Auch rund ein Jahr nach der Novelle des österreichischen Gelegenheitsverkehrsgesetzes will die Kritik nicht verstummen. Vier Wiener Taxiunternehmer haben im Dezember einen Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt.
Seit vor einem Jahr in Österreich das neue Gelegenheitsverkehrsgesetz in Kraft trat, unterliegen Taxis und Mietwagen den gleichen Regelungen. Dazu zählt auch eine regional mögliche Tarifpflicht, die jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine beidseitige Abweichung von maximal 20 Prozent erlaubt. Das wiederum hat im Dezember vier Wiener Taxiunternehmer (Anderle, Grimann, Radek und Schallaböck) veranlasst, über ihren Rechtsanwalt Dr. Wolfram Proksch einen so genannten Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof (VfgH) einzureichen.
Sie wehren sich gegen die gesetzliche Regelung, dass bei (vor-)bestellten Taxi- bzw. Mietwagenfahrten ein Preis festgelegt werden kann, der bis zu 20 Prozent über oder unter dem gültigen Taxitarif liegt. Da dies jedoch bei den „Einsteigerfahrten“ nicht möglich ist, seien damit unterschiedliche Rahmenbedingungen im selben Gewerbe geschaffen worden, kritisieren die vier Unternehmer. Funk- und App-Taxis seien in der Preisbildung frei, klassische Taxler aber tarifgebunden.
„Dieser Individualantrag ist unsere juristische Notwehr gegen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und eine eklatante Wettbewerbsverzerrung“, sagte Christoph Schallaböck, einer der Antragsteller, gegenüber der Presseagentur APA. Schallaböck selbst betreibt in Wien 20 Taxis, mit denen er bei der Taxizentrale 31300 sowie beim App-Vermittler Free Now angerschlossen ist.
Er beobachtet, dass die Fahrtenvermittler die Preisbandoptionen meist nur nach unten anwenden, die Fahrten also um bis zu 20 Prozent billiger anbieten. Die angeschlossenen Unternehmen müssten dies dann notgedrungen akzeptieren, da sie ansonsten von der Vermittlung dieser Fahrten ausgeschlossen seien.
Das sieht auch der ebenfalls klagende Taxiunternehmer Alfred Grimann so: „Ich kann einem Kunden nur einen günstigeren Fixpreis anbieten, wenn dieser über einen Vermittlungsdienst bucht. Unterwerfe ich mich nicht den Konditionen eines Vermittlungsdienstes, entgeht mir der Kunde. Fahre ich hingegen über einen Vermittlungsdienst wie 40100, Uber oder Bolt, fallen Gebühren in Höhe von rund 25 Prozent des Umsatzes an“, kritisiert Grimann gegenüber österreichischen Medien.
„Das Preisband ist eine Einbahnstraße, denn es wird nur angewendet, um Taxifahrten billiger zu machen“, schimpft Schallaböck im Gespräch mit Taxi Times. „Dadurch wird Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet.“
Kritik äußerte der Wiener Unternehmer auch an seiner eigenen Gewerbevertretung. Die Wirtschaftskammer sei untätig geblieben. „Jetzt steigen wir auf die Barrikaden.“
Bei den Kritisierten stoßen solche Vorwürfe wie auch der Individualantrag auf Unverständnis. Erwin Leitner, Bundesobmann der österreichischen Taxi- und Mietwagenunternehmer, warnt davor, die mühsam erzielte Regelung nun wieder kippen zu wollen. „Das schadet der gesamten Branche“, sagte er gegenüber dem Sender ORF. Die Gesetzesnovelle sei ein idealer Kompromiss für Fahrer, Unternehmer und Fahrgäste.
„Die Herren werden draufkommen, dass sie etwas angerichtet haben, was den Unternehmen schaden wird“, sagte Leitner im Ö1-Radio. Die meisten Bestellungen von Taxis würden immer noch über Telefone und Mobiltelefone laufen. Zudem sei es auch den einzelnen Unternehmern möglich, einen Fixpreis zu vereinbaren. „Im Handy-Zeitalter kann sich jeder Taxi-Unternehmer mit Stammkunden einen Pauschaltarif ausmachen“.
Dem widerspricht Rechtsanwalt Proksch. Klassischen Taxiunternehmen, die ihre Dienste ohne Vermittlungs- oder Kommunikationsplattform anbieten, werde in einer zunehmend digitalisierten Welt die Möglichkeit genommen, konkurrenzfähige Leistungen anzubieten, so Proksch gegenüber der APA. Das Ziel der Novelle, Taxi- und Mietwagengewerbe gleichzustellen, sei durch „Sonderrechte für Funk- und App-Taxis völlig konterkariert“ worden. „Die einen haben eine Tarifbindung, die anderen nicht“, kritisiert der Anwalt.
Nun wird sich also das Österreichs höchstes Verfassungsgericht damit beschäftigen müssen. jh