Ab sofort bietet das Unternehmen „Uber“ seine Fahrtenvermittlung auch in Bonn an. Potenzielle Bonner Kunden sollten sich jedoch genau überlegen, ob sie diesen Dienst wirklich nutzen wollen.
Mit dem Start in Bonn ist der US-Plattformbetreiber bereits in acht Städten und Regionen in Nordrhein-Westfalen aktiv. Wie immer berichten zahlreiche Medien ziemlich unreflektiert über das neue Angebot für eine Personenbeförderung. Zitiert wird der Uber-Deutschland-Chef, der mit dem Start in Bonn noch mehr Menschen vernetzen will und das Engagement in der früheren Bundeshauptstadt damit rechtfertigt, dass allein im letzten Jahr 130.000 Menschen in Bonn versucht hätten, ein Uber-Fahrzeug zu bestellen.
Das soll nun also möglich sein, wobei der Kunde zwischen den Optionen „Uber-X“, „Green“ und „Taxi“ wählen kann. Zu Beginn lockt das Unternehmen wie in allen anderen Städten auch mit Preisen unterhalb des Taxitarifs, was vor allem preissensible Kunden ansprechen dürfte.
Trotzdem sollten allen künftigen Uber-Kunden aus Bonn bewusst sein, dass man bei jeder gebuchten Fahrt auf ein Unternehmen zurückgreift, dessen Geschäftsmodell zum permanenten Rechtsbruch verleitet.
Uber selbst betreibt keine eigenen Fahrzeuge, sondern vermittelt die gebuchten Fahrten ausschließlich an selbstständig agierende Unternehmen, die entweder über eine entsprechende Mietwagen- oder über eine Taxikonzession verfügen.
Unternehmer mit einer Taxikonzession dürfen Kraft Gesetz nur zum amtlich festgelegten Taxitarif befördern. Dieser wird entsprechend bei der Option „Uber Taxi“ zur Berechnung des Fahrpreises herangezogen.
Bei UberX hingegen findet die Beförderung in einem Mietwagen mit Chauffeur statt, zu Preisen, die amtlich weder nach unten noch nach oben definiert sind. Ein Algorithmus im System legt die Höhe der Preise fest. Faktoren sind dabei unter anderem die Menge an angebotenen Fahrzeugen und die Menge an angefragten Beförderungen. Ist also eine normale Nachfrage vorhanden und stehen genügend zu vermittelnde Fahrzeuge zur Verfügung, wird der Fahrpreis billiger.
Genau das ist das Geschäftsprinzip der Uber-App: Möglichst viele (schein-)selbständige Subunternehmer vorzuhalten, damit der Preis unterhalb des Taxitarif gehalten werden und so eine große Masse an Aufträgen vermittelt werden kann – für die dann die entsprechende Provision kassiert wird.
Wehe aber, wenn die Kundeanfragen steigen, weil beispielsweise das Wetter umschlägt, der ÖPNV beeinträchtigt ist oder viele bzw. große Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden: Dann übersteigen die Fahrpreise den Preis einer Taxifahrt plötzlich um ein Vielfaches. Ein Phänomen, das man unter anderem von Hotels kennt, dessen Zimmer zu Messezeiten plötzlich viermal so viel kosten wie sonst.
Dem Kunden muss also bewusst sein, dass er manchmal also billiger als mit einem Taxi fahren kann, aber auch die Zeiten erleben wird, in denen er ausgerechnet dann, wenn er auf eine Fahrgelegenheit mangels Alternativen dringend angewiesen ist, sehr tief in die Tasche greifen muss.
Dieses Prinzip des freien Marktes ist per se noch nicht verwerflich. Problematisch wird es allerdings, wenn Kunden die Vorzüge einer Uber-App nur deshalb genießen können, weil der Dienstleister, also jener angesprochene selbständig agierende Mietwagenunternehmer, bestehende Gesetze missachtet. Zu jenen Vorzügen zählt die schnelle Verfügbarkeit. Wer ein Fahrzeug per App bestellt, will nicht lange darauf warten. Keine 20 Minuten, auch keine Viertelstunde, nicht einmal zehn Minuten.
Ähnlich wie ein Taxi sollte ein Uber-Mietwagen also innerhalb von 3-5 Minuten am Abholort auftauchen. Folglich muss er sich ganz in der Nähe aufhalten. Nun regelt allerdings das Gesetz, dass Mietwagen nicht wie Taxis an definierten Halteplätzen stehen dürfen. Vielmehr müssen sie, sofern sie ohne Auftrag sind, zu Ihrem Firmensitz zurückfahren. Je nach Lage des Firmensitzes ist die Anfahrt zum Kunden dann aber weiter, was wiederum den Kunden dazu bewegt, solch ein Fahrzeug gar nicht erst zu bestellen.
Folglich macht der selbständige Unternehmer bzw. dessen meist auf Provisionsbasis agierender Fahrer nur dann Umsatz, wenn er diese gesetzliche Regelung (die so genannte Rückkehrpflicht) missachtet – Ein Phänomen, das in allen Uber-Städten zu beobachten ist und wofür sowohl Uber als App-Betreiber als auch die Mietwagenunternehmen schon von vielen deutschen Gerichten rechtskräftig verurteilt wurde. Erst kürzlich wurde beispielsweise einem Mietwagenunternehmer im von Bonn gar nicht so weit entfernten Düsseldorf die Konzessionen entzogen, weil man ihm seine nachgewiesenen permanenten Gesetzesverstöße als fehlende persönliche Zuverlässigkeit ausgelegt hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass Dumpingpreise weit unterhalb des Taxitarifs nur dann möglich sind, wenn der selbständige Mietwagenunternehmer oder dessen Fahrer entweder unter prekären Verhältnissen arbeiten oder aber auch hier bestehende (Sozial-)Gesetze umgangen werden.
Zahlreiche, auch bei Taxi Times bereits veröffentlichte Berechnungen ergeben ganz klar, dass Fahrten, die deutlich unterhalb des Taxitarifes angeboten werden, hochdefizitär sind, wenn der Mietwagenunternehmer gleichzeitig die gesetzlichen Mindestlohnvorgaben erfüllt.
Für den Kunden spielt das keine Rolle, heißt es oft. Aber darf sich der Uber-Fahrgast tatsächlich so einfach aus der Verantwortung stehlen und nur nach dem Motto „Hauptsache billig“ handeln? Wenn ein qualitativ minderwertiges T-Shirt bei einem Discounter nur drei Euro kostet, ist längst jedem bewusst, dass dieser Preis nur dadurch möglich ist, weil das Kleidungsstück irgendwo in Bangladesch von Kindern fabriziert wurde.
Dieses Bewusstsein sollte auch jeder Uber-Kunde haben: Wer Uber bestellt, unterstützt prekäre Arbeitsbedingungen, Sozialversicherungsmissbrauch und Rechtsbruch. Das trifft übrigens auch für die App „Free Now“ zu, über deren Funktion „Ride“ die Fahrten ebenfalls an Mietwagenunternehmen vermittelt werden – meist an dieselben, die auch mit der Uber-App arbeiten.
Es gibt wenig Hoffnung, dass eine Gesellschaft, denen ein Elektronikkonzern vor vielen Jahren erfolgreich eingetrichtert hat, dass Geiz geil ist, im Falle von Uber und Free Now plötzlich zum Moralapostel wird. Erst recht nicht, da ja selbst Großkonzerne wie die Lufthansa oder ein Verband der Automobilindustrie (dem wiederum auch die Free-Now-Tochter Daimler angehören) ganz offiziell mit Uber kooperieren.
Trotzdem ist es nötig, immer wieder auf die Missstände hinzuweisen – damit möglichst wenig Kunden hinterher sagen können, sie hätten von nichts gewusst. jh
Uber und der europäische Konflikt mit geltenden Gesetzen – ein paar Beispiele
Verbot der App „UberBlack“ durch den Bundesgerichtshof
Deutschlandweites Verbot der Uber-App durch das Landgericht Frankfurt, bestätigt auch in der Berufungsverhandlung.
Warum Uber trotzdem aktiv geblieben ist
Verbot der UberX-App durch ein Kölner Gericht und warum die App dort trotzdem nicht abgeschalten wurde.
Ein Gerichtsverfahren über ein Verbot der Uber-App in München wird durch Verzögerungstaktiken in die Länge gezogen – ein Urteil gegen Uber konnte trotzdem nicht verhindert werden.
Uber verstößt in Österreich gegen richterliche Verfügungen und häuft so Geldbußen in Millionenhöhe an.
Uber muss in den Niederlanden 2,3 Millionen Euro Strafe bezahlen.
Uber wird in London verboten, unter anderem, weil man Ermittlungen gegen Fahrer wegen sexueller Nötigung, illegalem Waffenbesitz und Überfällen wissentlich behindert habe. Trotzdem erreicht der Konzern eine Bewährungsfrist
Uber und die arbeitsrechtliche Beurteilung, ob die selbständigen Partner als Arbeitnehmer zu bewerten sind:
Der Oberste Gerichtshof in Großbritannien stuft Uber-Fahrer als Arbeitnehmer ein, was das Unternehmen zu einer (schein-)sozialen Kehrtwende veranlasst, den Unmut der Partner aber nicht lindert und letztlich zu einem großem Fahrerstreik führt
Uber muss in Kalifornien auf Basis des AB5-Gesetzes seine Partner als Arbeitnehmer einstufen, verhindert aber durch die Androhung eines Rückzugs ein sofortiges Inkrafttreten der Regelung.
Amsterdamer Gericht definiert Fahrer als Angestellte
Weitere zahlreiche Links zum weltweiten Konflikt von Uber und der mangelnden sozialen Absicherung seiner Fahrer finden Sie hier.
Beitragsgrafik: Taxi Times
So was sollte nicht dort stehen, wo ohnehin jeder darüber Bescheid weiß (und es allenthalben beklagt), sondern dort, wo die potentiellen UBER-Kunden zu finden sind.
Etwa als Leserbrief oder Kommentar in Bonner Medien (Zeitungen, Facebook, Instagram)
Genau, liebe(r) Chris. Wir als Taxi Times sind allerdings ein Sprachrohr für die Taxibranche, das hoffentlich von den tausenden Taxiunternehmern und Fahrern gelesen wird, die im täglichen direkten Kontakt mit den Kunden sind. Wir können besser schreiben als rechnen, aber wenn jeder der rund 250.000 Taxifahrer pro Tag fünf Kunden aufklärt, müssten PI mal Daumen über eine Million Fahrgäste informiert sein…Und das wäre dann eine noch größere Reichweite als ein Leserbrief.
Super Artikel. Kann mir bitte nur einer erklären wie es sein kann das trotz Gerichtsurteil uber weiter hier arbeiten darf. Ich meine es ist docu mehrmals bestätigt worden das es illegal ist. Kann eine Anzeige oder Ähnliches nichts berwirken???
Richtig, lieber Hamid, es wurde nicht zuletzt auf Basis zahlreicher Anzeigen von diversen Gerichten bestätigt, aber Uber hatte dann immer ganz schnell ein paar Stellschrauben verändert und damit genau das, was in den Urteilen als rechtswidrig bemängelt wurde, scheinbar korrigiert. Jetzt muss also wieder mühsam nachgewiesen werden, dass es auch nach der neuen Methode immer noch illegal ist. das Spiel beginnt von vorne….