Die Kommunen und Verkehrsbetriebe werden den ÖPNV neu strukturieren und dabei auch vermehrt auf den Linienbedarfsverkehr setzen. Hier sollte dann auch das Taxigewerbe einbezogen werden. Doch geht das wirklich so einfach?
Wenn es ums Geld geht, werden die Unterschiede zwischen Taxi und Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) am deutlichsten sichtbar. Denn während die einen – die Öffis – ihr Mobilitätsangebot nur mit Hilfe von Subventionen aufrechterhalten können, müssen die Taxiunternehmer eigenwirtschaftlich agieren – dies allerdings im engen Korsett der von den Kommunen vorgegebenen Taxitarife.
Als Subventionen für den ÖPNV stellt der Staat den Kommunen und deren beauftragten Verkehrsgesellschaften die so genannten Regionalisierungsmittel zur Verfügung. Diese werden zwischen den Anbietern des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) und des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs (ÖSPV) aufgeteilt.
Gleichzeitig wächst der Druck, den ÖPNV klimaschonender durchzuführen und dabei auch das Angebotsnetz preislich wie räumlich so attraktiv zu machen, dass die Abhängigkeit der Bürger vom privaten Pkw abgebaut werden kann. Mit dem 49-Euro-Ticket hat man auf der preislichen Seite bereist eine Möglichkeit gestartet, bei der Netzverdichtung hinkt man – vor allem im ländlichen Raum – noch hinterher.
Die rechtliche Voraussetzung für eine solche Netzverdichtung hat die Bundesregierung mit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes im Jahr 2020 geschaffen. Hier wurde als weitere Verkehrsart der Linienbedarfsverkehr nach § 44 PBefG definiert und damit eine dauerhafte Genehmigungsmöglichkeit eines neuen, ÖPNV integrierten On-Demand-Angebots. Doch wie soll das umgesetzt werden und was wird es kosten?
Ein kürzlich veröffentlichtes Positionspapier des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) formuliert dazu alarmierende Zahlen:
Waren es Anfang 2019 noch etwa ein Dutzend solcher On- Demand-Angebote, sind es zum Ende dieses Jahres mit über 80 Projekten bereits viermal so viele. 85% der neuen Projekte werden dabei als Linienbedarfsverkehr nach § 44 PBefG genehmigt. Allerdings, so bemängelt es das Positionspapier, seien die meisten Umsetzungen als Pilotprojekte deklariert, so dass ihnen eine dauerhafte Finanzierungsgrundlage für den Regelbetrieb fehle.
In einem von Intraplan/Roland Berger ermittelten Leistungskostengutachten sei ein Aufwuchs von heute 400 auf etwa 20.000 Linienbedarfsverkehrs-Fahrzeuge mit einem bis 2030 aufwachsenden Bedarf von 110 Millionen Euro in 2023 auf 3,8 Milliarden Euro pro Jahr ab 2030 errechnet worden. „Hier gilt es, eine dauerhafte Finanzierung sicherzustellen und diese neue Qualität des ÖPNV-Angebots in eine Regelfinanzierung aufzunehmen“, heißt es im Positionspapier des VDV.
Der hier geforderten Subventionsbedarf von 3,8 Milliarden Euro pro Jahr sei Geld, „dass wir auch ganz gut gebrauchen könnten“, sagt dazu Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi- und Mietwagen. Er vermisst in dem 14-seitgen Leitfaden konkrete Ausführungen, wer denn diese Verkehre ausführen soll. Anruf-Sammel-Taxis werden lediglich als Vorläufer zum jetzigen Linienbedarfsverkehr benannt. Stattdessen tauch an einer anderen Stelle das Pauschalstatement auf, dass mobilitätseingeschränkte Personen von Rollstuhlfahrerin über den Rollatornutzer bis hin zur Schwangeren keine Taxiunternehmen mehr finden würden und dass Linien- und Linienbedarfsverkehr dieses Problem barrierefrei lösen würden.
Einen aus Steuergelder teuer subventionierten Linienbedarfsverkehr auch damit rechtfertigen zu wollen, dass es keine Taxis mehr gibt, ist zu einfach und nicht zielführend. Das große Ziel der Reduzierung der Privat-Pkw auch auf dem Lande wird zweifellos mit einem gut funktionierenden Linienbedarfsverkehr am ehesten zu erreichen sein. Kritisch zu hinterfragen ist allerdings die Berechnung des On-Demand-Anbieters ioki, der von bundesweit 380.000 Linienbedarfsfahrzeugen spricht, die ausreichen würden, „um sämtliche Zweit- und Drittwagen aller Haushalte in Deutschland (das sind ca. 12 Millionen Pkw) obsolet zu machen.“
Der Leitfaden greift diese Zahl auf, lässt dabei aber offen, ob es wirklich eigens angeschaffte Fahrzeuge aus dem Bestand der Verkehrsgesellschaften sein müssen oder ob eine Kooperation mit Taxibetrieben denkbar wäre.
Diese Frage muss man sich allerdings auch auf Seiten des Taxigewerbes stellen. Wenn Kommunen und Verkehrsbetriebe bei der Netzverdichtung auch Taxis einbeziehen sollen, müssen seitens der Taxibranche auch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Der örtliche Taxibetrieb muss beispielsweise über die nötigen Kapazitäten verfügen (verfügbare Fahrzeuge ebenso wie Personal). Zudem muss er den Ansprüchen an einen Linienbedarfsverkehr genügen, indem er Großraumfahrzeuge mit der Möglichkeit einer Rollibeförderung anbieten kann. Doch damit nicht genug: „Im Linienbedarfsverkehr sollten grundsätzlich batterieelektrische Fahrzeuge eingesetzt werden“, heißt es im Positionspapier. Qualitativ wird zudem eine „attraktive“ Fahrzeug-Innenraumgestaltung gefordert, die beispielsweise das ungestörte Arbeiten während der Fahrt ermöglicht.
Taxibetriebe, die all das erfüllen können, müssen darüber hinaus über gut geschultes Personal verfügen. Es werden Fahrer*Innen benötigt, die Rollstuhlfahrgäste professionell unterbringen und sichern und die man schnell schulen kann, damit sie beispielsweise von den Fahrgästen einen Komfortzuschlag kassieren und entsprechend abrechnen können.
Für die Auftragsannahme, -Abwicklung und -Abrechnung müssen beim Taxibetrieb zudem die digitalen Voraussetzungen gegeben sein. Im Idealfall lassen sich die Fahrtbestellungen über das System des Verkehrsträgers mittels einer Schnittstelle in das existierende Vermittlungssystem des Taxiunternehmens integrieren.
Alle diese Leistungen müssen vom Auftraggeber angemessen und leistungsgerecht vergütet werden. Dazu zählt auch eine Vergütungspauschale für jene Zeiten, in denen die Taxis auf Abruf bereitgehalten, aber nicht angefordert werden. In Ballungsgebieten sollten Taxis, die als Linienbedarfsverkehr unterwegs sind, auch in die vorhandenen Vorrangschaltungen bei Ampeln und in die Echtzeitüberwachungssysteme integriert werden und Busspuren mitbenutzen dürfen.
Last but not least sollte genau das Gegenteil dessen festgelegt werden, was der VDV in seinem Positionspapier fordert: Dass Linienverkehre und Linienbedarfsverkehre eben NICHT gemeinsam, sondern getrennt voneinander ausgeschrieben werden.
Wenn all diese Punkte als Pflichtenheft für beide Seiten umgesetzt werden, wäre die Basis für künftige Linienbedarfsverkehre mit Taxi-Integration gelegt. Dann wären auch keine 1,3 Milliarden Euro jährliche Staatssubventionen nötig. jh
Beitragsfoto
Ergänzung zum sehr guten Bericht: Das Taxigewerbe muss sich nicht nur die oben erwähnten Fragen stellen und beantworten, sondern muss möglichst schnell bei allen Taxifahrzeugen, die sofortige Verfügbarkeit und/oder den nächsten Zeitpunkt der Verfügbarkeit, während einer Leer oder besetzten Fahrt sowie deren aktuellen Standort und den Zielort auf möglichst vielen Mobilitäts-Kanälen, bei Direktkunden und/oder privaten und öffentlichen Vermittlungszentralen anzeigen, um frühzeitig schon neue Fahr-Aufträge akzeptieren und ablehnen zu können. Damit kann man viele Leerfahrten vermeiden.
Mit der Möglichkeit softwarebasierten Algorithmen zu verwenden in den nach dem PBefG nach§ 28 Abs. 1 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Satz 2 der BOKraft auch (Software) App-basierte Systeme bzw. Allweckgeräte wie Universalcomputer wie 8″Tablets zugelassen werden können als EU-Taxameter-Kassen hat der Gesetzgeber diese Voraussetzungen geschaffen. Bei den örtlichen Tarifregelungen gibt es aber noch ein grosser Nachhohlbedarf für diese erweiterten und unterschiedlichsten Dienstleistungsformen im Taxigewerbe.
Das Taxigewerbe muss diese Möglichkeiten nur anbieten, nutzen und diese Rechte einfordern wenn es von örtlichen Tarifordnungen usw. nicht erlaubt worden ist.
Wenn das Taxigewerbe die Möglichkeiten der Algorithmen für die Auslastung Ihrer Fahrzeuge nicht nutzen, tunt es bereits heute schon andere Marktteilnehmer, ohne sich and die Gesetzte zu halten.