Wie immer kurz vor Weihnachten lud die Stadt Hamburg zum E-Taxi-Tag ein. Dabei wurde über die neuesten Entwicklungen der Ladeinfrastruktur mit neu errichteten Schnellladesäulen und einer Kooperation mit einer Discountkette berichtet und über städtische Pläne zur Qualitätssicherung und Festpreisoptionen informiert. Dank der Unterstützung des Veranstaltungspartners Shell gestaltete sich das Treffen zudem auch zu einer kleine E-Taxi-Messe.
Auf Jahrzehnte wohl uneinholbar hat sich die Hansestadt zum Benchmark in der Taxi-Welt gemausert und der Rest der Republik kann nur staunend registrieren, mit welcher Geschwindigkeit und Kompetenz die Elbmetropole diesen Vorsprung immer weiter ausbaut.
Für den Gastgeber Shell Global Solutions begrüßte deren Geschäftsführer Philipp Scherzer zunächst die Gäste und stellte dabei Hamburgs Sonderstellung als weltweites Zentrum der Forschung im Konzern vor. Damit punktet Hamburg auch im Segment der technischen Lade-Lösungen für E-Fahrzeuge, was die flächendeckende Umstellung der Hansestadt auf E-Taxis zusätzlich beflügelt.
Hamburgs engagierter Verkehrssenator Anjes Tjarks zerstreute in seinem Vortrag dann mögliche Sorgen, das E-Taxi-Projekt könne auf Basis der aktuellen Haushaltsprobleme bei Bund und Ländern ausgebremst werden und verwies stattdessen darauf, dass neben den schon ausgeschütteten 3,5 Millionen und den noch bereitstehenden 1,5 Millionen zusätzlich sogar noch weitere 750.000 Euro für das Projekt bereitgestellt würden. So könne der Wegfall der BAFA-Förderung des Bundes seit September 2023 kompensiert werden. Die Stadt Hamburg wolle das Taxi als Premiumprodukt des geteilten Verkehrs mit Bus, Bahn und PKW weiter fördern und so den Einstieg in den Ausstieg aus dem klimaproblematischen privaten PKW weiter voranbringen.
Im Rahmen der Verabschiedung des Hamburger Klimaschutzstärkungsgesetzes, welches das endgültige Aus für die Neuzulassung von Verbrennertaxis ab dem Januar 2025 in der Hansestadt zementiert, gab Tjarks dann noch eine wichtige Änderung dieser gesetzlichen Vorgabe für das Projekt Zukunftstaxi bekannt. Danach sollen NUR-Taxis (NUR = nicht umsetzbarer Rollstuhl) und Großraumtaxis für sieben oder acht Fahrgäste nun noch eine Schonfrist von zwei weiteren Jahren erhalten und erst ab dem Jahr 2027 der Pflicht eines klimafreundlichen Antriebs unterliegen (Taxi Times berichtete).
Dirk Ritter als Leiter der Hamburger Genehmigungsbehörde stellte dann das Projekt Zukunftstaxi den Gästen vor und ging dabei vor allem auf die verfügbare Ladeinfrastruktur der Stadt ein. In Zahlen seien inzwischen 565 Fahrzeuge der insgesamt rund 3.000 Hamburger Taxis in ca. 1.800 Unternehmen elektrifiziert. Hamburg sei dabei bundesweit die einzige Stadt, die zur Umsetzung der Verkehrswende ausschließlich auf das Taxi setze. Bis heute stünden neben der Comfort-Charge-Option am Hamburger Flughafen zwei E-Taxi-Stände am Alsterdorfer Markt und am S-Bahnhof Eidelstedt zur Verfügung. An vier Standorten (U-Bahnhof Schippelsweg, Großneumarkt 24, S-Bahnhof Landwehr und Ausschläger Weg 100) würden die notwendigen Bauarbeiten noch 2023 bzw. Anfang 2024 in Angriff genommen. Für zwei weitere – am S-Bahnhof Sternschanze und in Stellingen am Langfelder Damm – läge zumindest schon das O.k. der Bezirke und Netzbetreiber vor.
Wichtig für das Gewerbe sind vor allem exklusive Schnellladeoptionen für die Taxis. Hier konnte Hamburg eine Kooperation mit der Supermarktkette Lidl vereinbaren, die zukünftig exklusive Ladepunkte auf verschiedenen Supermarktparkplätzen ermöglichen will. Geplant seien 40 Schnellladepunkte für die Hamburger E-Taxis. Wichtig seien nun Erhebungen, wo das Taxigewerbe denn bevorzugt lädt und warum: Ist hierfür eher die Position der Ladeoption, der Preis oder auch der parallel verfügbare Service entscheidend?
Für die nahe Zukunft geplant sei nun eine Qualitätsoffensive für das Gewerbe sowie die Umsetzung einer Festpreisregelung gemäß der Tarifkorridoroption nach Paragraf 51 PBefG (Personenbeförderungsgesetz), wie sie in der Partnerstadt München schon umgesetzt worden ist. Gleichzeitig arbeite man an der Digitalisierung des Antragsverfahrens für Taxikonzessionen, um so eine Online-Bearbeitung zu ermöglichen. Fortgesetzt werde die regelmäßige statistische Auswertung der aus den Fiskal-Taxametern vorliegenden Zahlen zur wirtschaftlichen Lage des Hamburger Taxengewerbes. Neu sei dabei eine vergleichende Auswertung von E-Taxis und Verbrenner-Taxis. Natürlich werde seine Behörde auch prüfen, ob und wann eine Anpassung der örtlichen Taxitarife notwendig sei, insbesondere auf Basis der aktuellen Inflationsentwicklung.
Beeindruckend war auch bei diesem Event die Begeisterung und Energie, mit der Dirk Ritter als Zugpferd des Projekts die Umsetzung der vielen Teilaspekte ermöglicht. Wer hier noch mehr wissen möchte, dem sei die Podcastfolge von „Taxi to go“ ans Herz gelegt, in der Dirk Ritter als Interviewgast bei Jens Marggraf und Babett Mahnert den Hamburger Weg vor Kurzem in aller Ausführlichkeit dargestellt hat.
Ritter richtete auch diesmal wieder einen dringenden Appell an die Branche, zukünftig noch mehr zu kooperieren und Strukturen zu entwickeln, die es ihr endlich ermögliche, zumindest nach außen mit einer Stimme zu sprechen. Als möglichen praktischen Nutzen stellte er die Option in den Raum, so auch als Verhandlungspartner gegenüber den Energieanbietern mehr Gewicht zu erhalten und so möglicherweise bessere Konditionen aushandeln zu können. Zum Abschluss seines Vortrags bedankte er sich ausdrücklich bei der Branche und bat um einen Applaus für die Hamburger Taxiunternehmen, ohne deren Engagement und Unterstützung das Hamburger Projekt Zukunftstaxi definitiv nicht möglich gewesen sei.
Auf einer E-Taxi-Messe durfte natürlich auch die Hardware nicht fehlen, und so standen neun aktuelle E-Taxi-Modelle zur Ansicht bereit, teilweise schon mit den grünen Ohren, die das Erkennungszeichen der Hamburger E-Taxis sind. Der Besuch des Events machte auch Besuchern aus der E-Taxi-Diaspora Mut, sich der Zukunft zu stellen und das Thema E-Taxi in Angriff zu nehmen.
Ohne die tatkräftige finanzielle Unterstützung, wie sie die Hansestadt Hamburg ihren Unternehmen anbietet, wird es allerdings wohl noch so lange ein Traum bleiben, bis entweder die geeigneten Fahrzeuge günstiger werden oder die fossilen Energien aus der Tanksäule so teuer, da sich die Investition auf Basis von entsprechenden Tarifanpassungen trotzdem lohnt. Alternative flächendeckende kommunale oder länderspezifische Unterstützung wird es wohl erst dann geben, wenn Taxi seine Funktion als notwendiges Bindeglied zwischen geteilten Verkehren und individuellen Verkehrsbedürfnissen einer noch größeren Öffentlichkeit ins Gebetbuch schreiben kann. rw
Foto Mitte: Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks; Dirk Ritter, Leiter der Genehmigungsbehörde; Alexandra Lott, Amtsleiterin der Verkehrsbehörde (v.l.)
Fotos: Remmer Witte