In Jena haben die Stadtpolitiker ohne Anhörverfahren einen unwirtschaftlichen Taxitarif beschlossen. Die Konsequenz daraus könnte ein Normenkontrollverfahren sein.
Laut einer Pressemitteilung des Landesverbands Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV) wurde in der Stadt Jena von den dortigen Stadtvätern ein Taxitarif beschlossen, ohne vorher das gesetzlich notwendige Anhörverfahren einzuleiten. „Weder die Jenaer Taxiunternehmer, die IHK-Gera, die Gewerkschaft ver.di noch der Fachverband LTV wurden gemäß § 14 PBefG angehört“, moniert Martin Kammer, Geschäftsführer des LTV.
Stattdessen habe man eine neue Taxitarifordnung beschlossen, mit der das Taxifahren im Kurzstreckenbereich aktuell günstiger sei als mit der alten Taxitarifordnung von 2019. Auch im Mittel- und Langstreckenbereich sei der Taxitarif nicht auskömmlich, was der LTV mit den gestiegenen Kosten begründet: „Seit 2019 ist aber allein der Mindestlohn von 9,19 Euro auf jetzt 12 Euro gestiegen. Vor drei Jahren kostete der Liter Diesel um 1,20 – jetzt ist er über 2,20 Euro.“
Laut LTV beruft sich die Stadt bei Ihrer Preisfestsetzung auf zwei von ihr in Auftrag gegebene Gutachten. Deren Inhalte würden sich jedoch in einigen Punkten widersprechen. So sie beispielsweise genau festgehalten, dass bei zwölf Euro Mindestlohn eine Grundgebühr von 8,37 Euro zur Kompensation notwendig wäre. „Dennoch kommt der Gutachter zum Schluss, dass ein Grundpreis von 4,90 Euro ausreichend sei – das würde einem Mindestlohn von 10,30 Euro entsprechen“, betonte Kammer.
Auch die Dieselpreisentwicklung würde im Gutachten sehr fragwürdig berücksichtigt und die stark gestiegenen Fahrzeuganschaffungs- und -unterhaltkosten sowie ein adäquater Unternehmerlohn würden im Nachgutachten komplett fehlen, „obwohl der Gutachter im Hauptgutachten das Taxigewerbe als stark gefährdet bezeichnet hat.“
Kammer nimmt Jenas Bürgermeister ins Visier seiner Kritik: „Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) hat sich in den letzten Monaten vehement dafür eingesetzt, dass Taxifahrer keinen Mindestlohn mehr erhalten können.“
Als Konsequenz der Missachtung des § 14 PBefG könnte es nun zu einem verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren kommen. Dabei wird seitens des Oberverwaltungsgerichts zu überprüfen sein, ob die erlassene Taxitarifordnung auf Rechtmäßigkeit beruht.
Bis ein solches Verfahren allerdings zu einer Entscheidung führt, kann es für einige Taxiunternehmer bereits zu spät sein. Der LTV hofft daher auf ein Einlenken der Jenaer Politiker. „Wenn die Stadt nicht ganz schnell handelt, müssen die meisten Taxi-Unternehmen das Angebot einschränken. Die Leidtragenden sind die Bürger, die auf individuelle Mobilität angewiesen sind.“
Hinweis der Redaktion: Aufgrund der vielen Taxitarifänderungen der letzten Monate hat Taxi Times eine Tarifübersicht erstellt, in der alle geänderten Taxitarife datiert und zum Teil aufgeführt sind, sofern wir darüber von den Genehmigungsbehörden (bei denen wir nachgefragt haben) bzw. von unseren Lesern informiert worden sind.
Das Beitragsfoto zeigt das Rathaus von Jena. Foto: Pixabay
Leider sind viele Gutachten nicht zugänglich.
Die aktuelleren welche ich kenne, blenden das gültige Arbeitsrecht komplett aus, die Kostenkalkulation ist eindimensional und am Ende wird die Empfehlung scheinbar gewürfelt. Wie man zur die Empfehlung kommt, bleibt stets im Dunkeln.
Was mich jedoch wundert, dass das scheinbar niemanden stört, vor allem unseren Bundesverband nicht.
Diese Gutachten werden von den Kommunen in Auftrag gegeben. Somit kann deren anschließende Bewertung nicht Aufgabe des Bundesverbands sein, sondern ausschließlich der örtlichen Gewerbevertretung.