Der russische Webgigant Yandex und der „Uber-Klon” Yandex Taxi entschieden sich für die niederländischen Steuervorteile und bereuen es jetzt.
Der Krieg in der Ukraine hat Auswirkungen auf weite Teile Europas. Eines der ersten großen „niederländischen” Unternehmen, das Opfer der Russland-Krise werden könnte, sei der Webgigant Yandex NV, eine Art Aktiengesellschaft mit Sitz im Amsterdamer World Trade Center (WTC) am Flughafen Schiphol, erörterte die Amsterdamer Tageszeitung Het Parool. Die Muttergesellschaft ist in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, nachdem der Aktienhandel eingestellt wurde. Dies bedroht das Überleben von Russlands größter Suchmaschine „Webshop”, Essenslieferant und Uber-Klon.
Yandex, das russische Google-Pendant, ist ein Jahr älter als Google selbst und ein echter Web-Pionier. Es ist nicht nur die meistgenutzte Suchmaschine in Russland. Mit rund 90 weiteren Aktivitäten ist Yandex das russische Internet. Russen machen alles über Yandex und nehmen gerne das Yandex-Taxi (von Yandex BV, einer GmbH), das in der Russischen Föderation marktbeherrschend ist. Im Jahr 2020 setzte das Unternehmen mit 18.000 Mitarbeitern drei Milliarden US-Dollar (2,74 Mrd. Euro) um und verlor durch Corona fast 96 Millionen US-Dollar (87,6 Mio. Euro).
Die Aktiengesellschaft Yandex NV wird von Moskau aus verwaltet, aber der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich seit Juni 2004 im WTC auf Schiphol, jetzt mit 15 Tochtergesellschaften, darunter die Uber-ähnliche Yandex Taxi BV. Das liegt vor allem an der günstigen niederländischen Steuerregelung, wovon auch Uber profitiert: Als „niederländisches“ Unternehmen musste der Yandex-Konzern in Russland lange Zeit weniger Steuern auf Zins- und Dividendenerträge zahlen. Dieser Steuertrick hat mittlerweile seinen Glanz verloren, denn am 1. Januar ist Russland aus dem Steuerabkommen mit den Niederlanden ausgestiegen.
Auf den ersten Blick scheint der Ukraine-Krieg keine Folgen für den Internetgiganten zu haben. Schließlich stehen Yandex und Großaktionär Arkady Volozh auf keiner westlichen Sanktionsliste. Allerdings haben die amerikanischen Börsen vor zwei Wochen den Handel mit allen Fonds mit russischem Touch eingestellt. Yandex, das einen guten Draht zum Kreml hat, ist seit 2011 an der Nasdaq-Börse notiert. In den Tagen zuvor hatte die Aktie fast 60 Prozent an Wert verloren. Yandex als Ganzes hatte im November einen Marktwert von mehr als 31 Milliarden Dollar (28,3 Mrd. Euro), aber dieser ist jetzt auf 6,8 Milliarden Dollar (6,21 Mrd. Euro) geschrumpft.
Das Problem: Die Börsennotierung ist eine Art Pfand für Anleihen, die das Unternehmen über Wasser halten. Gemäß den Geschäftsbedingungen können die Darlehen, darunter etwa 12,5 Millionen von ABN Amro, einer niederländischen Bank, in Anspruch genommen werden, wenn der Aktienhandel für mehr als fünf Handelstage unterbrochen wird. Dieser Zeitraum ist bereits überschritten. Das Unternehmen hat nicht das Geld, um die 1,25 Milliarden US-Dollar auszugleichen, die mit den Anleihen verbunden sind.
Selbst, wenn diese Krise bewältigt wird, ist Yandex noch nicht über den Berg. So versiegt beispielsweise das Angebot im virtuellen Einkaufszentrum von Yandex, da westliche Konsumgüter nicht geliefert werden können. Dies gilt auch für wichtige Internetgeräte, um die Systeme von Yandex am Laufen zu halten. Aus dem Unternehmen heißt es, mit der aktuellen Technologie könne man sich nicht länger als 12 bis 18 Monate über Wasser halten.
Auch Verbindungen zu westlichen Unternehmen werden abgebaut. Uber, das den Wettbewerb mit Yandex in Russland längst verloren hatte, ist seit Langem dabei, seinen Anteil von einem Drittel am Taxidienst von Yandex zu verkaufen. Litauen hat Google und Apple gebeten, die App von Yandex.Taxi zu entfernen.
Am problematischsten ist die Drohung der russischen Regierung, ausländische Vermögenswerte westlicher Unternehmen zu verstaatlichen. Als niederländische NV steht Yandex mit Nachdruck im Fadenkreuz einer Regierung, die die Macht von Internetkonzernen bereits kritisch betrachtet. wf
Beitragsfoto: Der russische Webgigant Yandex und Uber-Klon Yandex Taxi entschieden sich für die niederländischen Steuervorteile und bereuen es jetzt. Foto: Wim Faber