Beim Experten-Meeting im Rahmen des Hamburger Erfa-Treffens wurden einige Aspekte zu den neuen Pooling-Verkehrsarten erläutert. Zudem gab es Hinweise zur zukünftigen Fachkunde und zur Mobilitätsdatenverordnung.
Knapp 15 Mitglieder der taxierfagruppe waren am vorletzten Wochenende der Einladung nach Hamburg gefolgt, um sich sowohl untereinander auszutauschen, als auch Informationen aus erster Hand von Experten zu erhalten. Zu jenen Experten zählte auch Dirk Ritter von der Hamburger Taxi-Aufsicht. Er erläuterte die neuen Möglichkeiten der Novelle des Personenbeförderungsrechts (PBefG) und streifte dabei auch die vom Gesetzgeber neu geschaffenen Verkehrsarten „Linienbedarfsverkehr“ (§ 44 PBefG) und „Gebündelter Bedarfsverkehr“ (§ 50).
Als Linienbedarfsverkehr gilt die Beförderung von Fahrgästen auf vorherige Bestellung ohne festen Linienweg zwischen bestimmten Einstiegs- und Ausstiegspunkten innerhalb eines festgelegten Gebietes und festgelegter Bedienzeiten. Ritter sieht in dieser vagen Definition eine Gefahr für das Taxigewerbe, denn damit sind – anders als im § 50 – keine Haltestellen mehr nötig. Linienbedarfsverkehr kann somit auch eine Haustür-zu-Haustür-Bedienung sein. Somit berge der § 44 durchaus Sprengstoff, wenn kommunale Linienbetreiber plötzlich das anbieten dürfen, was bisher dem Taxi vorbehalten war.
Als durchaus weniger bedrohlich sieht Ritter dagegen die rechtliche Möglichkeit eines gebündelten Bedarfsverkehrs nach § 50 PBefG. Als solcher gilt die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, bei der mehrere Beförderungsaufträge entlang ähnlicher Wegstrecken gebündelt ausgeführt werden. Der Unternehmer darf die Aufträge ausschließlich auf vorherige Bestellung ausführen.
Für den Betreiber solcher Linien hat der Gesetzgeber zahlreiche Maßnahmen eingeführt, um für eine klare Abgrenzung zum Taxi- und Mietwagenverkehr zu sorgen. Dazu zählt auch die Verpflichtung der Genehmigungsbehörden, eine Pooling-Quote zu definieren, deren Nicht-Einhaltung dann durchaus ein Versagungs- oder Entzugsgrund für die Genehmigung darstellen kann. „Stand heute wurde in Hamburg bisher noch keine Konzession nach § 50 beantragt“, berichtete Ritter am vergangenen Samstag. Er rechne damit, dass wahrscheinlich nur Moia an einer solchen Genehmigung interessiert sei.
Bisher ist deren Genehmigung unter strengen Vorgaben nach § 2, Absatz 7 des PBefG erteilt und läuft 2022 aus. Eine Verlängerung ist dann nicht mehr möglich. Hätte der Gesetzgeber also die PBefG-Novelle vor dem Regierungswechsel nicht mehr verabschiedet, gäbe es keinen neu geschaffenen § 50 (Gebündelter Bedarfsverkehr) und Moia hätte aufgrund fehlender Rechtsgrundlage seinen Betrieb wieder einstellen müssen. (Anmerkung der Redaktion: Hinter vorgehaltener Hand bestätigen zahlreiche Beobachter, dass der § 50 eine „Lex Moia“ sei, also ein Paragraph, der vor allen Dingen für die Geschäftsidee des Volkswagen-Konzern geschrieben wurde.)
Zum Thema der neu eingeführten Fachkunde konnte Ritter die Tendenz bestätigen, die sich bereits während eines Runden Tisches mit dem Taxigewerbe herauskristallisiert hatte: Der Nachweis der Fachkunde soll über eine Prüfung erfolgen, die wiederum höchstwahrscheinlich von der Industrie- und Handelskammer (IHK) abgenommen wird.
Die Fachkunde ersetzt seit Inkrafttreten der PBefG-Novelle die bisherige Ortskunde und ist dann bei Neu- und Verlängerungsanträgen sowohl von Taxi- und Mietwagenfahrern als auch von Beschäftigte des gebündelten Linien- und Bedarfsverkehrs nachzuweisen. Bei Letzteren ist allerdings noch nicht klar, ob die Fahrer eines gebündelten Bedarfsverkehrs nach § 50 künftig die Fachkunde für Taxifahrer oder die für Omnibusfahrer nachweisen müssen. Da das zuständige Bundesverkehrsministerium bis zum heutigen Zeitpunkt noch keine Inhalte zur Fachkunde definiert hat, gelten seit Anfang August Ausnahmegenehmigungen.
Beim letzten Punkt seines Vortrages ging Ritter dann noch auf die Verpflichtung der gewerblichen Personenbeförderer ein, künftig Mobilitätsdaten bereitzustellen. Definiert ist das im neuen § 3a des PBefG. Ritter verwies hierbei ausdrücklich auf den Absatz 3 dieses Paragraphen: „Natürliche oder juristische Personen, die als Einzelunternehmer firmieren, sind von der Bereitstellungspflicht [… ] ausgenommen.“ Laut Ritter sind damit nahezu alle Taxi- und Mietwagenbetriebe von dieser Verpflichtung ausgenommen. Anders als die übrigen Paragraphen der PBefG-Novelle treten Teile des § 3 erst in zwei Schritten ab 2022 in Kraft. jh
Beitrags-Symbolfoto: Arrival
Der Witz an der Sache ist der, dass subventionierte Busunternehmen den Linienbedarfsverkehr quersubventionieren. Da kommt kein Taxi- oder Mietwagenbetrieb ran.