Ein Nürnberger Taxiunternehmer beschreibt in Briefen an über 30 Abgeordnete des Deutschen Bundestags die Situation des Taxigewerbes. Seine Schreiben wie auch die Adressen stellt er nun auch allen Kolleg*Innen zur Verfügung.
Es sind drei verschiedene Briefe, die Matthias Glowatsch, Mehrwagenunternehmer mit acht Taxis in Nürnberg, in der Woche vor Weihnachten an die Politiker der CDU / CSU, SPD, an die Grünen, die FDP und an die Linken gerichtet hat. Im Ersten warnt er vor einer zu liberalen Neufassung des PBefG, im Zweiten fordert er branchenspezifische Unterstützung für die Taxibranche und im Dritten nennt er die Argumente für eine schnelle Impfung für Taxifahrer*Innen.
Glowatsch bezeichnet das geplante neue Personenbeförderungsgesetz als Kniefall eines willfährigen Ministers vor den Wünschen von Großkonzernen und mit Investorengeld vollgepumpten „Heuschrecken“ wie Uber. Er bittet die Abgeordneten darum, dem Verkehrsministerium „noch in den Arm zu fallen“, da dies die eingesetzte Findungskommission im Sommer nicht im ausreichenden Maß getan habe.
„Uber, FreeNow und die von diesen beauftragten Mietwagenunternehmen verstoßen derzeit massenhaft gegen geltendes Recht und nicht nur bei der Rückkehrpflicht“, schreibt Glowatsch. „Nur ein teilweise unerklärliches Vollzugsdefizit in den Kommunen verhindert die Ahndung. Wie kann eine dem Rechtsstaat verpflichtete Politik solche Machenschaften im Nachhinein gutheißen und solchen unseriösen Marktteilnehmern entgegenkommen?“
Die Politik verspricht, sich für den Mittelstand einzusetzen. Glotwatsch fragt sich, ob das leere Versprechen sind und will von den Angeordneten konkret wissen, auf welcher Seite sie stehen: „Auf der des heimischen Mittelstandes oder der Seite von Großkonzernen und „Heuschrecken“?
Konkret schlägt der Nürnberger Unternehmer vor, Festpreise im Rahmen des örtlichen Taxitarifes zuzulassen, auf die geplanten Tarifkorridore jedoch zu verzichten. „Tarifkorridore führen zunächst zu Preisdumping und in der Folge wahrscheinlich zu Lohndumping.“
Desweiteren fordert er eine Überarbeitung des § 48 der Fahrerlaubnisverordnung. Die dort geplante Umwandlung der Ortskunde für Taxifahrer*Innen in ein kleine Fachkunde begrüßt der Unternehmer ausdrücklich. Dies müsse allerdings auch für Mietwagen gelten. Der Entwurf sieht aktuell vor, dass Mietwagen- und Pooling-Fahrer eine solche Fachkunde nicht ablegen müssten. „Das ist die Lex Uber“, schreibt Glowatsch, der selbst als Ausbilder für Taxifahrer in Nürnberg tätig ist.
Die geplante Möglichkeit, den Mietwagenunternehmen neben ihrem Betriebssitz auch noch so genannte Abstellorte zu genehmigen, möchte Glowatsch präzisieren. „Was fehlt, sind die Anforderungen an die Abstellorte“, moniert der Unternehmer. „Es kann nicht sein, dass der Abstellort z.B. ein Parkplatz des nächsten Discounters ist. Hier müssen klare Mindeststandards bezüglich Sozialräumen, Sanitäranlagen und Hygienevorschriften erlassen werden.“
In seinem zweiten Brief spricht Glowatsch die staatlichen Corona-Hilfen an, die an der Taxibranche vorbeigehen. „Gesundheit und Leben sind unsere höchsten Güter. Deshalb ist der Kurs von Bund und Ländern richtig. Trotzdem darf nicht, quasi als Kollateralschaden, eine ganze Branche geopfert werden.“
Sein Vorschlag lautet daher, die Finanzierungsraten für Fahrzeuge (Zinsen und Tilgung) rückwirkend ab November bei den Überbrückungshilfen zu berücksichtigen. „Das Argument, die Fahrzeugfinanzierung führe zum Vermögensaufbau, sind falsch. Am Ende einer Taxifinanzierung nach in der Regel 3 bis 5 Jahren sind die Fahrzeuge speziell in der Großstatdt und im Schichtbetrieb aufgrund des harten Einsatzes mit entsprechender Laufleistung nicht mehr sehr viel wert.“
Zudem plädiert Glowatsch für eine einmalige Soforthilfe von 3.000 Euro pro Konzession und für subventionierte Taxifahrten für „vulnerable Gruppen“, damit diese Menschen sich nicht in Busse und Bahnen quetschen müssen.
In einem dritten Brief wundert sich der Nürnberger Unternehmer, dass bei der aktuellen Diskussion um die bevorzugte Corona-Impfung die Gruppe der Taxifahrer nicht auftaucht. „Wir Taxifahrer*Innen gehören zu den am gefährdetsten Gruppen. Der Abstand im Taxi ist bauartbedingt ca. 95 cm. Im Gegensatz zu Lehrer*innen, Polizist*innen usw. können wir den empfohlenen Mindestabstand während der Berufsausübung nie einhalten. Taxifahrer*Innen müssen schnellstmöglich gegen COVID 19 geimpft werden. Die Priorisierung muss ähnlich hoch sein wie bei Lehrer*innen und Polizist*innen. Wir sind systemrelevant, können wegen der Betriebspflicht nicht einfach zusperren und wollen das auch nicht.“
Glowatsch betont in allen drei Briefen, dass er diese nicht als Funktionär oder Verbandsvertreter schreibe, sondern als Praktiker mit über 20 Jahre Branchenerfahrung, davon mehr als 17 Jahren als „Taxiunternehmer mit Verantwortung für 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ jh
Nachtrag: Wie Matthias Glowatsch gegenüber Taxi Times mitteilte, liegen ihm mittlerweile Antworten von Michael Donth, PBefG-Experte der CDU vor, außerdem von Gabriela Heinrich, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion sowie von Klaus Ernst von den Linken. Ernst ist im Bundestag der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.
Beitragsfoto: Glowatsch