Mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne sowie der Neos hat das Parlament den Weg für ein neues Gelegenheitsverkehrsgesetz frei gemacht. Die Begeisterung aus dem Taxigewerbe hält sich in Grenzen, Bundeskanzler Kurz droht deshalb sogar ein juristisches Nachspiel.
Es war der letzte Tagesordnungspunkt eines 16-stündigen (!) Parlamentstages am letzten Donnerstag bzw. Freitag mit einem von allen Seiten erwarteten Abstimmungsergebnis. Der vom Österreichischen Verkehrsministerium vorgelegte Gesetzesentwurf wurde mehrheitlich verabschiedet. Somit tritt am 1. Januar 2021 ein grundlegend reformiertes Gelegenheitsverkehrsgesetz (GelVerkG) in Kraft, dessen Kernpunkt die Zusammenlegung von Taxi und Mietwagen ist. So wurde es bereits vom Nationalrat im Juni 2019 beschlossen, damals noch unter Protest der Partei Neos, die damals sogar den Gang vor den Verfassungsgerichtshof angekündigt hatten.
Diese Woche nun stimmten sie für das Gesetz, was eindeutig darauf hinweist, dass zwischen der Variante aus dem Jahr 2019 und der von dieser Woche grundlegende Unterschiede bestehen.
In der Tat hatte das Verkehrsministerium handstreichmäßig zwei Wochen vor der endgültigen Abstimmung noch Änderungsanträge eingereicht, welche die eigentliche Novelle von links nach rechts gedreht hatte. Plötzlich wurde aus dem GelVrkG ein Lex Uber. Entsprechend heftig war die Empörung seitens des Taxigewerbes. Man organisierte drei Taxidemos innerhalb von sieben Tagen und trat mit den politisch Verantwortlichen in intensive Gespräche. So konnte zwar eine leichte Entschärfung erreicht werden, nicht aber die letztendliche Verabschiedung des kurz zuvor umgestülpten Gesetzes.
Entsprechend groß ist auch der Frust jener Parteien, die den Beschluss von 2019 noch mitgetragen hatten, allen voran der FPÖ, die als damalige Regierungspartei noch maßgeblich an der Entwicklung der Novelle mitgearbeitet hatte und nun mit dem ehemaligen Koalitionspartner ÖVP hart ins Gericht geht. Diese Novelle sei ein Verrat der ÖVP, die damit gemeinsam mit den Grünen die Taxibranche den Silicon Valley-Konzernen ausliefern würde. Das ursprünglich im Juni verabschiedete Gesetz habe eine Zusammenlegung des Taxi- und Mietwagengewerbes mit fairen Wettbewerbsbedingungen zum Schutz der heimischen Unternehmen vorgesehen, blickt der FPÖ-Verkehrssprecher Andreas Hafenecker zurück und mutmaßt, dass sich wenig später der heutige Bundeskanzler Sebastian Kurz eingeschalten habe: „„Nur wenige Wochen, nachdem die noch unter der ÖVP-FPÖ-Regierung verhandelte Zusammenlegung des Taxi- und Mietwagengewerbes mit fairen Wettbewerbsbedingungen zum Schutz unserer heimischen Unternehmen im Nationalrat beschlossen wurde, hat sich ÖVP-Chef Kurz im Juli 2019 in San Francisco mit dem Uber-CEO getroffen.“ Die FPÖ sieht in diesem Treffen den Ausgangspunkt für die Gesetzesänderung und hat deshalb eine Klage gegen den Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingelegt. „Hier wurde offensichtlich in San Francisco ein Gesetz ausverhandelt. Um wie viel hat die ÖVP hier das Taxigewerbe verkauft“, fragt sich Hafenecker. „Es liegt hier jetzt an der Justiz, aufzuklären, ob bei diesem Treffen mitten in einer spannenden Phase des damaligen Wahlkampfes bereits der […] Verrat der spendenaffinen ÖVP an der Taxibranche geschachert wurde“.
Auch die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr zeigt wenig Verständnis für die jetzige Form der Novelle. In Ihrer Rede im Nationalrat solidarisierte sie sich mit alle jenen Taxifahrern, die sich an Gesetze und an den Taxitarif halten, während andere das nicht müssten. „Was sie an dieser Stelle möglich machen, ist Sozial- und Lohndumping“, wandte sie sich direkt an die ÖVP und an die Grünen. Julia Herr spielte damit auf die Ober- und Untergrenze an, die bei Bestellfahrten anstelle eines Taxitarifs eingesetzt werden soll und gibt zu Bedenken, dass Taxiunternehmen eine extrem niedrige Gewinnspanne haben und sich somit kein Preisdumping erlauben können.
Gegen jene erst Mitte November ins Spiel gebrachte Ober- und Untergrenze und die damit einhergehende Aushebelung des Taxitarifs hatte sich das Taxigewerbe mit Händen und Füßen während der letzten drei Wochen gewehrt. Dabei sei es in letzter Sekunde gelungen, durch einen Abänderungsantrag mehr Rechtssicherheit im Vergleich zur ursprünglich geplanten Novelle zu erreichen und die Gestaltungskompetenzen der Landeshauptleute zu stärken, fasst Erwin Leitner, Obmann des Fachverbandes für die Beförderungsgewerbe mit PKW in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), das Ergebnis der letzten drei Wochen zusammen. „Ein Beschluss ohne diese Änderungen wäre für uns inakzeptabel gewesen“, betont Leitner die Bereitschaft der Branche, in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträger Lösungen zu erzielen, und – falls notwendig – auch mit allen anderen zur Verfügung stehenden Mitteln für die Interessen der Branche einzutreten.
Nun wurde also der Wunsch der Bundesregierung, ein „Preisband für vermittelte Fahrten“ zu schaffen, um eine ganz klare Gestaltungskompetenz des Landeshauptmannes ergänzt. Diese soll ab 1.3.2021 gelten. Leitner erläutert, was sich im Vergleich zur ursprünglichen Fassung verbessert hat: „Der Mindestpreis im Gesetz gilt nur, falls vom Bundesland keine anderen Untergrenzen verordnet wurden. Das bedeutet, dass die Landeshauptleute beispielsweise je nach Streckenlänge oder Fahrdauer Unter- und auch Obergrenzen für die Preisgestaltung festlegen können“.
Leitner appelliert daher an die Bundesländer, bis 1.3.2021 durch neue Tarifverordnungen auf den Beschluss der Bundesregierung zu reagieren. „Die Möglichkeit, auf die regionalen Unterschiede in den jeweiligen Tarifgebieten Rücksicht zu nehmen, besteht – aber die Zeit drängt“, so Leitner. Die Bundesländer sollten daher jetzt die notwendigen Schritte einleiten, um mit entsprechenden Tarifverordnungen gemeinsam Lohndumping zu verhindern. „Ruinöse Vorgaben für unsere Unternehmen müssen entschärft werden – die Taxibranche ist dazu jederzeit bereit“, zeigt sich Leitner überzeugt, gemeinsam mit den Bundesländern diese Herausforderung zu bewältigen. jh
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