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Zentralen im Überlebenskampf, nicht im Todeskampf

von Axel Rühle
9. Dezember 2025
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Zentralen im Überlebenskampf, nicht im Todeskampf
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Wie aussichtslos ist die Lage der Taxizentralen? Der Inhaber der größten Taxizentrale Deutschlands hat dazu beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag in Erfurt eine bemerkenswerte Analyse abgegeben.

Frühere Versuche, gemeinsame Plattformen zu erschaffen, um gegenüber den übermächtigen Fahrdiensten wie Uber, Bolt und Free Now zu bestehen, scheiterten nicht zuletzt am Regionaldenken im Taxigewerbe – diese These von Hermann Waldner bildete den Einstieg in das Panel „Taxizentralen im Wettbewerb (und Überlebenskampf)“, das von Waldner moderiert wurde. „Wir müssen jedoch auch immer bedenken, dass der größte Schaden für das Taxigewerbe durch das ungehemmte Eindringen von überwiegend illegal agierenden Plattformen mit ihren Mietwagen in den Taximarkt war“, so Waldner. Mit Dumpingpreisen von 20 bis 30 Prozent unterhalb der geltenden Taxitarife in Verbindung mit Schwarzarbeit habe das Taxigewerbe mit seinen Zentralen und Bestellapps auch wenig Chancen gehabt, seine Marktanteile zu behalten. „Und leider ist diese Situation bis heute noch in den meisten Städten so, in denen Mietwagen und deren Preise nicht angemessen reguliert werden. In Städten, in denen Regulierungen schon fortgeschritten sind und Plattformen auf die Zusammenarbeit mit Taxis angewiesen sind, haben wir die Chance, mit unseren Apps in Verbindung mit Festpreisen, dem Bezahlen vor der Fahrt und einer erheblichen Verstärkung unserer Werbung, zumindest unsere verbliebenen Marktanteile zu halten.“ Waldner räumte ein, dass angesichts der teils illegalen Dumpingstrategien der Plattformen überregionale Angebote wie die taxi.eu-App, die Taxi Deutschland-App oder taxi.de dem Gewerbe nicht im gewünschten Maße weitergeholfen hätten und selbst auch mit größeren Investitionen in Marketing und Vertrieb wenig Rettung geboten hätten.

taxi.eu ist eine der wenigen Taxi-Marken mit größeren Marketing-Aktivitäten.

Waldner selbst, Inhaber der größten deutschen Taxizentrale in Berlin und bis November 2025 Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), hat einiges für eine solche gemeinsame Plattform des Taxigewerbes getan: Nicht nur, dass er bereits 2007 die Zentralenvereinigung Taxi Deutschland e.G. mitgegründet hat: Er gründete selbst 2012 mit Michael Weiss zusammen die Plattformgesellschaft für einheitliche Taxibestellungen FMS Systems GmbH, mit der die europaweite Taxi-Bestell-App taxi.eu ins Leben gerufen wurde. Allein ihre Reichweite bildet heute den entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Plattformen, mit dem man sich etwa bei der Deutschen Bahn gegen Mitbewerber beim TaBeA-System oder eine überregionale Kooperation mit der Lufthansa und weiteren größeren „Playern“ durchsetzt.

Tropfen auf den heißen Stein: Das Taxi kann als Marke im öffentlichen Raum nicht annähernd so präsent sein wie Plattform-Anbieter.

Dennoch befinden sich die Taxizentralen im Überlebenskampf, wie Waldner einräumte, und das gefalle auch ihm überhaupt nicht. Man dürfe sich die Situation nicht schönreden, auch wenn die Verlockung groß sei. „Wir haben aber gemerkt, dass man sehr viel tun kann.“ Er nannte die Wiener Zentrale Taxi 40100 und die Pariser Zentrale G7 als Vorbild, denn diese habe durch Kosteneinsparungen und gute Eigenvermarktung, auch durch Personalabbau, erheblich Kosten eingespart, so dass sie gut aufgestellt sind. In Österreich bestehe allerdings mit dem Einheitsgewerbe auch eine günstigere Ausgangssituation: Die Gleichstellung von Taxis und Mietwagen im österreichischen Gelegenheitsverkehrsgesetz kommt einem flächendeckenden Mindestbeförderungsentgelt (MBE) nahe.

Waldner räumte ein, dass grundlegende Entscheidungen gerade in genossenschaftlich geführten Zentralen nicht leichtfielen und häufig schwer durchsetzbar seien. Für ihn als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH sei dies leichter. Das sei oft ein Vorteil, wenn es schnell gehen müsse, denn die Geschwindigkeit, mit der Uber sich ausbreitet – jetzt auch in kleineren Städten –, sei bedrohlich. So habe Waldner Kosten, die er durch Personalabbau mittels Einführung eines Bestell-Bots habe einsparen können, sofort in Marketing und Werbung investieren können. Gelder, die Plattformen von Beginn an für Werbung ausgeben konnten, müssten Zentralen bisher in Verwaltung und vor allem Personalkosten im Callcenter stecken.

Neben Taxi Berlin gibt es wenige Beispiele von Taxizentralen, die am Markt erfolgreich geblieben sind.

Da es auf absehbare Zeit trotz nachgewiesener Kriminalität und zahlreicher Gerichtsurteile nicht realistisch erscheine, die unseriösen Plattformen vom Markt zu eliminieren, bliebe dem Taxigewerbe zunächst nichts anderes übrig, als Nischen zu füllen, die für die Heuschrecken unattraktiv sind. Zu träge seien Städte und Landkreise bei der Umsetzung der seit 2021 bestehenden Möglichkeiten des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) wie etwa Tarifkorridoren und Mindestbeförderungsentgelten für Mietwagen (MBE).

Dass Taxiunternehmen mit großen Plattformen zusammenarbeiten, verurteilt Waldner nicht mehr, da er die Verzweiflung der Unternehmer verstehen kann. Dennoch könnten solche Kooperationen sich höchstens für ein paar Jahre lohnen und seien ein „Point of no return“, eine „Kapitulation auf Raten“, da sie zum Verlust der Kundenbindung führen. „Wir müssen in dieser neuen Situation das Taxigewerbe mit seinen Zentralen als Einheit sehen und stärken, weil sonst die totale Abhängigkeit des gesamten Taxigewerbes von wenigen übermächtigen Plattformen mit seinen absehbaren Folgen droht.“ Das Ziel von Plattformen, 20 bis 30 Prozent Provision vom Taxiumsatz einzunehmen, würden sie dann erreichen, sobald sie alleine auf dem Auftragsvermittlungsmarkt seien, warnte Waldner. ar

Hinweis der Redaktion: Taxi Times war beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag mit vier Redakteuren vor Ort und konnte deshalb alle, teils parallel stattfindenden Panels besuchen. Lesen Sie die ausführlichen Zusammenfassungen der Panels über die nachfolgend aufgeführten Links.

18.11.25: Übersicht über den Tag 1 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Erfurt wurde zum Taxi-Mittelpunkt

19.11.25: Übersicht über den Tag 2 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Freunde? Feinde? Überleben!

19.11.25: Panel „Tarifkorridor – Vor- und Nachteile“: Der Tarifkorridor hat viele Gesichter

20.11.25: Panel „Teilhabe und Daseinsvorsorge – Taxis noch inklusiver machen“: „Taxi für alle“ – wie wäre es mit „Rollitickets“?

25.11.25: Panel Rahmenbedingungen Krankenfahrten: „Gamechanger Krankenfahrten?“

26.11.25: Panel „Plattformen: Freund oder Feind“: Plattformkooperationen – Sackgasse oder ein neuer Weg?

27.11.25: Panel Von obskur bis allgegenwärtig – das ÖPNV-Taxi wächst“ Inkl. Workshop: „Linienverkehr und Taxi brauchen Paartherapie“

28.11.25: Panel Die Kleine Fachkunde: „Wie geht es weiter mit der Kleinen Fachkunde?“

07.12.25: Panel Autonomes Fahren inkl. Workshop: „The Next Big Thing – Autonome Personenbeförderung“

28.11.25: Panel Mindestbeförderungsentgelte: Wo wir jetzt stehen: „MBE – das neue Zaubertool der Taxler“

07.12.25: Panel Autonomes Fahren inkl. Workshop: „The Next Big Thing – Autonome Personenbeförderung“

Beitragsfoto: Taxi Times; andere Bilder: Taxi Berlin

Tags: Hermann WaldnerTaxi 40100 WienTaxi BerlinTaxis G7
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Axel Rühle

Der Berlin-Insider ist Funkkurs-Dozent und ursprünglich Stadtplaner. Seit 1992 ist er im Besitz eines Personenbeförderungsscheins und immer wieder auch im Taxi anzutreffen. Inhaltlich betreut er in Wort und Bild alle Themen rund um die Taxi Times Berlin.

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