Nachdem die Verkehrsministerkonferenz die Prüfung zur Kleinen Fachkunde für Fahrer zur freiwilligen Ländersache gemacht hat, sind Verbände in Flächenländern froh, ein Problem weniger zu haben, während Länder wie Berlin und Hamburg schnell eine Regelung wollen, wie beim DTMT in Erfurt deutlich wurde.
Beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag (DTMT) in Erfurt diskutierten Dirk Ritter von der Hamburger Verkehrsbehörde und Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) über die Zukunft der Kleinen Fachkunde, moderiert von BVTM-Referentin Svenja Lange-Wilde.
Nachdem die Bundespolitik ihrer 2021 im Zuge der PBefG-Novelle festgelegte Aufgabe, eine Kleine Fachkunde für Taxi- und Mietwagenfahrer zu etablieren, trotz Zuarbeit der Verbände nur im Zeitlupentempo nachgekommen war, hatte man sich in Hamburg bereits im Sommer 2024 der Sache auf Landesebene angenommen. So konnte Ritter aus seiner bisherigen Erfahrung aus Verwaltungssicht berichten.
Man sei von vornherein ausgebremst worden, lautete sein zusammengefasster Rückblick. Die Sache sei zu vielen unterschiedlichen Interessen sowohl innerhalb des Bundesministeriums mit seiner personellen Fluktuation als auch zwischen den Bundesländern als auch zwischen dem BVTM und dem kleineren TMV ausgesetzt. Sie sei rechtlich auf ein falsches Gleis geraten, dabei habe die Mehrheit in der Verkehrsministerkonferenz die Fachkundeprüfung befürwortet. Man habe jetzt im Fahrerlaubnisrecht mit der Fachkunde zu tun, obwohl sie eigentlich in das Personenbeförderungsrecht gehöre. Das Fahrerlaubnisrecht – ebenfalls ein Bundesrecht – sei ausschließlich für Führerscheinbelange da, ob jemand also grundsätzlich an das Steuer einer bestimmten Fahrzeugklasse dürfe, nicht für Zusatzqualifikationen.
Die Idee sei eigentlich die gewesen, eine bundesweite Dachorganisation zu finden, die Hoheit über die Fachkundeprüfung hätte. Dafür wäre die ARGE-TP 21 geeignet gewesen, eine gemeinsame Einrichtung von TÜV und Dekra zur Sicherstellung der Qualität von Fahrerlaubnis- und Fahrzeugprüfungen, die aber nicht selbst prüft. Zu Zeiten der Ortskundeprüfung verwaltete sie zum Teil Datenbanken mit Prüfungsstoff, etwa für die Berliner Ortskunde. Wie Ritter berichtete, hatte man in Hamburg bereits eine fertige technische Lösung erarbeitet. Der TÜV Hanse habe allerdings Desinteresse an der Abnahme einer Fachkundeprüfung signalisiert. Auch der in Hamburg etablierte Fahrdienst Moia habe sich gegen eine Fachkundeprüfung ausgesprochen – mit der sinngemäßen Begründung, dass mit der Einführung schlagartig ein Teil der Fahrer seinen Job verlieren würde, da man für so eine Prüfung ja Grundkenntnisse in Deutsch benötige. Somit müsse man jetzt bei einigen Dingen praktisch von vorne anfangen.
Zeitgleich hatte der Bundesverband an einer Smartphone-App zum Trainieren des künftigen Prüfungsstoffes gearbeitet, wie Michael Oppermann berichtete. Er stellte die fertige App „Taxi-Trainer“ vor, in die beim BVTM viel Arbeit investiert worden war. Mit ihr habe man auch verhindern wollen, dass Anwärter so lange warten müssen, bis Uber und Bolt sie einfangen. Entsprechend empört war Oppermann über die Nachricht, dass die Kleine Fachkunde keinen Einzug in das Bundesrecht zur Personenbeförderung halten würde. „Wir fahren nicht nur Auto, sondern auch Menschen. Das muss sich irgendwo abbilden.“ Dass etwas im Gesetz stehe, was von den Zuständigen Politikern und Behörden einfach nicht beachtet werde, widerspreche seinem Verständnis vom Rechtsstaat. „Ich kenne keine Branche, die nach Regelungen fragt, zu denen die Behörden dann nein sagen.“ Wenn selbst seine kleine Tochter eine Fahrradprüfung ablegen müsse, um am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen, sei es absolut nicht nachvollziehbar, wenn man quasi jeden mit einem Auto auf Fahrgäste losließe.

Oppermann hat weiterhin das Anliegen, für Taxi- und Mietwagenfahrer ein Mindestmaß an Service- und Qualitätsthemen, aber auch Sicherheitsthemen zur Pflicht zu machen. Dafür sei die Landesebene nicht geeignet; das gehöre ins Bundesrecht. Eine Differenzierung müsse nicht nach Bundesländern, sondern eher zwischen urbanen und ländlichen Gebieten erfolgen, also etwa in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl von Gemeinden. Die nun zu erwartende Zuständigkeit auf Landesebene bezeichnete Oppermann als „Murks“, wenngleich sie besser sei als gar keine Regelung. Er hätte aber keine Lust, bis zu 16 verschiedene Fachkunde-Versionen zu verwalten. Diese Zahl dürfte allerdings auch nicht erforderlich sein, da bereits mehrere Bundesländer Ablehnung signalisiert haben: konkret Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen und überraschenderweise sogar Bremen, das kleinste Bundesland, das aus zwei Großstädten besteht, eine mit 586.000 und eine mit 119.000 Einwohnern. (Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile haben 14 von 16 Bundesländern signalisiert, dass sie KEINE Fachkunde einführen werden, nur Berlin und Hamburg bilden hier eine Ausnahme).
Ritter sagte, auch er sehe die Verlagerung der Fachkunde auf die Länderebene als nachteilig an. So etwas sei wohl der Preis, den man für den Föderalismus zu zahlen hätte. Er habe aber immerhin eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Ländern festgestellt, etwa zwischen dem Hamburger Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen) und seiner Berliner Amtskollegin Ute Bonde (CDU). Beide hätten den Wunsch nach einer schnellen Lösung geäußert. Darauf habe Ritter bremsend reagiert, denn so einfach und schnell ginge es nicht. Die jetzige fahrerlaubnisrechtliche Regelung mache die Angelegenheit kompliziert und müsse nach Ritters Dafürhalten eigentlich geändert werden.
Oppermann befürchtet, dass die Verlagerung auf Landesebene den Bundesrat auf den Plan rufen könne, und wenn der sich einschalte, sei mit einer halbwegs zeitnahen Lösung des Problems auf keinen Fall zu rechnen, zumal es mindestens in drei Bundesländern Taxi-Landesverbände gebe, die die Kleine Fachkunde komplett ablehnen (darunter Thüringen). Daher wünsche auch er sich von Berlin und Hamburg, jetzt so schnell wie möglich etwas Gutes auf die Beine zu stellen, um eine Vorreiterrolle einzunehmen und so eine bundesweite Verbreitung bei den zustimmenden Bundesländern zu befördern.
Unterschiedlicher Meinung waren Oppermann und Ritter bei der Frage, wie die Verantwortung für die Fachkunde künftig verteilt sein soll. Ritter warf die Frage auf, ob die Fachkunderegelungen einzelner Länder untereinander überhaupt kompatibel seien, ob also etwa ein Fahrer, der die – vermutlich weniger umfangreiche – Fachkundeprüfung eines Flächenlandes wie Baden-Württemberg abgelegt hat, dann auch zum Fahren in einem Stadtstaat wie Hamburg qualifiziert sei. Er ging sogar noch weiter und stellte die Frage in den Raum, ob Fahrer mit absolvierter Fachkundeprüfung überhaupt messbar besser seien als solche ohne. Angesichts dieser Unklarheiten könne es durchaus von Vorteil sein, den Unternehmern mehr Verantwortung für die Qualitätsschulung ihres Fahrpersonals zu überlassen.
Oppermann sieht dabei unterschiedliche Interessen zwischen Großstädten und ländlichen Regionen. Er will den Staat nicht aus der Verantwortung entlassen und ist nach wie vor zuversichtlich, „dass wir es zu einem guten Ende bringen können“. ar

Fotos: Taxi Times
Impressionen vom Deutschen Taxi- und Mietwagentag (Fotos: Taxi Times)
Hinweis der Redaktion: Taxi Times war beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag mit vier Redakteuren vor Ort und konnte deshalb alle, teils parallel stattfindenden Panels besuchen. Lesen Sie die ausführlichen Zusammenfassungen der Panels über die nachfolgend aufgeführten Links. ..
18.11.25: Übersicht über den Tag 1 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Erfurt wurde zum Taxi-Mittelpunkt
19.11.25: Übersicht über den Tag 2 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Freunde? Feinde? Überleben!
19.11.25: Panel „Tarifkorridor – Vor- und Nachteile“: Der Tarifkorridor hat viele Gesichter
20.11.25: Panel „Teilhabe und Daseinsvorsorge – Taxis noch inklusiver machen“: „Taxi für alle“ – wie wäre es mit „Rollitickets“?
25.11.25: Panel Rahmenbedingungen Krankenfahrten: „Gamechanger Krankenfahrten?“
26.11.25: Panel „Plattformen: Freund oder Feind“: Plattformkooperationen – Sackgasse oder ein neuer Weg?
27.11.25: Panel Von obskur bis allgegenwärtig – das ÖPNV-Taxi wächst“ Inkl. Workshop: „Linienverkehr und Taxi brauchen Paartherapie“
28.11.25: Panel Mindestbeförderungsentgelte: Wo wir jetzt stehen: „MBE – das neue Zaubertool der Taxler“













Meine Güte, warum darf Moia & Co. überhaupt gegen Grundkenntnise der Deutschen Sprache votieren ????