mitarbeiter. Ein Verbot zum Laden von Elektromotoren für die Mitarbeiter existiere somit nicht.
Zusätzlich entgegnete der Chef vor Gericht, dass der Mitarbeiter insgesamt schon rund zehnmal Strom am Arbeitsplatz entwendet hatte und bestritt daher das Vorliegen eines Ausnahmefalls. Und auch am Tag der fristlosen Kündigung habe der Mitarbeiter mindestens zwanzig Minuten lang sein Fahrzeug aufgeladen und damit Strom in Höhe von vierzig Cent gestohlen. Trotz des minimalen Schadens läge so ein erheblicher Vertrauensverlust vor.
Sowohl das AG Duisburg als auch das LAG Düsseldorf sah das vom Arbeitnehmer zulasten seines Arbeitgebers vollzogenes Delikt als belegt an. Das LAG entschied aber trotzdem gegen den Geschädigten. Zwar sei das unerlaubte Laden eines Privatfahrzeugs auf Kosten des Arbeitgebers grundsätzlich ein Kündigungsgrund, stellte das LAG fest, es habe aber zunächst eine Abmahnung gereicht, da es hier lediglich um Strom im Wert von 40 Cent ging. Es empfahl daher eine Abfindung in Höhe von 8.000 EUR sowie ein gutes Arbeitszeugnis, worauf sich die streitenden Parteien dann auch einigten. Trotz Aufhebung der Kündigung besteht das Arbeitsverhältnis nicht weiter fort, da den Parteien keine weitere Zusammenarbeit zuzumuten sei.
Auch wenn die Rechtsprechung bei Bagatelldelikten zulasten der Arbeitgeber diesen grundsätzlich zur fristlosen Kündigung berechtigt sieht, sollte das Aufladen von Elektrogeräten im Betrieb klar geregelt werden. Bereits 2010 landete ein ähnlicher Streit um das Aufladen eines privaten Elektrorollers (Kosten 1,8 Cent) so vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (Az. 16 Sa 260/10). Und auch dieses Gericht bestätigte, dass das Laden ohne Genehmigung als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gelte. Aber auch dieses Gericht hielt damals die Kündigung letztlich für unverhältnismäßig.
Unabhängig von solchen Spitzfindigkeiten erscheint es viel erfolgversprechender, wenn Arbeitgeber die Ladeproblematik nicht zum Anlass eines Streits nutzen, sondern als Chance begreifen. Geldwerte Vorteile für Arbeitnehmer wie Essensgutscheine, Vergütungen für fossile Treibstoffe und sonstige Sachbezüge müssen Arbeitnehmer meistenteils versteuern. Für geschenkten oder vergünstigten Strom für das private Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Autos gilt das jedoch nicht, Lohnsteuer und Sozialabgaben auf der Gehaltsabrechnung fallen dafür dann weg. Voraussetzungen sind, dass die Ladestation fest installiert auf dem Betriebsgelände ist und dass der Arbeitgeber den Strom zusätzlich zum Gehalt und nicht als Teil der Entlohnung gewährt. Wer also den Verbrauch exakt belegen kann, kann hier Vorteile als Arbeitnehmer oder auch Arbeitgeber nutzen. rw
Beitragsfoto: Ladestopp Foto: Remmer Witte