Erstmals hat Taxi Times einen Kongress live auf Facebook übertragen. Eine Nachbetrachtung ist nun über unseren YouTube-Kanal möglich.
Schauplatz der vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. in Kooperation mit der Telekom veranstalteten „Fernlicht-Veranstaltung Taxi Driving Innovation“ war die Berliner Academic-Lounge. Christian Meyer von der Telekom hatte zuvor im Taxi-Times-Kurzinterview das Motto der Veranstaltung definiert: In die Zukunft blicken und für einen Tag einmal die „Abers“ weglassen.
In seinem einleitenden Impulsvortrag forderte Meyer die rund 160 anwesenden Besucher der Veranstaltung – größtenteils Vertreter des bundesdeutschen Taxigewerbes – auf, im Hinblick auf die digitalen Änderungen mutig zu agieren und auf starke Partnerschaft zu setzen.
Im Anschluss daran übernahm abermals ein Herr Meyer – diesmal der Journalist Gerald Meyer, der als Moderator durch den Kongress führte. Meyer leitete das erste der insgesamt vier Themenpanels ein: „Digitale Chancen – Neue Geschäftsmodelle durch Innovation“. Was darunter zu verstehen ist, erläuterte Dr. Tom Kirschbaum, Geschäftsführer von Door2Door in seiner rund zehnminütigen Rede.
Vor allen Dingen im Bereich Ride-Pooling kommt es dabei auf eine enge Vernetzung des Taxigewerbes mit dem ÖPNV an. Kirschbaum nannte hier als politisches Beispiel die ganz frisch gestartete Kooperation zwischen zwei Gemeinden in Hof und einem dortigen Taxiunternehmen, die nun gemeinsam einen On-demand-Service betreiben, und die Kirschbaum im Kurz-Interview mit Taxi Times als vorbildhaft beschreibt.
Digitale Chancen nutzen bedeutet auch, sich mit denjenigen Mobilitätsanbietern in eine Partnerschaft zu begeben, die mit dem Taxi arbeiten wollen, anstatt mit eigenen (Mietwagen-)flotten gegen das Taxi zu agieren. Sixt ist dafür seit Februar dieses Jahres ein Beispiel, und Konzernvorstand Alexander Sixt war persönlich anwesend und bekräftigte in seinem Statement, dass man in Deutschland gerne und ausschließlich mit dem Taxigewerbe zusammenarbeite.
Gegenüber Taxi Times zog Sixt ein positives Fazit der ersten acht Monate der Zusammenarbeit, in denen man die Nutzung der Sixt-App um 300 Prozent steigern konnte und einen Umsatz von einer Million Euro pro Tag erreiche. Das Taxiprodukt sei der letzte große Baustein gewesen, um ein End-to-end-Produkt in den Markt zu bringen.
Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverband Taxi und Gründer von taxi.eu, sieht die Chance seiner Branche in genau solchen Partnerschaften und in einer Kapitalisierung des eigenen Produkts in Form einer Taxi AG.
Im Anschluss an seine rund zehnminütige Rede stellte sich Waldner gemeinsam mit Kirschbaum und Sixt den Fragen des Moderators, bei denen es unter anderem auch um die Frage der Datennutzung ging, die man aus den App-Bestellungen gewinnt.
Nach einer kurzen Kaffeepause ging es dann weiter mit dem Themenpanel „Zukunft auf die Straße bringen“, das Gregor Beiner, Geschäftsführer eines Münchner Taxibetriebs, mit einem Vortrag zu seiner Elektrotaxiflotte begann. Beiners Fazit: E-Mobilität ist machbar – und damit habe man auch die politische Unterstützung und werde als Partner für gemeinsame Projekte mit dem ÖPNV noch attraktiver.
Dass gerade auch die ÖPNV-Betreiber im Bereich des Mobilitätswandels neue Wege gehen, machte Dr. Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe BVG, im Dialog mit Moderator Meyer deutlich. Sie referierte über das Berlkönig-Projekt, und wo man dabei auch das Taxigewerbe einbezieht und über den kompletten Mobiltätsmix Jelbi, bei dem auch die Taxiwahl integriert sein wird.
Beiner und Nikutta nahmen daran anschließend an einer Diskussionsrunde teil, die von Michael Müller-Görnert, dem Verkehrspolitischen Sprecher des VCD, und von Herwig Kollar, Vorstand des Bundesverband Taxi und juristischer Vertreter von Taxi Deutschland in diversen Verfahren gegen Uber, komplettiert wurde. Müller-Görnert bestätigte die Sinnhaftigkeit von Elektromobilität anhand einer Studie, wonach Elektroautos im aktuellen deutschen Strommix über ihre Lebenszeit klimafreundlicher unterwegs sind als Benziner und Diesel. Kollar kritisierte, dass die aktuelle Diskussion um eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes PBefG zu sehr auf die technische Frage fokussiert sei. Dabei gehöre doch als ganz wesentliche Frage auch der Aspekt in die Überlegungen der Politik einbezogen, welche Auswirkungen die aktuellen Änderungspläne auf die Verkehrspolitik und das gesellschaftliche Gefüge insgesamt haben.
Von dieser Debatte ging es nahtlos in den ländlichen Bereich über – und damit ins dritte Themenpanel „An jeder Milchkanne“. Hier stellte Heike Kopp als Leiterin des Nahverkehrsamts Rottweil den in ihrem Landkreis praktizierten Anrufbus vor, der von einem örtlichen Taxibetrieb durchgeführt wird. Kopp warb intensiv um die Beteiligung weiterer Taxipartner, denn diese verfügen bereits über das Personal und die Fahrzeuge und somit über die für solche Projekte nötige Infrastruktur.
Auch dieses Panel wurde mit einer Diskussionsrunde beendet, die neben Frau Kopp noch Michael Ehret vom Verband des Württembergischen Verkehrsgewerbes komplettiert wurde sowie von Markus Pellmann-Janssen, Head of Sales bei IOKI, einem Anbieter von On-demand-Software. Die Angebote des ÖPNV müssen so attraktiv sein, dass die Politik auf Verbote verzichten könne, meint Pellmann-Janssen. Der Wandel der Bürger in ihrem Mobilitätsverhalten müsse freiwillig geschehen. Für Ehret sind Angebote wie der Anrufbus optimale Ergänzungen zum Individualverkehr.
Ganz zum Schluss dieser Diskussionsrunde wurde noch einmal der rote Faden des ganzen Zukunftsforums aufgegriffen: „Mehr Mobilität bei weniger Verkehr“ könne nur durch das Teilen von Fahrten und Fahrzeugen erreicht werden. Dabei ist auch das Taxi eine Alternative. jh
Anmerkung der Redaktion: Sämtliche hier angesprochenen Statements können als Live-Mitschnitte über unseren YouTube-Kanal abgerufen werden. Über das vierte Panel „Ein neuer Aufbruch – was bringt die Novelle des PBefG“ berichten wir in einer gesonderten Meldung.