Update am 10.12.2020: Die Nationalratssitzung hat am 10.Dezember 2020 beschlossen:
– ab dem 1. Januar 2021 werden Taxi und Mietwagen künftig als „Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw“ zusammengefügt;
– ab diesem Zeitpunkt dürfen nur noch Fahrer mit Taxilenker Ausweis, die alle fünf Jahre verlängert werden müssen, eingesetzt werden;
Ab März 2021:
– für telefonisch oder elektronisch georderte Taxis können ab März auch im innerstädtischen Verkehr Fixpreise vereinbart werden;
Ab Juni 2021:
– die Möglichkeit Fahrten anzubieten, die zu einem niedrigeren Preis mit anderen Fahrgästen geteilt werden und andere Gäste an verschiedenen Stellen aufgenommen und wieder abgesetzt werden können. Der Fahrer muss im Vorhinein bekanntgeben, wie lange die Fahrt dadurch länger dauert und um wie viel der Preis herabgesetzt wird.
Meldung vom 23. November:
Rund sechs Wochen vor der geplanten Novelle des Österreichischen Gelegenheitsverkehrsgesetzes hat die aktuelle Regierung überraschend einen Kurswechsel vollzogen. Ein Beschluss des Ministerrats umfasst Punkte, die bisherige Ankündigungen ins Gegenteil verkehren. Das Taxigewerbe interpretiert das als Todesstoß.
Konkret geht es um eine Ergänzung der Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, welche von der österreichischen Verkehrsministerin Leonore Gewessler eingebracht wurde.
Zum einen soll für Beförderungen, die im Wege eines Kommunikationsdienstes bestellt werden, ein verbindlicher Tarif nicht zur Anwendung kommen. Stattdessen soll es den Landeshauptleuten der Bundesländer eingeräumt werden, für die zu vereinbarenden Entgelte eine Bandbreite oder Formen von Mindest- oder Höchstentgelten festzulegen.
Zum anderen soll es ermöglicht werden, „bei Fahrten, die im Wege eines Kommunikationsdienstes bestellt werden, jedenfalls auch anbieten zu dürfen, andere Fahrgäste von anderen Orten abzuholen und/oder zu verschiedenen Zielen zu befördern, wenn vorab ein reduzierter Fahrpreis vereinbart wird.“
Laut übereinstimmenden Medienberichten wurden diese Ergänzungen vergangene Woche vom Ministerialrat beschlossen und sollen am 4. Dezember im Verkehrsausschuss des Parlaments behandelt werden, damit ab kommenden Jahr das österreichische Taxi- und Mietwagengewerbe wie geplant als ein Einheitsgewerbe zusammengelegt werden kann.
Damit wäre die Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (GelVerkG), die bereits im Jahr 2019 beschlossen worden war und zum 1. Januar 2021 in Kraft treten soll, entscheidend verändert und aus Sicht des Taxigewerbes wären dann Tor und Tür für milliardenschwere Fahrdienstvermittler wie Uber, Free Now, Bolt & Co geöffnet. Diese hätten somit die Gelegenheit, mit Rabattaktionen ihren Marktanteil zu sichern und auszubauen. Die ursprünglich im Gesetz geplante Tarifbindung auch für Online-Plattformen wären dann aufgehoben.
Entsprechend groß ist die Empörung aus dem Taxigewerbe. „Das ist der Todesstoß für die Branche. Die Zeichen stehen auf Sturm, wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren“, verkündet Erwin Leitner, Taxi-Obmann in der Wirtschaftskammer (WK). Für Resul Ekrem Gönultaş, Obmann der Taxisparte der Wirtschaftskammer Wien, ist die Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetz „ein direkter Angriff auf einen Großteil der Wiener Taxiunternehmer“. Auch der Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark, Josef Herk, zeigt kein Verständnis: „Dass solche Konzerne von der Bundesregierung nun auch noch gefördert bzw. durch solche Maßnahmen quasi nach Österreich gebeten werden, während die heimischen Unternehmen in Zeiten von Corona ums Überleben kämpfen, ist für uns inakzeptabel“. Herk kann es überhaupt nicht nachvollziehen, dass mit der betroffenen Branche in diesem Zusammenhang vorab kein Austausch gepflegt und diese von der Regierung auch nicht informiert wurde.
Sylvia Loibner, Obfrau der WK Steiermark, warnt explizit vor Uber: „Dieser Konzern besitzt kein einziges Fahrzeug und beschäftigt keinen einzigen Lenker, sondern bedient sich bestehender Unternehmen. Nachdem Uber aber oftmals deutlich günstigere Preise anbietet als das klassische Taxi, müssen diese Betriebe Kosten reduzieren. Das geschieht vor allem beim Hauptkostenfaktor – den Lenkern.“
Auch von Seiten der Oppositionsparteien kommt Kritik. Die deutlichsten Worte findet dabei die FPÖ. Sie war im Jahr 2019 noch Teil jener Regierung, welche die Novelle damals auf den Weg gebracht hatte. Jetzt wirft die Partei dem ehemaligen Koalitionspartner ÖVP Verrat vor. „ÖVP und Grüne haben in der gestrigen Nationalratssitzung mit ihrer Ablehnung der beiden FPÖ-Anträge, welche die Sicherstellung von B1-Deutschkenntnissen für Taxilenker und eine Beibehaltung der Tarifbindung auch für via Kommunikationsdienste bestellte Beförderungen im Gelegenheitsverkehrsgesetz zum Ziel hatten, einen Verrat an den österreichischen Unternehmen begangen.“
Zum Himmel schreiend sei dabei laut Ansicht des FPÖ-Verkehrssprechers Christian Hafenecker vor allem „die Niedertracht der ÖVP, da beide Maßnahmen noch während der FPÖ-Regierungsbeteiligung nach Gesprächen mit Vertretern des Taxi- und Mietwagengewerbes vereinbart wurden. Mit ihrem gestrigen Abstimmungsverhalten haben ihnen die Schwarzen den Offenbarungseid geleistet, indem sie beiden Gewerben ins Gesicht gelogen und sie damit betrogen haben!“
Unter den Taxikollegen formiert sich bereits Widerstand. Unter dem Hashtag “#österreichstaximussleben” ist eine Demo gegen den Ministerratsbeschluss geplant. hs
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